Bürgergeld: Übernahme der Mietkosten abgelehnt – trotz drohender Wohnunglosigkeit

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Das Hessische Landessozialgericht entschied: Eine selbständige Immobilienmaklerin, die mit Bürgergeld aufstocken muss, hat keinen Anspruch auf Erteilung der Zusicherung für eine neue nicht angemessene Wohnung – trotz anstehender Zwangsräumung (AZ: L 7 AS 131/24 B ER).

Die Begründung lautete: “Die Zwangsräumung der derzeit bewohnten Wohnung begründet zwar die Eilbedürftigkeit, nicht aber ein Anordnungsanspruch gegen den Antragsgegner. Zwar ist der Schutz der Wohnung auch in Form des Behalts der Wohnung verfassungsrechtlich beachtlich, allerdings kann die drohende Wohnungslosigkeit keinen unbegrenzten Kostenübernahmeanspruch gegen den Antragsgegner begründen.”

Worum ging es?

Die selbstständige Immobilienmaklerin beantragte im Wege einstweiligen Rechtsschutzes eine Zusicherung der Mietkostenübernahme vom Jobcenter für eine neue Wohnung. In Ihrer derzeitigen Mietwohnung konnte Sie nicht bleiben, denn der Vermieter hatte Ihr wegen Mietrückständen außerordentlich gekündigt.

Sie bezieht seit 2023 Leistungen des Bürgergeldes.

Nach mehreren besichtigten Wohnungen, deren Übernahme der Mietkosten das Jobcenter ablehnte, fand die Betroffene im Februar 2024 eine Wohnung mit Grundmiete 691,45 Euro. Dem Jobcenter war das zu teuer. Es lehnte eine Übernahme der Kosten ab.

Widerspruch und Rechtsschutz

Der Anwalt der Betroffenen der Betroffenen legte Widerspruch beim Jobcenter ein, und sie selbst stellte beim Sozialgericht Frankfurt am Main einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz.

Diesen begründete sie damit, dass die Räumfrist nicht verlängert worden sei, und sie keine weitere Möglichkeit habe, eine andere Unterkunft zu finden oder vorübergehend unterzukommen.

Das Jobcenter argumentierte dementgegen, die Wohnung sei für eine Person unangemessen groß und für die Wohnungsgröße auch noch unangemessen teuer.

Die Zwangsräumung war für den 16. April festgesetzt. Trotzdem lehnte das Sozialgericht den Antrag der Betroffenen als unbegründet ab. Sie habe keinen Anspruch auf eine Zusicherung der Bezahlung der Aufwendungen, da diese für die neue Unterkunft nicht angemssen seien, weder abstrakt noch konkret.

Landessozialgericht lehnt Antrag ab

Auch das Landessozialgericht Hessen lehnte den Antrag der Betroffen auf Zusicherung der Übernahme der Aufwendungen für die neue Wohnung ab. Es verwies zwar auf ein einschlägiges Urteil, dass die Dringlichkeit des Handelns betonte:

“(So) begründet der angesetzte Räumungstermin eine besondere Dringlichkeit einer gerichtlichen Regelung im Eilverfahren (Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, AZ: L 13 AS 185/23 B ER –, Rn. 26, juris)”

Mehr Argumente gegen einen Anordnungsanspruch

Das Landessozialgericht sah mehr Argumente dagegen, eine Übernahme durch das Jobcenter anzuordnen als dafür.

Besondere Vertrautheit mit dem Wohnungsmarkt bei wenig Wohnungssuche

Zum einen sei die Antragstellerin als selbstständige Immobilienmaklerin mit dem Immobilienmarkt besonders vertraut und es werde davon ausgegangen, dass nsie über besondere Branchenkenntnisse und Konatke verfüge.

Dem Jobcenter sei zuzustimmen, dass nicht ersichtlich sei, dass die Betroffene intensiv nach Wohnungen gesucht habe. Trotz einer bereits im Februar 2023 ausgesprochenen Kündigung habe sie nur drei Wohnungsangebote vorgelegt, die sämtlich die angemessene Wohngröße überschritten hätten.

“Es droht keine Obdachlosigkeit

Die anstehende Zwangsräumung begründe zwar eine Eilbedürftigkeit, nicht aber einen Anordnungsanspruch gegenüber dem Jobcenters: “die drohende Wohnungslosigkeit (…) kann keinen unbegrenzten Kostenübernahmeanspruch gegen den Antragsgegner begründen.”

Die Betroffene sei von Wohnungslosigkeit bedroht, nicht aber von Obdachlosigkeit. Die zuständige Behörde sei über den drohenden Wohungsverlust informiert, und es bestünde ein Einweisungsanspruch.

Hinweis von Tacheles e.V.: Die Zwangsräumung der derzeit bewohnten Wohnung begründet zwar die Eilbedürftigkeit, nicht aber ein Anordnungsanspruch gegen das Jobcenter, denn die neue Unterkunft ist nicht angemessen i. S. d. § 22 Abs. 1 SGB 2.