09.04.2015
Unter dem Motto „AufRecht bestehen“ planen Erwerbslosengruppen um den 16. April herum rund 20 Aktionen gegen die Missstände in den Jobcentern und das Hartz-IV-Gesetz, das seit über zehn Jahren Ausgrenzung und Niedriglohn fördert.
Während Wirtschaft und mehrheitlich die politischen Parteien in Deutschland die Hartz-Reformen als Erfolgsmodell feiern und die Grundprinzipien des „Fördern und Forderns“ bereits als Exportschlager für südeuropäische Krisenstaaten preisen, wollen Vertreter/innen von Erwerbslosengruppen auf die verheerenden Folgen der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik aufmerksam machen, die mit dem Namen Hartz IV verbunden ist. „Vielerorts wird es Kundgebungen und andere kreative Protestaktionen geben, z.B. Straßentheater, öffentliche Sozialberatung oder Diskussions- und Informationsveranstaltungen auf öffentlichen Plätzen, vor Jobcentern, Rathäusern oder Parteibüros“, erklärt Martin Künkler von der Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen, KOS. „Wir fordern, die skandalösen Verhältnisse in den Jobcentern abzustellen und die fehlgeleitete Sozialpolitik der letzten Dekade grundlegend zu korrigieren.“
Die zunehmende Verarmung und gesellschaftliche Ausgrenzung von Erwerbslosen, die als Alleinstehende mit 399 Euro im Monat über die Runden kommen müssen, und die immer schwieriger werdende Wohnsituation der Menschen, die dauerhaft von Sozialleistungen leben müssen, sind nur eine Seite der Entwicklung. Die Kampagne richtet sich auch gegen den Zwang, jede Arbeit und jede noch so sinnlose Maßnahme annehmen zu müssen, und gegen die drakonischen Strafen im Hartz-IV-Sanktionssystem.
Viele Erwerbslosengruppen wollen zudem ganz konkret gegen die Missstände in den Jobcentern vor Ort protestieren. „Unzumutbare Bearbeitungszeiten, unfreundlicher Umgangston, massenhaft verlorene Briefe und Unterlagen, vorenthaltene Leistungen oder schlechte Beratung – die Mängelliste, mit der die gesetzlichen Vorgaben sogar noch unterlaufen werden, ist ellenlang“, erläutert Frank Jäger vom Wuppertaler Erwerbslosenverein Tacheles e.V. „Die Zustände in den Jobcentern sind seit langem bekannt. Offensichtlich fehlt es an politischem Willen, die Mangelverwaltung der Jobcenter abzustellen“, ergänzt er mit Blick auf das doppeldeutige Motto des Aktionstages.
Weil Hartz IV die Gesellschaft gravierend verändert hat und die Schere zwischen Arm und Reich vor allem in Deutschland immer weiter auseinander klafft, stellen die beteiligten Erwerbslosengruppen das Hartz-IV-System insgesamt in Frage. Außerdem wollen sie nicht zulassen, dass die schwarz-rote Koalition weitgehend unbemerkt weitere Verschlechterungen durchsetzt, die zurzeit unter dem Schlagwort „Rechtsvereinfachung“ diskutiert werden. „Mit dem Aktionstag ‚AufRecht bestehen‘ wollen wir Missstände öffentlich machen und aufzeigen, wie der abschreckende Charakter von Hartz IV indirekt auch den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern schadet“, verdeutlicht KOS-Sprecher Künkler. „Dabei haben wir immer das Ziel vor Augen, konkrete Verbesserungen für Leistungsberechtigte durchsetzen.“ Übersicht zu den geplanten dezentralen Aktionen. (pm)
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