CDU-Vize-Chef will Heizkostengrenze für Hartz IV Bezieher – und kennt die Rechtslage nicht

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In Zeiten galoppierenden Heizkosten werden populistische Stimmen lauter, die sich auf die finanziell Schwächsten der Gesellschaft stürzen. Nicht etwa ein Hinterbänkler fordert jetzt den Rotstift bei Hartz-IV-Beziehenden anzusetzen, sondern der CDU-Vize Carsten Linnemann.

CDU-Spitzenpolitiker fordert Höchstgrenze bei Hartz-IV-Bezieher

Gegenüber Bild-TV forderte Linnemann eine Heizkostengrenze für Hartz-IV-Beziehende einzuführen. Gegenüber dem Springer-Format sagte er:

„Wir haben auch eine Verantwortung gegenüber den Millionen Menschen, die morgens um 6 Uhr aufstehen, die noch arbeiten gehen, obwohl am Ende 50 Prozent an Steuern und Beiträgen abgehen. Ohne diese Menschen würde es den Sozialstaat in Deutschland überhaupt nicht geben.“

Linemann zeigte allerdings völlige Unkenntnis bei der Bewilligung von Heizkosten seitens der Jobcenter für Hartz IV Beziehende.

Richtig ist, dass die Heizkosten in “tatsächlicher Höhe” zu übernehmen sind, sofern diese den Angemessenheitskriterien entsprechen. Die Kriterien sind regional nicht einheitlich, sondern orientieren sich am durchschnittlichen Verbrauch.

Ist der Verbrauch für die Heizung höher, als die kommunalen Richtlinien bestimmen, wird das Jobcenter eine Aufforderung zur Kostensenkung einleiten.

Heizkosten unterliegen der Überprüfung der Angemessenheit

Die Heizkosten unterliegen im SGB II bzw. SGB XII einer Überprüfung der „Angemessenheit“ und können werden in der Höhe gedeckelt. Kommt es aufgrund gestiegener Heizkosten zu Nachzahlungen muss das Jobcenter ermitteln, wie die erhöhten Heizkosten zustande gekommen sind.

So kann es beispielsweise sein, dass im Bewilligungszeitraum ein Baby in der Familie geboren wurde und deshalb der Verbrauch gestiegen ist. Es kann allerdings auch sein, dass der Verbrauch tatsächlich aufgrund unwirtschaftlichen Handelns erhöht ist.

Das Jobcenter zahlt nicht immer die tatsächlichen Heizkosten

Es ist also nicht so, dass immer die Heizkosten, egal in welcher Höhe, von den Behörden übernommen wird. Das zeigte auch eine kleine Anfrage der Fraktion “Die Linke” an die Bundesregierung.

Die Fraktion fragte, bei wie vielen Bedarfsgemeinschaften im SGB II nicht die vollen Heizkosten übernommen wurden, und wie hoch die durchschnittliche Differenz zwischen tatsächlichen Heizkosten und den übernommenen Heizkosten im Jahr 2021 pro Bedarfsgemeinschaft war.

In einer der Redaktion vorliegenden Antwort der Bundesregierung teilte diese mit, dass “zwischen November 2020 und Oktober 2021 im Schnitt 95.000 Haushalte im SGB II nicht die vollen Heizkosten erstattet bekamen”.

Bei den betroffenen Haushalten läge “der nicht erstattete Teil der Heizkosten bei durchschnittlich 36 Euro je Monat”. Die Betroffenen müssen also den Anteil der überhöhten Heizkostenrechnung aus den Regelleistungen zahlen.

Heizkosten sind nicht gleich Verbrauch

CDU-Vize Carsten Linnemann zielt offenbar auf die gestiegenen Heizkosten durch galoppierende Energiekosten ab. Dafür können die Leistungsbeziehenden allerdings nicht.

Daher sind die Vorschläge des CDU-Politikers als reiner Populismus zu verstehen, der nicht nur eine hohe Unkenntnis zur gültigen Rechtslage des SGB II zeigt, sondern zusätzlich Arbeitnehmer und Leistungsbeziehende gegeneinander aufwiegelt.

Deshalb schrieb Bild auch: “Linnemann stellt sich an die Seite hart arbeitender Bürger, die mit ihren explodierenden Energiekosten alleingelassen werden, während Hartz-IV-Empfängern neben Miete auch die Heizkosten erstattet werden.”

Durch diese Stimmungsmache wird von dem eigentlichen Problem abgelenkt. Es wird suggeriert, dass Hartz IV Beziehende, die in den meisten Fällen vollkommen unverschuldet in die Hilfesituation geraten sind, alles bezahlt bekommen, während Arbeitnehmer “hart arbeiten” müssen.

Regelleistungen bei Hartz IV nicht Armutsfest

Dabei reichen die derzeitigen Regelleistungen nicht aus, um die Betroffenen vor akuter Armut zu schützen. Durch die steigenden Preise bei den Lebensmitteln und Strom sind die Regelleistungen deutlich zu niedrig angesetzt, wie auch eine aktuelle Forschungsstudie zeigte.

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