Die gesetzliche Rente reicht für viele Menschen nicht mehr aus, um ihren Lebensstandard im Alter zu halten. Die Ursache ist eine zunehmende Schieflage im Rentensystem, ausgelöst durch den demografischen Wandel und ein sinkendes Rentenniveau. Wer im Alter finanziell abgesichert sein möchte, sollte seine Rentenlücke kennen und aktiv gegensteuern.
Was bedeutet „Rentenlücke“ konkret?
Die Rentenlücke beschreibt die Differenz zwischen dem letzten Nettoeinkommen im Berufsleben und der zu erwartenden gesetzlichen Nettorente. Diese Lücke entsteht, weil die gesetzliche Rente nur einen Teil des früheren Einkommens ersetzt – oft nicht mehr als 48 Prozent. Das bedeutet: Viele Rentnerinnen und Rentner erhalten im Ruhestand deutlich weniger Geld, als sie zuvor zur Verfügung hatten.
Beispiel: Wer zuletzt 3.000 Euro netto verdient hat und im Alter 1.600 Euro Rente erhält, muss monatlich 1.400 Euro weniger auskommen – oder anderweitig für diese Differenz vorsorgen.
Warum die gesetzliche Rente nicht mehr ausreicht
Das deutsche Rentensystem funktioniert nach dem Prinzip des Umlageverfahrens: Erwerbstätige zahlen Beiträge, die direkt an heutige Rentner ausgeschüttet werden. Doch das Verhältnis zwischen Beitragszahlern und Rentenbeziehern verschiebt sich zunehmend. Während 1962 noch sechs Berufstätige auf einen Rentner kamen, waren es 2020 nur noch 1,8. Prognosen für 2030 sprechen sogar von 1,5.
Gleichzeitig steigt die Lebenserwartung – Renten müssen länger gezahlt werden. Um das System zu stabilisieren, senkt der Staat schrittweise das Rentenniveau und erhöht die Steuerlast auf Renteneinkünfte: Ab 2058 müssen Rentner ihre Bezüge vollständig versteuern.
Wie viel Geld brauchen Sie im Alter?
Viele Menschen unterschätzen ihren Finanzbedarf im Ruhestand. Zwar entfallen bestimmte Ausgaben wie Fahrtkosten, Altersvorsorgebeiträge oder Unterstützung für Kinder. Andere Kosten steigen aber:
Gesundheitsausgaben nehmen mit zunehmendem Alter zu
Freizeitaktivitäten wie Reisen oder Hobbys gewinnen an Bedeutung
Miet und Nebenkosten bleiben konstant oder steigen
Subventionierte Leistungen wie Dienstwagen oder Jobticket fallen weg
Als grober Richtwert gilt: Etwa 80 Prozent des letzten Nettoeinkommens sollten im Ruhestand zur Verfügung stehen, um den gewohnten Lebensstandard zu halten. In Städten mit hohen Mieten oder bei speziellen Bedürfnissen kann der Bedarf sogar höher liegen.
Die eigene Rentenlücke Schritt für Schritt berechnen
Die individuelle Versorgungslücke lässt sich relativ einfach ermitteln – wenn man systematisch vorgeht:
- Nettoeinkommen vor Renteneintritt ermitteln: Dazu zählt das regelmäßige Monatsgehalt inklusive möglicher Zusatzleistungen.
- Geplanten Finanzbedarf im Alter festlegen: Idealerweise auf Basis realer Lebenshaltungskosten, angepasst an Ihre Lebenssituation.
- Zu erwartende Renteneinkünfte addieren: Nutzen Sie Ihre Renteninformation oder den Online-Rechner der Deutschen Rentenversicherung.
- Zusätzliche Einnahmen berücksichtigen: Z. B. betriebliche Altersvorsorge, private Rentenversicherungen, Mieteinnahmen oder Kapitalerträge.
- Inflation und Abgaben kalkulieren: Denken Sie an die Kaufkraftentwicklung und zukünftige Steuer- und Sozialabgaben.
Beispielrechnung: Bei einem letzten Netto von 3.000 € und einem angenommenen Bedarf von 2.400 € ergibt sich bei einer prognostizierten Rente von 1.600 € eine monatliche Rentenlücke von 800 €.
Welche Möglichkeiten Sie haben, die Rentenlücke zu schließen
Wer rechtzeitig handelt, kann die eigene Rentenlücke wirksam reduzieren – sei es durch private Vorsorge oder staatlich geförderte Modelle.
Private Altersvorsorge
Flexible Rentenversicherungen, wie sie etwa von Versicherern wie HanseMerkur angeboten werden, ermöglichen individuelle Anpassungen durch Einmalzahlungen oder Beitragserhöhungen. Die spätere Rente kann dadurch spürbar erhöht werden.
Betriebliche Altersvorsorge (bAV)
Viele Arbeitgeber bieten Modelle an, bei denen ein Teil des Bruttogehalts in eine Zusatzrente fließt. Der Vorteil: Beiträge sind oft steuer- und sozialabgabenfrei. Seit 2019 besteht zudem ein verpflichtender Arbeitgeberzuschuss von mindestens 15 Prozent.
Staatlich geförderte Modelle
Produkte wie die Rürup Rente (Basisrente) bieten steuerliche Vorteile, insbesondere für Selbstständige oder Besserverdienende. Auch Riester-Verträge bleiben trotz begrenzter Attraktivität durch staatliche Zulagen für bestimmte Gruppen (z. B. Familien) relevant.
Was Sie konkret tun können – Ihre nächsten Schritte
Ein sinnvoller erster Schritt auf dem Weg zur finanziellen Absicherung im Alter besteht darin, die eigene Renteninformation gründlich zu prüfen. Diese gibt Aufschluss darüber, mit welcher gesetzlichen Rente Sie bei Erreichen des Rentenalters rechnen können.
Anschließend sollten Sie berechnen, wie groß Ihre persönliche Rentenlücke ist – also der Betrag, der Ihnen monatlich fehlen würde, um Ihren gewohnten Lebensstandard im Ruhestand aufrechtzuerhalten.
Darauf aufbauend empfiehlt es sich, die vorhandenen Vorsorgeprodukte genau zu analysieren. Reichen die bisherigen Maßnahmen aus, oder besteht zusätzlicher Handlungsbedarf? Ein Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber kann ebenfalls hilfreich sein, hauptsächlich wenn es um Angebote zur betrieblichen Altersvorsorge geht. In vielen Fällen sind Arbeitgeberzuschüsse möglich, die Ihre spätere Rente spürbar verbessern können.
Abschließend lohnt es sich, sich über weitere private Vorsorgemöglichkeiten zu informieren – etwa im Rahmen eines Beratungsgesprächs bei Ihrer Bank oder bei einem unabhängigen Honorarberater. So schaffen Sie eine fundierte Grundlage für Ihre Altersvorsorge und können gezielt eventuelle Versorgungslücken schließen.