EM-Rente 2026: Mehr Spielraum, längere Zurechnungszeit, neuer Umgang mit dem Zuschlag

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Für 2026 ist keine grundlegende Reform für die Erwerbsminderungsrente angekündigt, wohl aber eine Reihe von Anpassungen, die in der Praxis entscheidend sein können: Die Hinzuverdienstgrenzen steigen, die Zurechnungszeit verlängert sich weiter, und der Zuschlag für viele Bestandsrentner wird anders behandelt und künftig zusammen mit der Rente ausgezahlt. Zusätzlich sorgt die ab 2026 geltende Aktivrente für Debatten, berührt laufende Erwerbsminderungsrenten vor Erreichen der Regelaltersgrenze aber nicht unmittelbar.

Hinzuverdienst 2026: Warum die Grenzen steigen

Die Hinzuverdienstgrenzen bei Erwerbsminderungsrenten hängen an einer Rechengröße, die der Gesetzgeber jährlich fortschreibt: der Sozialversicherungs-Bezugsgröße. Für 2026 liegt sie bei 3.955 Euro monatlich.

Weil die Grenzwerte im Gesetz als Bruchteile einer vielfachen Bezugsgröße definiert sind, führt die Anpassung automatisch zu höheren anrechnungsfreien Spielräumen. Entscheidend ist dabei ein Punkt, der in der Beratungspraxis regelmäßig zu Missverständnissen führt: Maßgeblich ist grundsätzlich die Jahressumme des Hinzuverdienstes, nicht der einzelne Monat.

Wer ungleichmäßig verdient, muss deshalb nicht automatisch dann mit Kürzungen rechnen, wenn in einem Monat „zu viel“ zusammenkommt – relevant ist, was am Jahresende in Summe steht.

Volle Erwerbsminderungsrente: Anrechnungsfrei bis 20.763,75 Euro im Jahr

Für Bezieherinnen und Bezieher einer vollen Erwerbsminderungsrente wird die Hinzuverdienstgrenze nach § 96a SGB VI dynamisch berechnet. Aus der Bezugsgröße 2026 ergibt sich eine kalenderjährliche Grenze von 20.763,75 Euro. Der Betrag folgt der gesetzlich vorgegebenen Rechenlogik aus der 14-fachen Bezugsgröße und dem Faktor drei Achtel; praktisch bedeutet das: Wer mit seinem Hinzuverdienst im Jahr unter dieser Marke bleibt, erhält die volle Rente weiter ohne Kürzung.

Das klingt nach einem klaren Zugewinn – ist es auch. Dennoch bleibt ein zweiter Maßstab im Hintergrund bedeutsam: Bei Erwerbsminderungsrenten geht es nicht nur um Geld, sondern auch um die Frage, ob die Beschäftigung mit dem festgestellten Leistungsvermögen vereinbar ist. Der finanzielle Rahmen ersetzt also nicht die Prüfung, ob Umfang und Art der Tätigkeit zur bewilligten Rente passen.

Teilweise Erwerbsminderungsrente: Höhere Mindestgrenze, häufig aber ein individueller Wert

Bei einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung liegt die Latte höher. Gesetzlich ist mindestens sechs Achtel der 14-fachen Bezugsgröße vorgesehen; daraus ergibt sich für 2026 eine Mindesthinzuverdienstgrenze von 41.527,50 Euro jährlich. In vielen Fällen ist die maßgebliche Grenze jedoch individuell und hängt von den Entgeltpunkten ab, die in einem der bestverdienenden Kalenderjahre innerhalb eines 15-Jahres-Zeitraums vor Eintritt der Erwerbsminderung erzielt wurden. Wer es genau wissen will, findet den persönlichen Wert im Rentenbescheid oder erhält ihn auf Anfrage bei der Deutschen Rentenversicherung.

Wenn die Grenze überschritten wird: Kürzung nach der 40-Prozent-Regel statt sofortigem Wegfall

Ein verbreiteter Irrtum lautet: „Wenn ich die Grenze reiße, ist die Rente weg.“ So funktioniert das System nicht. Überschreitet der Hinzuverdienst die individuelle Grenze, wird die Rente in der Regel zunächst nur teilweise geleistet. Die Logik dahinter ist gesetzlich festgelegt: Vom übersteigenden Jahresbetrag wird ein Zwölftel gebildet, davon werden 40 Prozent monatlich von der Rente abgezogen.

Erst wenn dieser Abzugsbetrag die volle Monatsrente erreicht, ruht die Rentenzahlung vollständig. Für Betroffene ist das mehr als ein technisches Detail, weil es Planungsspielräume eröffnet – und weil es zeigt, dass eine geringfügige Überschreitung nicht automatisch in den finanziellen Absturz führt.

Zurechnungszeit: Für neue Renten 2026 ein weiterer Monat mehr

Für Neurentnerinnen und Neurentner ist 2026 vor allem wegen der Zurechnungszeit interessant. Sie wirkt wie eine rechnerische „Weiterbeschäftigung“: So, als hätte die versicherte Person bis zu einem bestimmten Alter weiter gearbeitet und Beiträge gezahlt. Das erhöht die Rentenleistung, weil zusätzliche Entgeltpunkte berücksichtigt werden.

