Urteil: Neuer Hartz-IV-Antrag, neue Schonfrist für eine zu teure Wohnung

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LSG Celle: Kostensenkungsaufforderung gilt aber auch für Zukunft

Die Aufforderung des Jobcenters zur Senkung der Unterkunftskosten bleibt bei einer kurzen Beschäftigungszeit und erneuter anschließender Arbeitslosigkeit gültig. Wird dem Hartz-IV-Bezieher nach Aufnahme einer Beschäftigung in der Probezeit gekündigt und ist er erneut auf Arbeitslosengeld II angewiesen, muss ihm das Jobcenter gegebenenfalls aber eine erneute Frist zur Senkung der Unterkunftskosten einräumen, entschied das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen in Celle in einem am Montag, 20. August 2018, bekanntgegebenen Beschluss (Az.: L 11 AS 561/18 B ER).

Im konkreten Fall lebte ein 51-jähriger Mann aus Hannover nach dem Auszug von Frau und Kind allein in seiner 139 Quadratmeter großen Wohnung. Als er seine Beschäftigung im Online-Marketing verloren hatte und auch kein Arbeitslosengeld I mehr beanspruchen konnte, war er auf Hartz IV angewiesen.

Das zuständige Jobcenter hielt die große Wohnung für eine Person zum Bruttomietpreis von 849 Euro für unangemessen und forderte den Mann zur Senkung der Unterkunftskosten aus. Nach geltender Rechtsprechung haben Hartz-IV-Bezieher hierfür sechs Monate Zeit. Danach muss das Jobcenter nur noch die angemessenen Unterkunftskosten bezahlen.

Vor Ablauf der Sechs-Monatsfrist konnte der Mann einen Teil seiner Wohnung an eine Studentin zeitweise untervermieten. Auch eine neue Arbeitsstelle konnte er ergattern, so dass er aus dem Hartz-IV-Bezug herausfiel. Doch noch in der Probezeit wurde ihm gekündigt, so dass er erneut auf Hilfe vom Jobcenter angewiesen war.

Die Behörde wollte nun nur noch die angemessenen Unterkunftskosten bezahlen. Der Mann habe ja bereits vor seiner letzten Beschäftigung eine Kostensenkungsaufforderung erhalten. Diese gelte weiter fort. Der Sechs-Monats-Zeitraum, in dem die Behörde noch die zu hohen Unterkunftskosten übernimmt, sei abgelaufen.

Per Eilverfahren wollte der Hartz-IV-Bezieher das Jobcenter zur weiteren Übernahme der Unterkunftskosten verpflichten. Er habe wegen seiner Kündigung einen neuen Hartz-IV-Antrag stellen müssen, so dass die Behörde eine erneute Kostensenkungsaufforderung hätte verschicken müssen. Sie hätte ihm eine weitere Sechsmonatsfrist gewähren müssen.

Das LSG gab dem Mann in seinem Beschluss vom 27. Juli 2018 teilweise recht. Zwar habe die Aufforderung des Jobcenters, die Miete zu senken und der Hinweis, dass danach nur noch die angemessenen Unterkunftskosten übernommen werden könnten, auch für die Zukunft ihre „Warn- und Hinweisfunktion” behalten. Dem Hartz-IV-Bezieher seien die zu hohen Kosten seiner Wohnung bekannt gewesen. Je nach Einzelfall müsse aber gegebenenfalls eine erneute Frist zur Kostensenkung gesetzt werden.

Hier sei der Antragsteller davon ausgegangen, seine neue Arbeitsstelle behalten zu können. Nach seiner kurzfristigen Kündigung in der Probezeit müsse ihm für die Senkung der Unterkunftskosten daher ein weiterer zeitlicher Vorlauf für einen Umzug oder der Suche nach einem neuen Untermieter eingeräumt werden. Ausreichend sei hier eine Frist von drei Monaten.

Das Bayerische LSG hatte in einem anderen Fall am 12. August 2013 eine Schonfrist von fünf Monaten für angemessen gehalten, wenn der Leistungsbezieher zwischenzeitlich eine befristete Beschäftigung ausgeübt hat (Az.: L 7 AS 589/11).

Inwieweit bei erneuter Arbeitslosigkeit eine erneute Kostensenkungsaufforderung erforderlich ist, ist höchstrichterlich noch nicht entschieden. In einem früheren Beschluss vom 18. Mai 2009 hatte das LSG Celle entschieden, dass nach einer Unterbrechung des Leistungsbezugs von mehr als einem Jahr eine erneute Kostensenkungsaufforderung erforderlich ist (Az.: L 9 AS 529/09 B ER).

Nach einem Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 28. Juli 2016 dagegen ist dies selbst bei einer Hartz-IV-Unterbrechung von mehr als einem Jahr noch nicht zwingend (Az.: L 32 AS 1945/14). Dies hänge unter anderem davon ab, inwieweit der Hilfebedürftige bei Aufnahme der Beschäftigung davon ausgehen konnte, dass kein erneuter Leistungsbezug erforderlich sein wird, beispielsweise wenn er eine unbefristete Beschäftigung aufgenommen hat, aber in der Probezeit dennoch gekündigt wurde. fle/mwo/fle

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