Hartz IV: Stromsperre durch das Jobcenter

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Die Heizkosten müssen in angemessener Höhe durch das Jobcenter für Hartz IV Beziehende übernommen werden. Wenn aber die Kosten für Heizstrom gezahlt werden sollen, kommt es immer wieder zu Problemen, wie dieses Beispiel zeigt.

Mit der Jahresendabrechnung erfolgte die Stromsperren-Drohung

Im September 2021 hat Maria Sanders (Name von der Redaktion geändert) endlich eine neue Wohnung gefunden und bezogen. Die Heizung und das Warmwasser läuft über Strom. Daher werden hohe Stromkosten erzeugt. Als die erste Jahresendabrechung im Briefkasten landete, wurde sogleich auch eine Stromsperre seitens des Energielieferanten angedroht.

Jobcenter antwortet nicht

Die Betroffene wandete sich sogleich hilfesuchend an das Jobcenter Hochtaunus. Auch nach insgesamt neun Emails bekam sie seitens der Behörde keine Antwort.

In ihrer Verzweiflung wandte sich Maria an die Initiative “#EineSorgeweniger”. Der Verein kümmert sich hilfesuchende Sozialleistungsbezieher in Not. Um eine Stromsperre zu verhindern, sprang der Verein ein und beglich zunächst die offene Summe.

Auch der Hilfeverein wandte sich an das Jobcenter, um eine Klärung herbeizuführen. Briefe, Faxe und Emails wurden nicht beantwortet. Anrufe gingen immer ins Leere.

Erst als die “Tageszeitung (taz)” eingeschaltet wurde, kümmerte sich das Jobcenter und erklärte dem Stromversorger, die offenen 400 EUR zu übernehmen.

Die nächste Stromsperre droht

Wer nun denkt, damit habe sich das Problem erübrigt, der irrt. Das Jobcenter gewährte der Betroffenen die 400 EUR nur als Darlehen. Die Raten soll sie in Höhe von 50 Euro vom ALG II-Regelsatz abzahlen. Denn zukünftig wolle die Behörde monatlich nur 15 Euro für Heizkosten übernehmen.

Eigentlich müssten es 60 Euro sein. Das Jobcenter argumentierte, das seien “gesetzlich fixierte Abschläge”. Diese Rechtsauffassung ist allerdings entweder so neu, dass sie keiner kennt, oder schlichtweg falsch. Letzteres dürfte der Fall sein.

„So etwas habe ich noch nie erlebt”

Es kam wie es kommen musste. Nun nimmt das Jobcenter die nächste Stromsperre der Leistungsbezieherin in Kauf. „So etwas habe ich noch nie erlebt”, empört sich Konstantin Seefeldt von der Stiftung. Auch die ehemalige Jobcenter-Mitarbeiterin und heutige Hartz IV Kritikerin Inge Hannemann mahnt bei Twitter: „Bei aktuellen Notlagen, wie einer Stromsperre, muss es eine erreichbare Ansprechperson geben.“

Das Jobcenter muss die Stromkosten für die Heizung zahlen. Weil es für die Heizung keinen separaten Zähler gibt, müssen eben die Stromkosten in tatsächlicher Höhe gezahlt werden.

Heizen mit Strom

Heizstrom zählt als Heizkosten und somit zu den Kosten der Unterkunft.

Bei einer Unwirtschaftlichkeit kann sich das Jobcenter quer stellen. Dann heißt es, sich von einem Anwalt beraten zu lassen und Widerspruch einzulegen.

Nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II (bzw. § 29 Abs. 1 S. 1 SGB XII) müssen die Leistungen für die Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, wenn diese angemessen sind.

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hatte entschieden, dass die Frage der “Angemessenheit” der Heizkosten “von verschiedenen Faktoren abhängig” ist (L 8 AS 427/05 ER).

Das bedeutet, eine Ablehnung des Jobcenters kann aus verschiedenen Gründen fehlerhaft sein und sollte demnach immer eingehend überprüft werden. Ein Widerspruch bzw. Klage kann sich dann lohnen. Eine Überprüfung von Bescheiden kann hier online erfolgen.

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