Für Rentenbeginne im Jahr 2026 endet die Zurechnungszeit bei 66 Jahren und 3 Monaten. Gegenüber dem Vorjahr ist das ein weiterer Monat. Das Stufenmodell läuft damit weiter in Richtung des langfristigen Zielalters 67 Jahre. Für Bestandsrenten verändert dieser Schritt nichts rückwirkend; der Effekt entsteht vor allem bei Renten, die 2026 neu beginnen.

Der Zuschlag für Bestandsrentner: Ab Dezember 2025 anders berechnet und zusammen ausgezahlt

Bereits seit Juli 2024 erhalten viele Menschen mit älteren Erwerbsminderungsrenten einen Zuschlag, ohne dass ein Antrag nötig wäre. Anspruch haben grundsätzlich Renten, deren Beginn zwischen 2001 und 2018 liegt; die Höhe orientiert sich am Startzeitraum der Rente. Technisch lief die Auszahlung bisher zweigleisig: Bis Ende November 2025 wurde der Zuschlag separat neben der Rente überwiesen.

Ab Dezember 2025 wird dieses Verfahren umgestellt. Der Zuschlag wird dann nicht mehr auf Grundlage des Zahlbetrags ermittelt, sondern über die persönlichen Entgeltpunkte berechnet und zusammen mit der Rente ausgezahlt. Das macht die Zahlung im Alltag übersichtlicher, kann aber in anderen Bereichen Folgen haben, weil der Zuschlag nach der Einbindung eher als Bestandteil der Rente gewertet wird.

Relevant wird das insbesondere dort, wo Einkommen angerechnet wird, etwa bei der Einkommensanrechnung in Hinterbliebenenrenten oder bei bedarfsorientierten Leistungen. Die Deutsche Rentenversicherung kündigt hierzu gesonderte Bescheide an.

Aktivrente ab 2026: Steuerfreier Zuverdienst im Rentenalter – für EM-Rentner erst nach der Umwandlung relevant

Parallel zu den rentenrechtlichen Änderungen startet zum 1. Januar 2026 die Aktivrente. Sie ist keine neue Rentenart, sondern eine steuerliche Regelung: Wer die Regelaltersgrenze erreicht hat und freiwillig weiterarbeitet, soll bis zu 2.000 Euro monatlich steuerfrei hinzuverdienen können. Damit soll Erwerbsarbeit im Rentenalter attraktiver werden.

Für Bezieherinnen und Bezieher einer laufenden Erwerbsminderungsrente vor Erreichen der Regelaltersgrenze ändert diese Regelung nichts an den Hinzuverdienstgrenzen der EM-Rente. Relevant kann sie erst werden, wenn die Erwerbsminderungsrente in eine Regelaltersrente übergeht und danach eine Beschäftigung ausgeübt wird, die unter die steuerliche Begünstigung fällt.

Rechengrößen 2026: Mindestlohn und Minijobgrenze steigen – ohne direkten Einfluss auf EM-Grenzen

Zum Jahreswechsel verändern sich weitere Werte, die häufig im selben Atemzug genannt werden, aber andere Mechanismen betreffen. Der gesetzliche Mindestlohn steigt zum 1. Januar 2026 auf 13,90 Euro pro Stunde. Dadurch erhöht sich die Verdienstgrenze im Minijob auf 603 Euro monatlich im Jahresdurchschnitt.

Für Erwerbsminderungsrentner ist wichtig, beides nicht zu vermischen: Minijobgrenze und Mindestlohn bestimmen nicht die Hinzuverdienstgrenzen der EM-Rente. Diese richten sich – wie beschrieben – nach den rentenrechtlichen Rechengrößen und den speziellen Vorschriften für Erwerbsminderung.

Was Betroffene jetzt tun sollten

2026 bringt für viele Erwerbsminderungsrentner spürbar mehr finanziellen Spielraum beim Hinzuverdienst und für neue Renten einen kleinen, aber oft wirksamen Schub über die verlängerte Zurechnungszeit. Zugleich wird der Zuschlag für ältere Renten in ein neues Auszahlungs- und Berechnungssystem überführt, das im Zusammenspiel mit Einkommensanrechnungen eine größere Rolle spielen kann als bisher.

Wer plant, seine Erwerbstätigkeit auszuweiten oder dessen Zahlbetrag sich ab Dezember 2025 verändert, sollte den Rentenbescheid und die Mitteilungen der Deutschen Rentenversicherung sorgfältig prüfen und bei Unklarheiten frühzeitig fachkundig nachfragen – nicht aus Alarmismus, sondern weil die Regeln im Detail darüber entscheiden, ob am Ende wirklich das im Gesetz vorgesehene Plus ankommt.

Quellen

Deutsche Rentenversicherung: „Die Änderungen in der gesetzlichen Rentenversicherung zum 1. Januar 2026“ (18.12.2025).
Deutsche Rentenversicherung: „Erwerbsminderungsrenten: Zuschlag ab Dezember 2025“ und FAQ zur Umstellung (DRV-Informationsseiten, Stand 2025)