Hartz IV-Bezieher sind vom Mindestlohn ausgeschlossen
21.03.2014
Der Mindestlohn kommt – aber mit Ausnahmen. Das verkündete Bundesarbeitsministerin Andreas Nahles (SPD) am vergangenen Mittwoch in Berlin. Die Parteichefs der großen Koalition einigten sich demnach auf zahlreiche Ausschlüsse vom Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro. So soll für Hartz IV-Bezieher eine Karenzzeit eingeführt werden, in der sie keinen Anspruch auf den Mindestlohn haben. Das bedeutet, dass es defacto keinen Mindestlohn für Hartz IV Betroffene gibt.
Karenzzeit beim Mindestlohn für Hartz IV-Bezieher
In der Nacht zum Mittwoch handelten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Sigmar Gabriel (SPD) die Ausgestaltung des Mindestlohns aus. Hinsichtlich einer Altersgrenze einigte man sich letztendlich auf 18 Jahre. Jüngere Arbeitnehmer haben deshalb keinen Anspruch auf 8,50 Euro Stundenlohn. Auszubildende und Ehrenamtliche erhalten ebenfalls keinen Mindestlohn, da sie in keinem regulären Arbeitsverhältnis beschäftigt sind. Praktikanten, die ein Schüler-, Pflicht- oder studienbegleitendes Praktikum absolvieren, sind ebenfalls von der Regelung ausgenommen. Wer nach nach der Ausbildung ein berufsorientierendes Praktikum macht, soll aber spätestens nach vier Wochen mindestens 8,50 Euro pro Stunde erhalten.
Am härtesten trifft die Ausnahmeregelung beim Mindestlohn aber Erwerbslose, die länger als ein Jahr auf staatliche Leistungen angewiesen sind, also Hartz IV-Bezieher. Werden sie von einem Arbeitgeber eingestellt, haben sie im ersten halben Jahr der Beschäftigung keinen Anspruch auf den Mindestlohn. Welche Konsequenzen das in der Praxis haben wird, ist absehbar: Die Arbeitgeber profitieren von der Regelung, in dem sie Erwerbslose zu unterirdischen Konditionen befristet für ein halbes Jahr einstellen oder nach einem halben Jahr wieder entlassen. Der zuvor erwerbslose Arbeitnehmer kann dann wieder einen Hartz IV-Antrag beim Jobcenter stellen und hat überhaupt nichts gewonnen. Sehr wahrscheinlich musste er während der sechsmonatigen Beschäftigung aufgrund seines geringen Gehalts ohnehin mit Hartz IV aufstocken, so dass sich tatsächlich nichts für ihn ändert.
Statt gezielt Hilfen für Hartz IV-Bezieher zu schaffen, zeigt die große Koalition mit dieser Regelung erneut, dass sie offensichtlich kein Interesse daran hat, die Situation von Erwerbslosen zu verbessern. Und schlimmer noch: Mit der Karenzzeit beim Mindestlohn wird Unternehmen Tür und Tor geöffnet, sich an Hartz IV-Beziehern – staatlich subventioniert – zu bereichern. (ag)
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