Belgische Postbeamte kontrollieren Rentnerinnen und Rentner, die neben ihrer Rente eine Grundsicherung (“Einkommensgarantie”) beziehen. Der Staat missachtet damit den Sozialdatenschutz und ignoriert die Rechte der Senioren. Wird diese Art der Kontrolle zum Vorbild für Deutschland?
Postbeamte kontrollieren Rentner
In Belgien geht der Staat härter gegen Senioren vor, die Grundsicherung beziehen, weil ihre Rente nicht zum (Über-)Leben reicht. Die Regierung will damit Sozialbetrug verhindern, missachtet aber den Datenschutz, der auch für Sozialhilfeempfänger gilt.
Die Postbeamten kontrollieren, ob die Rentner, die Grundsicherung beziehen, tatsächlich in Belgien oder im Ausland leben. Denn wer nicht in Belgien lebt, hat auch kein Anrecht auf die so genannte Einkommensgarantie. Die Betroffenen müssen dem Postboten eine Erklärung unterschreiben. Und zwar regelmäßig.
Senioren wehren sich
Das wollen sich die Senioren nicht gefallen lassen. Nicht weniger als 40 Nichtregierungsorganisationen (NRO), darunter Kirchen und Gewerkschaften, haben Alarm geschlagen und einen Protestbrief an die Abgeordneten in Flandern, Brüssel und Wallonien geschickt.
“Es darf nicht sein, dass Rentner unter Generalverdacht gestellt werden, nur weil sie eine Einkommensgarantie erhalten”, heißt es darin.
Briefträger hätten “nicht das Recht, im Namen des Staates zu ermitteln”. So werde die Nachbarschaft informiert und eine soziale Stigmatisierung gefördert.
Gerade ältere Menschen schämen sich, staatliche Leistungen in Anspruch zu nehmen. Wenn sie dann noch von den Briefträgern kontrolliert werden, beantragen viele keine Leistungen. Die Folge: bittere Armut und Hunger.
Belgische Regierung nennt Protest “Panikmache”
Der belgische Rentenminister bezeichnete die Kritik als “Panikmache”. Der Staat müsse Maßnahmen ergreifen, um Sozialbetrug zu bekämpfen. Dass dabei Menschen im Alter schikaniert würden, nur weil ihre Rente nicht zum Leben reiche, sei für den Minister kein Argument.
Modell auch für Deutschland?
In Deutschland gilt der Sozialdatenschutz. Behörden sind dazu verpflichtet, sogar die Briefe möglichst neutral zu gestalten, damit Nachbarn nicht mitbekommen, dass man auf Sozialleistungen angewiesen ist.
So steht im § 3a des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG):
“Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten und die Auswahl und Gestaltung von Datenverarbeitungssystemen sind an dem Ziel auszurichten, so wenig personenbezogene Daten wie möglich zu erheben, zu verarbeiten oder zu nutzen. Insbesondere sind personenbezogene Daten zu anonymisieren oder zu pseudonymisieren, soweit dies nach dem Verwendungszweck möglich ist und keinen im Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck unverhältnismäßigen Aufwand erfordert.”
In Belgien schraubt die Regierung derweil die Repressions- und Überwachungsstufe nach oben. Ändert sich die Lage künftig, und sind immer mehr Menschen auf Sozialleistungen angewiesen, sind auch hierzulande solche fragwürdigen Vorschläge zu befürchten.
- Über den Autor
- Letzte Beiträge des Autors
Carolin-Jana Klose ist seit 2023 Autorin bei Gegen-Hartz.de. Carolin hat Pädagogik studiert und ist hauptberuflich in der Gesundheitsprävention tätig. Ihre Expertise liegt im Sozialrecht, Gesundheitsprävention sowie bei gesellschaftspolitischen Themen. Sie ist aktiv in der Erwerbslosenberatung und engagiert sich politisch für Armutsbetroffene.