Fu Prof. Grottian: Hungern gegen Hartz IV

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Politologe Prof. Peter Grottian* spricht sich für einen mehrwöchigen Hungerstreik gegen Hartz IV und die Sozialreform aus. Er möchte damit eine breitere Öffentlichkeit erreichen.

Umstritten sind die neuerlichen Protestformen, die Professor Peter Grottian aus Berlin anregt; Dieser möchte mit drei weiteren ostdeutschen Aktivisten in den Hungerstreik treten, um gegen die Sozialreform der Bundesregierung zu protestieren. Dabei stößt er jedoch auch in sozialen und Anti- Hartz-IV Initiativen auf heftige Kritik. Erst vor einigen Tagen protestierte der Auricher Jörg Rogall mit einem Hungerstreik gegen die illegale Vergabe von Ein- Euro- Jobs. Dieser hatte den Hungerstreik nach einigen Tagen wieder abgebrochen, da die regionale Presse mit zahlreichen Artikeln auf die Vorgänge in Aurich aufmerksam gemacht hatten. (gegen-hartz.de berichtete hier & hier)

Hungerstreik gegen Hartz IV?
Nach Grottians Vorstellungen sollen in mehreren Städten bis zu 3 Wochen Aktive die Nahrung verweigern und definitiv in den Hungerstreik treten. In Berlin ist es geplant, vor den Ministerien und Parteizentralen der CDU & SPD zu protestieren. Als Forderung nannte FU- Prof. Grottian den ALG 2 Regelsatz auf 500 Euro monatlich anzuheben. "Bisherige Proteste hätten keine Änderungen gebracht", so Grottian und weiter "Viele Menschen wüssten nicht, wie sie sich noch wehren sollen […] Das Ziel des Hungerstreiks von zunächst 30 Personen in Berlin solle sein, die Große Koalition dazu zu bringen, fest zuzusagen keine Hartz IV-Senkungen zu verfügen und zum 1.1.2007 die Alg II-Sätze auf 500 Euro anzuheben sowie die Repressionen zu reduzieren. Das Ziel mag zwar vielen zu niedrig gesteckt sein, dafür aber spricht die pragmatische Erreichbarkeit und die Solidarität in der Öffentlichkeit."

Ungewiß sei für Grottian, wie die Öffentlichkeit mit dem Hungerstreik umgehen wird: "Es ist ziemlich ungewiß, wie die Öffentlichkeit mit diesem Hungerstreik umgehen wird. Hungerstreiks gehören bisher nicht zur politischen Kultur der Republik."

Heftige Kritik gegenüber Grottian. Hungerstreik als "potenieller Selbstmord"
Auf Skepsis und heftige Krtitik stößt Grottian bei zahlreichen sozialen Initiativen. So erklärte Mag Wompel von der Internet Plattform Labournet, dass dieser Vorschlag "fahrlässig und zynisch" sei. "Ein Hungerstreik ist ein existenzieller Notschrei der Verzweiflung, der nur dann legitim und angemessen erscheint, wenn fast alle Artikulations- und Protestformen ausgelotet sind und nichts mehr bleibt, um die menschenrechtlich unzumutbare Not in einer reichen Gesellschaft auszudrücken." Wompel hält dagegen, dass "nicht alle Protestformen ausgelotet seien" und dass der Hungerstreik vor dem aktuellen Hintergrund keine adäquate Protestform, sondern "potentieller Selbstmord" ist.

Dem gegenüber hält Grottian, dass es bei seinem Vorschlag nicht darum ginge, Erwerbslose individuell hungern zu lassen, sondern eine Pretestform geschaffen werde, die "gründlicher Vorbereitung" bedarf. Deswegen soll sich der Beginn des Hungerstreikes verzögern, um z.B. im "Berliner Sozialforum" ausführlich darüber zu diskutieren.

* Prof. Peter Grottian ist ein deutscher Hochschullehrer. Der Sozialwissenschaftler ist seit 1979 Professor für Politikwissenschaft am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin. Er ist seit langem aktiv in verschiedenen sozialen & politischen Initiativen.

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