Hartz IV Bezieher müssen noch mehr Kontoauszüge vorlegen

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Jobcenter prüft strenger bei Hartz IV-Weiterbewilligungsanträgen

Die Stadt Frankfurt am Main hat strengere Regeln bei der Vorlage von Kontoauszügen eingeführt. Hartz IV Betroffene sollen noch mehr Kontoauszüge vorlegen als bisher. Das führt zu schwerwiegenden finanziellen Nöten bei den Antragstellern.

Jobcenter stellte Zahlung ein

Wie die Frankfurter Allgemeine berichtet, lag Martha L. in einer Klinik. Sie ist schwer krank und musste eine Operation durchführen lassen. Zufällig merkte sie noch im Krankenhaus, dass die eigentlich regelmäßigen Hartz IV Zahlungen nicht auf dem Konto eingegangen sind. Das Konto war leer. Auch die letzte Miete an ihren Vermieter war nicht überwiesen. „Ich bin aus allen Wolken gefallen“, sagt L.

Noch bevor L. in das Krankenhaus ging, stellte sie rechtzeitig einen Weiterbewilligungsantrag. Alle üblichen Unterlagen habe sie eingereicht. Sie ging davon aus, dass sie alles wie immer erledigt hatte, damit der Fortführungsantrag auf Hartz IV Leistungen bewilligt wird.

Behörde will mehr Kontoauszüge

Noch im Krankenhaus bekam sie ein Anschreiben vom Jobcenter. Die Behörde monierte, sie hätte nicht ausreichend Kontoauszüge eingeschickt. Zudem habe man unklare Geldeingänge bemerkt, die zu klären seien. Das Jobcenter stellte die Zahlungen daraufhin ein. Auch nach einer Anhörung hörten die Probleme nicht auf. Das bereitet der Betroffenen große Ängste, da die Miete noch immer nicht gezahlt wurde. Bei Mietschulden kann der Vermieter schnell die säumigen Zahler vor die Tür setzen. Sie wäre dann Wohnungslos.„Ich fühle mich vollkommen ausgeliefert”, sagte die Betroffene.

Kein Einzelfall

L. ist dabei kein Einzelfall. Das Arbeitslosenzentrum (FALZ) in Frankfurt berichtet, dass sich ähnliche Fälle seit September diesen Jahres häufen. Beinahe täglich kommen Betroffene in die Beratungsstelle, weil sie Probleme mit dem Jobcenter haben, weil die Behörde sich weigert, rechtzeitig zu zahlen. „Wir haben permanent Leute, die auf ihr Geld warten“, berichtet ein Mitarbeiter des Zentrums. Der Umgang mit den Leistungsbeziehern habe sich offenbar in den letzten Monat deutlich verschärft.

Vielfach ginge es darum, dass das Jobcenter mehr Kontoauszüge verlangt, als üblich war. Bislang war es so, dass die Auszüge von der Bank der letzten drei Monate ausreichten. Die Behörde will damit überprüfen, ob Antragsteller über weitere Einkünfte verfügt. Der Bewilligungszeitraum bei Weiterbewilligungsanträgen habe sich auf 12 Monate verlängert. Seit dem verlangen die Behörden Kontoauszüge der letzten 6 statt der letzten 3 Monate.

Viele Hartz IV Bezieher wissen nichts von der Neuregelung

Doch viele Hartz IV Beziehende wissen von diesen Änderungen nichts. Sie reichen, wie L, wie immer alle Unterlagen ein. Doch plötzlich landet ein Schreiben vom Jobcenter im Briefkasten. Es würden Auszüge fehlen, weshalb man den Antrag nicht bewilligt. Antragsteller müssten nun zur Bank gehen und kostenpfichtig Kontoauszüge nachordern. Solange diese nicht vorliegen, zahlt die Behörde die Bezüge nicht weiter. Die Kosten für die nachgeorderten Kontoauszüge werden allerdings vom Jobcenter auch nicht übernommen. Die Gebühren sind hoch und von Bank zu Bank unterschiedlich. Letztlich fehlt dieses Geld dann, um den Lebensunterhalt ausreichend zu gestalten.

Familie mit fünf Kindern in großen Nöten

Laut Erwerbslosenzentrum geriet erst kürzlich eine Familie mit fünf Kindern in eine schwerwiegende finanzielle Krise, weil die geforderten Kontoauszüge nicht rechtszeitig vorgelegt werden konnten. Das Jobcenter zahlte nicht, obwohl Kinder im Haushalt der Eltern lebten.

Erwerbslosenzentrum sammelte Geld für Lebensmittel

Die Mitarbeiter des Erwerbslosenzentrums mussten der Familie Geld leihen, damit sie wenigstens ein paar Lebensmittel eingekauft werden konnten. Nach Aussage der Beratungsstelle bestünde das Problem in anderen Städten des Rhein-Main-Gebiets nicht. Nur in Frankfurt sei man dazu übergangen, sofort Geldleistungen einzustellen.

Schärfere Nachfragen und Äger wegen Kontoauszügen

Zudem enstehe der Eindruck, dass die Behörden die Kontoauszüge nunmehr schärfer prüfen. Bei L. monierte das Jobcenter einen Geldeingang von gerade einmal 150 EUR. Das Geld hatte sich L von ihrer Mutter geliehen. Diese habe ihr das Geld auf das Konto überwiesen. Die Behörde verlangte dann, dass L. dafür Beweise vorlegen sollte. Erst dann wurde die Hartz IV Zahlung fortgesetzt.

Zwar habe es solche Fälle auch schon in der Vergangenheit gegeben, “aber bei weitem nicht in dieser Intensität”, wie das Beratungszentrum mitteilte. Zudem komme es nun gehäuft zu Auseinandersetzungen aufgrund geschwärzter Abschnitte in den Auszügen. Denn grundsätzlich dürfen Hartz IV Beziehende Teile des Kontoauszuges schwärzen, damit die Behörde keinen Einblick in die private Lebensführung erhält. Doch das Jobcenter wolle nun immer häufiger, dass erkennbar sei, für wen und für was das Geld überwiesen wurde. Das ist jedoch ein deutlicher Eingriff in die Privatsphäre des Betroffenen.

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Jobcenter Frankfurt weist Kritik von sich

Beim Jobcenter Frankfurt versteht man diese Aufregung nicht. Schließlich würde man nur die Bedürftigkeit des Antragsstellers prüfen. Weil aber bei Weiterbewilligungsanträgen nun eine Frist von 12 Monaten gilt, würde man nunmehr auch mehr Kontoauszüge fordern. Man würde sich nur an die Weisungen der Bundesagentur für Arbeit halten, hieß es. Zudem könne man nicht nachvollziehen, warum man schärfer als andere Jobcenter kontrollieren würde.

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