Menschenwürde und Menschenrechte. Ein Leserbrief von Kurt D.
Diese kleine Horrorgeschichte beginnt im Jahre 1998: Weil mich EDV schon früh interessiert hat und ich auf mehrere Jahre PC- und Netzwerk Wissen zurückgreifen konnte, finanzierte mir die BA (früher AA) eine Ausbildung zum PC-Netzwerktechniker.
In der Zeit des großen Hype auf die €-Umstellung und auf das Jahrtausend-Problem machte ich mich selbständig. Mit einem 16 Stunden Arbeitstag verdiente ich in dieser Zeit Gutes Geld. Dann wurden Die Aufträge immer weniger und die Zahlungsmoral der Kundschaft auch. Weil ich mich keine Krankenkasse mehr haben wollte und bei mir immer mehr Beschwerden auftauchten, ging das verdiente Geld komplett für ärztliche Versorgung drauf. Daraufhin meldete ich mich arbeitslos, um wieder kranken versichert zu sein und Arbeit zu finden.
Weil mir noch ein Restanspruch auf Arbeitslosengeld geblieben war, schien die Sache ganz gut. Dann bekam ich Arbeitslosengeld im Jahr 2001 und war somit mit 340€ schon Hartz IV Empfänger 4 Jahre vor Einführung der Gesetze, nur mit dem Unterschied, dass ich die Wohnungskosten fast selbst tragen musste. Mittlerweile lebe ich komplett verarmt in einer kleinen Sozialwohnung. Das einzige, was mir geblieben ist, sind ein paar Anzüge, Hemden und Krawatten, sozusagen nur Arbeitsklamotten und Schulden. Nach jahrelanger Odyssee durch Arztpraxen wurde mir ein Grad der Erwerbsminderung von 20% zugesprochen. Ich bin Schmerzpatient (Fibromyalgie, eine Erkrankung aus dem rheumatoiden Formenkreis) und durch die jahrelangen, täglichen Schmerzen deppressiv. An manchen Tagen ist es mir nicht möglich, die Wohnung zu verlassen. Der Schmerz taucht immer wieder an anderen Körperstellen auf. Schlaf finde ich nur noch mit der chemischen Keule, Schmerzmittel bleiben wirkungslos. Bei der ARGE interessiert das niemanden, die wollen mich nur mit allen Mitteln loswerden. Der ärztliche Dienst der BA hat mich für mittel schwere Arbeit im 3 Schicht Betrieb eingestuft. Das wird nur noch durch Arbeit am Bau und im Bergbau übertroffen. Erschwerend kommt hinzu, dass ich nur noch 51kg auf 182cm Körpergröße habe. Models dürfen nur noch auf den Laufsteg, wenn sie 60kg auf 174cm haben und das für Frauen!. Bei männlichen "Sozial-Schmarotzern" gilt dies natürlich nicht, die sollen gefälligst arbeiten bis sie versterben. In Amtsdeutsch heißt das dann: Die Arbeitslosenstatistik konnte nachhaltig gesenkt werden! Jetzt darf ich an einer Trainingsmaßnahme für Langzeitarbeitslose teilnehmen. Meine Arbeitsberaterin hat gesagt, ich solle stolz darauf sein, weil diese Chance nicht jeder bekommt.
Jetzt wollen sie aus einem kranken, untergewichtigen 47jährigen Schmerzpatienten so einen richtigen Malocher machen. Ich bin auch mächtig stolz darauf, das der deutsche Staat so viel Geld in die Hand nimmt, um mich nach 9 Jahren Arbeit im professionellen EDV Umfeld und einem weiteren erlernten kaufmännischen Beruf, endlich zum zweiten mal in einen EDV-Grundkurs schickt und mich nun endlich rechnen, lesen und schreiben lernen lässt. Das ist schon wichtig, da hat man ja schließlich was für´s ganze Leben! Das ganze endet dann in einem 4 wöchigen Praktikum, wo ich dann 8 Stunden am Tag zur Arbeit genötigt werde, wo ich doch schon Mühe habe meinen Alltag mit Haushalt und Einkauf zu meistern! Wenn ich zum Arzt gehe, schiebt mir der drei Packungen Antidepressiva rüber und sagt, ich sei doch noch jung und könne nicht jetzt schon an die Rente denken, das wird schon besser bei der Arbeit! Ich glaub ich bin im falschen Film, wo leben wir denn hier? Für was gibt es ein Grundgesetz?
Für was habe ich einen Behindertenstatus? Ein "guter Behinderter" ist anscheinend nur einer, der im Rollstuhl sitzt und nicht sprechen kann, denn so läßt sich das alles viel werbewirksamer vermarkten und für den Wahlkampf einsetzen! Der Rest kostet doch nur unnötig Geld! (Ein Leserbrief von Onkelkurti, 07.02.07)
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