Ziehen Bürgergeld-Empfänger während der Karenzzeit ohne Zusicherung des Jobcenters in eine noch teurere Wohnung, erhalten sie vom Jobcenter nur noch die aus Sicht des Jobcenters angemessenen Mietkosten (§ 22 Abs. 4 Satz 1 u. Satz 2 SGB II). Denn grundsätzlich entfällt mit einem Umzug innerhalb der Karenzzeit deren Schutzzweck.
Inhaltsverzeichnis
Leistungsempfänger dürfen nicht jede beliebige Wohnung anmieten
Bürgergeldbezieher können während der Karenzzeit – nicht jede beliebige Wohnung nach Größe und Preis anmieten, um diese Kosten denn als Bedarf vom Jobcenter beanspruchen zu können.
Dass der Gesetzgeber innerhalb der Karenzzeit nicht unangemessenen Wohnraum für alle finanzieren wollte oder will, hat er jedenfalls damit deutlich gemacht, dass nach § 22 Abs. 4 Satz 2 SGB II innerhalb der Karenzzeit nach einem Umzug höhere als angemessene KdUH Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt werden, wenn das zuständige JobCenter die Anerkennung vorab zugesichert hat.
Aktuelle Grundsatzentscheidung
Zieht eine Bürgergeld- Familie trotz erforderlichem Umzug in Kenntnis ihrer unangemessen Unterkunft während der Karenzzeit in eine noch teurere Wohnung – ohne vorab beim Jobcenter die Zusicherung beantragt zu haben ( § 22 Abs. 4 Satz 1 SGB II ), kommt ihnen das richtig teuer zu stehen.
Jobcenter senkt Mietkosten um 600,00 Euro monatlich ab
Hier wurden die Mietkosten der neuen Wohnung von monatlich 1600 € abgesenkt auf knapp 1000 €.
Der Einwand der Hilfesuchenden, sie verlieren aufgrund des angespannten Wohnungsmarktes sonst die neue Wohnung und das Jobcenter müsse deshalb die tatsächlichen Mietkosten übernehmen, wurde vom Gericht nicht erhört.
Im Gegenteil:
Monatlich muss jetzt die Familie mit SGB 2 – Bezug rund 600 € AUS EIGENER TASCHE für ihre Wohnung bezahlen.
Karenzzeit soll Härtefalle abfedern und nicht kostenaufwendige Mietwohnungen finanzieren
Die Folgen ihres Umzugs, ohne vorab die Zusicherung beim Jobcenter einzuholen, muss die Bürgergeld- Familie jetzt ganz alleine tragen, denn die Karenzzeit wurde nur geschaffen, um Härtefälle und Notlagen abzufedern, aber nicht um kostenaufwendige Mietkosten zu gewähren.
Grundsätzlich entfällt mit einem Umzug innerhalb der Karenzzeit deren Schutzzweck
Bürgergeldbezieher können während der Karenzzeit – nicht jede beliebige Wohnung nach Größe und Preis anmieten, um diese Kosten denn als Bedarf vom Jobcenter beanspruchen zu können.
Zieht eine Bürgergeld – Familie trotz erforderlichen Umzugs während der Karenzzeit in Kenntnis von ihrer – unangemessenen Mietunterkunft in eine noch teurere Wohnung, ohne aber die Zusicherung beim Jobcenter beantragt zu haben, zahlt das Jobcenter Leistungsempfängern von Bürgergeld- nur noch die angemessenen Unterkunftskosten.
Jobcenter muss auch nicht die alten bisherigen Mietkosten gewähren
Aufgrund der Erforderlichkeit des Umzugs, die hier zu bejahen sein dürfte , kommt entgegen dem Vorbringen der Hilfebedürftigen auch die – Berücksichtigung des bisherigen tatsächlichen KdUH-Bedarfs nach § 22 Abs. 1 Satz 6 SGB II – nicht in Betracht.
Denn diese Regelung ( § 22 Abs. 1 Satz 6 SGB II – Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt) findet im Übrigen ohnehin nur bei Auszug eines Leistungsberechtigten aus einer kostenangemessenen in eine grundsätzlich immer noch angemessene, aber teurere Wohnung Anwendung ( vgl auch zur inhaltsgleichen Vorgängervorschrift des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II: BSG, Urteil vom 17. Februar 2016 – B 4 AS 12/15 R – ).
Fazit
Wer indes Fakten schafft und in Kenntnis der zu hohen Kosten gleichwohl eine zu teure Wohnung anmietet, kann sich deshalb nicht darauf berufen, er – verliere – gegebenenfalls diese neue Wohnung, wenn das Jobcenter die Kosten dafür nicht in voller Höhe übernehmen würde.
