Wegen umständlicher Anträge werden 10 Milliarden Euro Grundsicherung im Alter nicht abgerufen

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Wegen Niedriglöhnen und geringem Rentenniveau waren 2020 etwa 560.000 Senioren, 315.000 von ihnen Frauen, die unterhalb der Armutsgrenze lebten, auf die Grundsicherung im Alter angewiesen. Doch wegen umständlicher Anträge werden 10 Milliarden Euro Grundsicherung im Alter jedes Jahr gar nicht abgerufen.

Nur die Hälfte der Grundsicherung im Alter kommt bei Rentnern an

Nur die Hälfte der möglichen Grundsicherung wird jährlich abgerufen. Das zeigt eine Studie des ifo Instituts, die im Auftrag der Stiftung Grundeinkommen erstellt wurde. Das ist eine Gesamtsumme von 6 bis 10 Milliarden Euro im Jahr.

Grund dafür sei die unnötig komplizierte Beantragung. Es gibt 175 Bestimmungen zur Grundsicherung. Anträge können bis zu 200 Seiten umfassen. Kein Wunder also, dass 40 Prozent der Berechtigten die Grundsicherung im Alter gar nicht in Anspruch nehmen.

Studienleiter Peichel fordert daher eine grundsätzliche Überarbeitung des Systems und eine Vereinheitlichung durch automatisierte Einkommens- und Vermögensprüfung.

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Mindestlohn reicht nicht für Rente auf Grundsicherungsniveau

Eine Anfrage der Linken an die Bundesregierung hat ergeben, dass nach aktuellem Berechnungsstand bei 45 jahren Vollarbeitszeit ein Stundenlohn von 12,21 Euro nötig wäre, um eine Nettorente von 835 Euro zu erhalten, die der durchschnittlichen Bewilligung an Grundsicherung im Alter entspricht. Rein rechnerisch läge der nötige Stundenlohn durch die 2021 eingeführte Grundrente bei 7,27 Euro – doch entgegen des Namens hat bei weitem nicht jeder Anspruch auf die Grundrente.

Wer einen relevanten Anspruch auf Grundrente hat, kann sich darüber freuen, dass es einen Freibetrag von 223 Euro gibt, der nicht auf die Grundsicherung angerechnet wird. Die so möglicherweise erzielte Rente von 1.059 Euro würde regulär durch einen Stundenlohn von 14,37 Euro erzielt werden. Der aktuelle Mindestlohn von 9,50 Euro schützt also keineswegs vor Altersarmut und von der Grundrente profitieren viele überhaupt nicht.

Bild: Zadvornov / AdobeStock

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