Eltern aus anderen EU-Staaten können auch schon während ihrer ersten drei Aufenthaltsmonate in Deutschland Anspruch auf Kindergeld haben.
Nach einem am Montag, 1. August 2022, in Luxemburg verkündeten Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ist dies dann der Fall, wenn die Eltern sich dauerhaft hier niederlassen wollen (Az.: C‑411/20). Der 2019 eingeführte generelle Ausschluss ist danach nicht mit EU-Recht vereinbar.
Nach den sogenannten Freizügigkeitsrechten in der EU können sich EU-Bürger in jedem Mitgliedsstaat bis zu drei Monate aufhalten, insbesondere, um Arbeit zu suchen. Für die Aufenthaltsberechtigung reicht der Pass eines EU-Staates aus.
Bislang kein Anspruch auf Kindergeld
Deutschland zahlt EU-Bürgern während dieser drei Monate weder Sozialhilfe noch Hartz-IV-Leistungen. Seit Juli 2019 gilt zudem, dass Eltern in dieser Zeit keinen Anspruch auf Kindergeld haben.
Im Streitfall hatte eine Frau aus Bulgarien zwar noch keine Arbeit gefunden, hatte aber dennoch Kindergeld beantragt. Die Familienkasse Niedersachsen-Bremen verwies auf die deutschen Bestimmungen und lehnte den Antrag ab.
Das von der Mutter angerufene Finanzgericht (FG) Bremen legte den Streit dem EuGH vor. Es verwies auf eine mögliche Ungleichbehandlung, weil deutsche Eltern, die von einem Auslandsaufenthalt zurückkehren, sofort Kindergeld erhalten, auch wenn sie noch kein Erwerbseinkommen haben.
EuGH: Ausschluss für drei Monate führt zu Ungleichbehandlung
Der EuGH bestätigte nun, dass hier eine unzulässige Ungleichbehandlung besteht. EU-Recht verlange eine weitgehende Gleichbehandlung von EU-Ausländern mit Inländern. Davon ausgenommen seien nur Sozialhilfeleistungen. Das Kindergeld gehöre dazu nicht. Denn es diene nicht der Sicherstellung des Lebensunterhalts, sondern dem Ausgleich von Familienlasten.
Voraussetzung für die Gleichbehandlung beim Kindergeld ist danach, dass die EU-Ausländer in Deutschland ihren „gewöhnlichen Aufenthalt“ begründet haben, sich also auf Dauer hier niederlassen wollen. Ein nur vorübergehender Aufenthalt reiche nicht aus, betonten die Luxemburger Richter.
Änderungen beim Anspruch auf Kindergeld erwartet
Für die Zukunft könnte Deutschland die gerügte Ungleichbehandlung wohl auch dadurch beseitigen, dass auch Deutsche nach einem Auslandsaufenthalt das Kindergeld in den ersten drei Monaten nicht bedingungslos bekommen. mwo/fle
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