Die Folgen eines derartigen Verhaltens hat dann grundsätzlich nicht die Allgemeinheit, sondern der oder die Betroffene Empfängerin von Bürgergeld-Leistungen – selbst zu tragen.
So knallhart eine aktuelle höchstrichterliche Gerichtsentscheidung zu den Unterkunftskosten für Bürgergeldbezieher.
Was wollte der Gesetzgeber damit erreichen?
Dass der Gesetzgeber innerhalb der Karenzzeit nicht – unangemessenen Wohnraum für alle – finanzieren wollte oder will, hat er jedenfalls damit deutlich gemacht, dass nach § 22 Abs. 4 Satz 2 SGB II innerhalb der Karenzzeit nach einem Umzug höhere als angemessene KdUH Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt werden, wenn der zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat.
Mit dieser Norm reagierte der Gesetzgeber auf die uneinheitliche Rechtsprechung zu der pandemiebedingten Sonderregelung des § 67 Abs. 3 SGB II.
Aber es gilt: Grundsätzlich entfällt aber mit einem Umzug innerhalb der Karenzzeit deren Schutzzweck.
Denn wird vor dem Umzug keine Zusicherung eingeholt, ist die Anerkennung daher auf die angemessenen Kosten begrenzt. Die Regelung soll Mehrkosten durch Umzüge vermeiden, die unter Ausnutzung der Regelungen zur Karenzzeit erfolgen.
In der Karenzzeit jede Wohnung zu jedem Preis anmieten zu können und gegebenenfalls dafür sogar noch Umzugs- und weitere Folgekosten beanspruchen zu können – will der Gesetzgeber damit verhindern
Das gegenteilige Ergebnis, das zur Folge hätte, dass jeder – auch derjenige, der bereits eine Wohnung zu angemessenen Kosten innehat – in der Karenzzeit jede Wohnung zu jedem Preis anmieten könnte und gegebenfalls dafür sogar noch Umzugs- und weitere Folgekosten beanspruchen könnte, widerspräche dem gesetzgeberischen Willen.
Mein Rat für alle Bürgergeld- Bezieher
Beabsichtigen Sie während der Karenzzeit einen Umzug, sprechen sie vorher mit ihrem Jobcenter und beantragen sie vor ihrem Umzug vorab eine Zusicherung für ihren Umzug ( § 22 Abs. 4 Satz 3 SGB II ).
Holen Sie sich Rat bei Sachverständigen ein, was sie dürfen, was ist erlaubt. Auch bei gegen-hartz.de kann man nachfragen, denn dort sitzen Experten zum Sozialrecht
Persönliche Anmerkung
Dies ist die 1. höchstrichterliche Entscheidung für Bürgergeld – Bezieher zum Umzug während der Karenzzeit 2024/2025.
Mit der – neuen Grundsicherung – zum SGB II plant der Gesetzgeber jawohl, dass der Leistungsberechtigte, der von Anfang an in einer zu teureren Wohnung lebt, sofort ausziehen soll, die Karenzzeit soll entfallen.
Für mich als Sozialrechtsexperte bleiben da viele Fragen noch ungeklärt, wie zum Bsp.:
1. Ab welcher Kostensteigerung soll die Wohnung als zu teuer gelten 10%, 20% oder gar mehr
2. Wenn der Gesetzgeber für solche Fälle den sofortigen Auszug plant, dann muss das Jobcenter nicht nur die Folgekosten wie Umzugskosten, Auszugsrenovierung, Mietkaution oder Einzugsrenovierungskosten übernehmen, sondern wohl möglich auch eine angemessene Unterkunft benennen, denn der Wohnungsmarkt ist eng und begrenzt?
Was passiert denn,wenn kein Wohnraum vorhanden ist?
3. Eine Alleinerziehende Mutter mit minderjährigen Kindern, wo die Mutter vielleicht noch eine Maßnahme durchläuft oder in Teilzeit arbeitet, kann man nicht einfach mal von Berlin Charlottenburg nach Marzahn verpflanzen, denn was ist mit Betreuungsmöglichkeiten für die Kinder, die Mütter könnte ihre Arbeit verlieren, dass will der Gesetzgeber aber auch nicht.
4. Das Ganze ist nach meiner Meinung ein – Schnellschuss – und ist nicht gut durchdacht, denn nach der Rechtsprechung des 4. und 7. Senats des Bundessozialgerichts zu den Unterkunftskosten zählt immer der – Einzelfall mit seinen Besonderheiten wie Alleinerziehung,Behinderte, Pflegebedürftige oder Schulwechsel der Kinder (Aufzählung ist nicht abschließend ).