Krankenversicherung und Hartz IV – Fallstricke und besondere Umstände

Lesedauer 3 Minuten

Fallstricke bei der Krankenversicherung im ALG II Bezug

Im Grundsatz sind Hartz IV Bezieher bei den gesetzlichen Krankenkassen pflichtversichert. Das Jobcenter ist verpflichtet, die Kosten in tatsächlicher Höhe für die Krankenversicherung zu übernehmen. Doch es gibt auch Fallstricke. Besonders bei einer Vollsanktion kann es zu Unannehmlichkeiten und Schulden kommen, die aber mit einem Trick umgangen werden können.

Im Grundsatz Pflichtversichert

Bezieher von Arbeitslosengeld II (ALG II) sind grundsätzlich krankenversichert. Die Kosten trägt das Jobcenter. Beim Antrag auf ALG II muss der Punkt „Sozialversicherung der Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld II“ ausgefüllt werden. Monatlich wird der Zuschuss durch das Jobcenter an die Krankenkasse gezahlt. Fallstricke entstehen bei besonderen Konstellationen.

Selbstständige oder ehemalige Selbstständige Hartz IV Bezieher

Viele Selbstständige sind privatversichert. Oft gab es Ärger, viele Gerichte mussten sich mit dem Thema beschäftigen. Die Jobcenter sind nunmehr dazu verpflichtet, auch die Beiträge der PKV zu übernehmen. Hier allerdings nur zur Höhe des Basistarifs, den die PKV anbieten muss. Der Basistarif orientiert sich nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen.

PKV Versicherte können sich nicht einfach gesetzlich versichern. Daher müssen sie in der PKV verbleiben, da dies die aktuelle Rechtslage vorsieht. Eine Rückkehr in die PKV ist sehr schwer und auch nur möglich, wenn der Versicherungsnehmer wieder angestellt ist.

Hartz IV nur als Darlehen

Wer ALG II nur als Darlehen bezieht, oder nur Leistungen für die Erstausstattung der Wohnung, für Klassenfahrten oder Bekleidung bekommt, wird nicht automatisch über das Jobcenter krankenversichert. Hier ist zu prüfen, ob die Familienmitversicherung oder dem Partner gilt. Ansonsten greift eine Selbstversicherung. Achtung: Auch hier sind die Beträge geltend zu machen.

Aufstockende Hartz IV Leistungen

Wer einen Job hat, der allerding nicht ausreicht, um den Lebensunterhalt zu bestreiten, hat Anspruch auf aufstockende Hartz IV Leistungen. Das Jobcenter übernimmt allerdings nicht die Kosten für die Krankenversicherung. Diese werden paritätisch vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer übernommen. Ein Anspruch beim Jobcenter kann nicht erwirkt werden.

Beginn des Krankenversicherungsschutzes

Der Versicherungsschutz beginnt rückwirkend mit dem Tag des Hartz IV Bezuges. Wer vor Beginn des Leistungsbezuges einen Krankenversicherungsschutz benötigt, sollte bei der Krankenkasse einen “vorläufigen Versicherungsschutz” beantragen, der in aller Regel bewilligt wird. Denn nur ab dem Tag des Leistungsbezuges besteht ein Schutz.

Nur einen Monat Bezieher von Hartz IV

Wer nur einen Monat erwerbslos ist und Hartz IV bezieht, ist dennoch krankenversichert, ohne dass das Jobcenter zahlen muss. Einen Monat nach Eintritt in die Arbeitslosigkeit sind Betroffene laut (§19 Abs. 2 SGB V) Nachversichert. Bei wem das nicht der Fall ist, sollte sich mit dem Jobcenter bzw. Krankenkasse in Verbindung setzen.

Lesen Sie auch:
– Krankenkassen übernehmen Fahrtkosten für Hartz IV-Bezieher bei Krankheit
Hartz IV: Ab 1. August 2019 mehr Geld und Leistungen für Kinder

Zusatzbeiträge und Hartz IV

Die Krankenkassen erheben in unterschiedlicher Höhe einen Zusatzbeitrag. Dieser muss vom Jobcener nicht in gleicher Höhe bezahlt werden. Stattdessen gilt der “durchschnittliche Zusatzbeitrag”. Eben jenen zahlt die Behörde. Die Krankenkassen sind verpflichtet, nur diesen bei Hartz IV Bezug zu erheben.

Personen über 55 Jahre und von der Pflicht sich zu versichern befreit

Ältere, die über 55 Jahre alt sind und länger als 5 Jahre nicht gesetzlich krankenversichert waren, und mindestens zu 50 Prozent der Erwerbszeit als Besserverdiener oder Beamte von der Versicherungspflicht befreit waren, sind von der Versicherungspflicht befreit. Das gilt auch für Selbstständige die zuvor in einer Privaten Krankenversicherung waren, diese verloren haben und nun nicht mehr in die Gesetzliche zurückkehren dürfen. Diese Personen müssen sich selbst versichern oder einen Antrag beim Jobcenter stellen.

Krankenversicherung bei Sozialgeld

Kinder bis zum 14. Lebensjahr sind im Grundsatz bei den Eltern Familienmitversichert. Alle anderen müssen sich selbst versichern oder in die PKV gehen.

Krankenversicherung bei Hartz IV Sanktionen zu 100 Prozent (Vollsanktion)

Eine Krankenversicherung über das Jobcener wird nur übernommen, wenn ALG II Leistungen bezogen werden. Nur dann zahlt das Jobcenter. Bei einer Vollsanktion werden 3 Monate keinerlei Leistungen durch das Jobcenter bezahlt. Das bedeutet auch, dass dann der Versicherungsschutz wegfällt. Dadurch entstehen Schulden bei der Krankenkasse. Ein Ausweg ist, Sachleistungen für die Zeit der Sanktionen beim Jobcenter zu beantragen. Diese gelten dann wieder als ALG II Bezug und dann ist das Jobcenter verpflichtet, die Krankenkasse zu bezahlen. PKV Versicherte sollten auch Sachleistungen beantragen. Wer dies nicht tut, ist nicht befreit, sondern muss die Kosten selbst tragen!

Zu Unrecht bezogene Hartz IV Leistungen

Wer keinen Anspruch auf Hartz IV Leistungen hatte, dennoch welche aus Unwissen oder mutwillig beantragt und bezogen hat, muss damit rechnen, diese zurückerstatten zu müssen. Das gilt auch für die Krankenversicherungsbeiträge, die vom Jobcenter übernommen wurden. Das gilt auch bei Überzahlungen.

Wechsel der Krankenkasse

Wer seine Krankenkasse wechseln möchte, kann dies auch als Bezieher von ALG II Leistungen. Die Kündigung/der Wechsel muss fristgerecht sein. Das Jobcenter ist zeitnah darüber zu informieren. Da die Beiträge gleich bleiben, ist nur ein Wechsel bei besseren Leistungen empfohlen. Bei Eintritt in die Erwerbslosigkeit ist ein Wechsel nicht notwendig. Wer Fragen hierzu hat, kann diese in unserem Forum stellen.