Eine wachsende Zahl an Berufstätigen wünscht sich, den Ruhestand vor dem 67. Lebensjahr zu beginnen. Dieser Wunsch ist verständlich: Viele möchten mehr Zeit für Familie, Reisen oder ehrenamtliches Engagement. Doch welche Optionen für eine frühere Rente sind legal und realistisch?
Dieser Beitrag gibt einen Überblick über sieben erprobte Wege. Er zeigt, wie Sie früher aufhören können und welche Vorteile sich daraus ergeben.
Inhaltsverzeichnis
Strategie 1: Früh in Rente gehen und trotzdem weiterarbeiten
Seit 2023 gibt es keine feste Hinzuverdienstgrenze mehr. Dieses Instrument ermöglicht es, den Rentenbezug zu starten und gleichzeitig erwerbstätig zu bleiben.
Vorgehen: Sie beantragen eine vorgezogene Rente (möglich ab 63 bei mindestens 35 Beitragsjahren) und akzeptieren den Abschlag auf Ihre monatliche Rentenhöhe. Dann gehen Sie weiterhin Ihrer Beschäftigung nach oder suchen sich eine andere Stelle.
Vorteil: Durch die zusätzliche Einnahme aus dem Job plus der verringerten Rente erhalten Sie mehr verfügbares Einkommen in den Jahren vor 67. Außerdem sammeln Sie weiter Rentenpunkte, was Ihren Abschlag zumindest teilweise kompensieren kann.
Ein Beispiel zeigt den Nutzen: Angenommen, jemand hätte regulär mit 67 eine monatliche Bruttorente von 1.500 Euro. Wer vier Jahre früher startet, muss 14,4 Prozent Abschlag hinnehmen (monatlich etwa 216 Euro weniger). Dafür fließen aber schon ab 63 über 1.200 Euro zusätzlich jeden Monat. Somit summiert sich in vier Jahren ein hoher Betrag, der früher verfügbar ist und investiert oder konsumiert werden kann.
Strategie 2: Zukauf von Rentenpunkten
Ab dem 50. Lebensjahr dürfen Versicherte in Deutschland freiwillig Beiträge einzahlen und somit ihre künftige Rente erhöhen. Diese Option gleicht Abschläge aus oder steigert das persönliche Rentenniveau. Ein Rentenpunkt kostet derzeit rund 9.300 Euro. Jeder Punkt erhöht die monatliche Rente um rund 39 Euro.
Rechenbeispiel: Mit einem gekauften Punkt kommt man pro Jahr auf etwa 470 Euro zusätzlich. Um den Kaufpreis zu amortisieren, müsste man die Rente rund 20 Jahre lang beziehen.
Einschätzung: Wer noch Zeit bis zum Ruhestand hat, kann statt in Rentenpunkte eher in breit gestreute Fonds oder ETFs investieren. Das bringt oft höhere Renditen und bleibt flexibel. Wer jedoch auf den steuerlichen Vorteil setzt und an die Sicherheit des Systems glaubt, findet hier eine Option zur Aufbesserung des Rentenanspruchs.
Strategie 3: Private Vermögensbildung
Eine eigenständige Kapitalanlage ist ein bewährter Hebel, um frühzeitig finanziell abgesichert zu sein. Studien zur langfristigen Wertentwicklung von breit gestreuten Aktienfonds sprechen von durchschnittlich 8 bis 10 Prozent Rendite pro Jahr.
Umsetzung: Ein monatlicher Sparplan in ETFs oder anderen Fonds bewirkt einen stetig steigenden Kapitalstock.
Konkretes Beispiel: Wer 300 Euro pro Monat über 35 Jahre anlegt und im Schnitt 8 Prozent Rendite erzielt, kann ein Vermögen von rund 650.000 Euro aufbauen. Ein großer Teil davon stammt aus dem Zinseszinseffekt. Dieses Kapital ermöglicht es, den Ruhestand flexibel zu gestalten. Die gesetzliche Rente wird dann eher zur Grundabsicherung.
Privates Sparen sichert Handlungsfreiheit. Sie können bereits mit Mitte 50 entscheiden, ob Sie beruflich kürzertreten und die restlichen Jahre über Ersparnisse und Erträge finanzieren möchten.
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Strategie 4: Das Arbeitslosengeld als Zwischenlösung
Nach einer gewissen Berufsdauer steht vielen Arbeitnehmern das Arbeitslosengeld I (ALG I) zu. Wer beispielsweise mit 58 arbeitslos wird, kann bis zu 24 Monate ALG I erhalten. Das überbrückt die Zeit bis zum vorgezogenen Renteneintritt.
Wichtige Details:
- Eine „Eigenkündigung“ führt zu einer Sperrzeit.
- Wird man hingegen regulär entlassen, bleibt der volle Anspruch bestehen.
Praxisbeispiel: Jemand verliert mit 61 die Stelle. Er oder sie bezieht zwei Jahre ALG I und wechselt dann mit 63 Jahren in die Frührente, eventuell mit Abschlägen. So spart man sich den finanziellen Engpass und muss nicht ohne Einkommen überbrücken.
Strategie 5: Spezialregelung für besonders langjährig Versicherte
Wer 45 Beitragsjahre geleistet hat, gilt als „besonders langjährig versichert“. Diese Gruppe kann zwei Jahre früher, also mit 65, eine abschlagsfreie Rente beantragen. Diese Variante zielt vor allem auf Personen mit durchgehendem Erwerbsleben ab.
Wichtiger Hinweis:
Es ist nicht möglich, diese Regelung mit der Rente ab 63 zu kombinieren. Das bedeutet: Wer zwar 45 Beitragsjahre hat, sich aber schon mit 63 zur Ruhe setzt, erhält trotzdem den vollen Abschlag von 14,4 Prozent. Die Chance auf eine abschlagsfreie Rente besteht nur, wenn man bis 65 durchhält.
Strategie 6: Abschläge nüchtern bewerten
Viele fürchten den lebenslangen Abschlag auf die gesetzliche Rente. Doch oft lohnt es sich, genau nachzurechnen.
Erklärung: Wer früher aufhört, erhält weniger Geld pro Monat, hat aber mehr Lebensjahre im Ruhestand. Der Ausgleichszeitraum kann sehr lang sein, je nachdem wie alt man wird.
Beispiel: Eine Person, die vier Jahre früher in Rente geht, verzichtet vielleicht auf 216 Euro monatlich. Gleichzeitig fließen schon ab dem 63. Lebensjahr mehr als 1.200 Euro im Monat. Um die Summe aus vier Jahren Rentenbezug allein durch den Abschlag wieder „aufzuholen“, müsste man weit über das 80. Lebensjahr hinaus eine volle Rente beziehen. Manchen Menschen ist der Zeitgewinn wichtiger als die maximal mögliche Rente mit 67.
Strategie 7: Rentenkonto frühzeitig checken
Ein formeller Rentenkonten-Abgleich bei der Deutschen Rentenversicherung schützt vor späteren Überraschungen. Insbesondere Zeiten wie Kindererziehungsjahre, Pflegezeiten oder Phasen in Teilzeit werden gelegentlich nicht automatisch richtig verbucht.
Tipp: Schon einige Jahre vor dem gewünschten Ruhestandsdatum sollten Versicherte eine „Kontenklärung“ beantragen. Damit lassen sich Fehlbuchungen rechtzeitig korrigieren.