Hartz IV: Stromkosten Guthaben ist Einkommen

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Zuviel gezahlte Stromkosten, die vom Stromlieferanten zurück erstattet wird, gilt als "Einkommen"

Empfänger von Sozialhilfe müssen zuviel gezahlte Stromkosten, die sie nach der Endabrechnung zurück erstattet bekommen, als Einkommen anrechnen lassen. So jedenfalls urteilte das Bundessozialgericht in Kassel (AZ: B 8 SO 35/07 R). Das bedeutet, dass die Zurückerstattung durch den Energielieferanten an die Sozialhilfe angerechnet wird und somit sich der monatliche Regelsatz entsprechend der Zurückzahlung verringert.

Im konkreten Fall hatte der Leistungsträger einem Sozialhilfeempfänger die Regelleistung für Februar 2006 um 205 Euro gekürzt. Der selbe Betrag wurde von den Stadtwerken nach der Jahresendabrechnung zurück erstattet. Die Behörde argumentierte, der Betrag sei als "Einkommen" anzurechnen. Dagegen wehrte sich der Betroffene erfolglos vor den gerichtlichen Instanzen und das Bundessozialgericht (BSG) bestätigte die Verfahrensweise der Behörde.

Das BSG ließ die Argumentation des Klägers nicht gelten, der erstattete Betrag sei Schonvermögen und damit geschützt. Zudem werde er gegenüber jenen benachteiligt, die einen geringeren Stromkostenabschlag zahlen. Während er Energie spare und die Erstattung der Energielieferanten als Einkommen angerechnet werde, gelte dies nicht für Hilfeempfänger, die vorab geringere Stromkostenabschläge gezahlt hätten. Die obersten Sozialrichter urteilten jedoch, dass zum Einkommen alle Einkünfte zählten, die man in dem Bedarfszeitraum erhalte. Zudem habe der Sozialleistungsempfänger es "selbst in der Hand, seinen Energieverbrauch an den monatlichen Stromkostenabschlägen anzupassen."

Der Kölner Selbsthilfeverein "Die KEAs e.V." zeigte sich schockiert über dieses Urteil: "Um es ganz deutlich zu sagen: Wenn dieses Urteil rechtens im Sinne logischer Zusammenhänge ist, dann sind fortan die Wechselgelder, die Hilfeempfänger an den Kassen der Supermärkte erhalten, meldepflichtige und zudem anrechenbare Einkommen. Nichts anderes geschieht bei der pauschalen Zahlung und Rückerstattung von Stromkosten."

Das BSG stützt sich dabei auf den § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. „Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch …“

Die Sache "stinkt gewaltig zum Himmel" und hat genau genommen zwei dicke Haken, auf die wir das Bundessozialgericht gerne hinweisen möchten:

1. Sofern Stromkosten nicht zu den Kosten der Unterkunft gehören und auch im Fall des Klägers aus seiner Regelleistung beglichen wurden, handelt es sich um „Leistungen nach dem SGB“ und gelten laut dem oben zitierten Satz nicht als Einkommen.

Der Kläger hat eigeninitiativ Strom und somit Geld gespart, was einer auch i.S. des SGB geforderten Ansparung (z.B. für Möbel, Kleidung etc.) gleichgestellt sein müsste.

2. Nur einen Absatz weiter im selben Paragrafen heißt es: „Von dem Einkommen sind abzusetzen … [Satz 4] die mit der Erzielung des Einkommens notwendigen Ausgaben.“

Also selbst wenn man das Guthaben als "Einkommen" betrachten möchte, dann ist die Differenz, die sich aus dem tatsächlichen Stromverbrauch und der gezahlten Monatspauschale ergibt just jene abzusetzende Ausgabe, die zur „Erzielung des Einkommens notwendig“ war. Hätte der Kläger nämlich nicht zuviel bezahlt, wäre es nicht zu diesem Guthaben gekommen.

Mit diesem Urteil wird nicht nur das (An)Sparverhalten Hartz IV-Betroffener ad absurdum geführt, sondern auch das Pauschal-Zahlsystem der Energieversorger. Gesetzt dem umgekehrten Fall, der Betroffene hätte monatlich zuwenig gezahlt, müsste die Summe der Nachzahlung ja auch erstmal angespart werden oder als unabwendbarer Bedarf als Darlehen durch den Leistungsträger vorgeschossen werden. (Sm, Keas, BSG 24.07.2009)

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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