Immer mehr Menschen in Deutschland nutzen die Möglichkeit, freiwillige Sonderzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung zu leisten, um Abschläge bei einem früheren Renteneintritt auszugleichen.
Doch lohnt sich diese Investition im Jahr 2025 noch – oder gibt es bessere Alternativen? Der folgende Beitrag analysiert Zahlen, Bedingungen und Fallstricke. Ziel: eine fundierte Entscheidungshilfe für Versicherte ab 50 Jahren.
Inhaltsverzeichnis
Abschläge bei früherem Renteneintritt: Das Problem – und eine mögliche Lösung
Wer vor der gesetzlich vorgesehenen Regelaltersgrenze in den Ruhestand gehen möchte, muss Rentenkürzungen in Kauf nehmen. Beispiel: Versicherte der Jahrgänge ab 1964, die bereits mit 63 Jahren in Rente gehen wollen, verlieren dauerhaft 14,4 % ihrer monatlichen Rente.
Um diesen Verlust zu vermeiden, erlaubt die Deutsche Rentenversicherung freiwillige Einzahlungen, die sogenannte Ausgleichszahlung für Rentenabschläge. Wer frühzeitig zahlt, kann sich seine Rente „freikaufen“ – in gesetzlich geregeltem Umfang.
Voraussetzungen: Wer darf Ausgleichszahlungen leisten?
Grundsätzlich kann jeder eine solche Ausgleichszahlung vornehmen, wenn:
- er oder sie mindestens 50 Jahre alt ist und
- die Mindestversicherungszeit von 35 Jahren bis zur geplanten Rente erfüllt oder erfüllbar ist.
Zur Berechnung der maximal möglichen Summe muss eine besondere Rentenauskunft bei der Deutschen Rentenversicherung beantragt werden. Diese gibt nicht nur die maximal zulässige Einzahlung an, sondern zeigt auch, wie stark die spätere Rente dadurch steigen würde.
Wie teuer ist der „Freikauf“ der Rente?
Die Kosten für eine Ausgleichszahlung richten sich nach der Höhe des auszugleichenden Abschlags und dem individuellen Rentenanspruch. Schnell kommen hier Beträge zwischen 50.000 und 70.000 € zusammen – bei höheren Rentenansprüchen auch deutlich mehr.
Beispielrechnung 2025:
Für 10.000 € Einzahlung gibt es derzeit etwa 1,2042 Entgeltpunkte (Stand: aktueller Rentenwert West liegt bei 38,14 € seit 1. Juli 2025).
Ein Entgeltpunkt erhöht die monatliche Bruttorente damit um 38,14 €.
10.000 € bewirken eine Monatsrente von 45,91 € mehr, was 550,92 € jährlich entspricht – vor Steuern und Sozialabgaben.
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Wie viel bleibt nach Abzügen netto übrig?
Von der höheren Bruttorente gehen bei gesetzlich versicherten Rentnern rund 11,7 % an Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen ab. Das reduziert die jährliche Mehr-Rente auf:
- ca. 486 € netto jährlich (nach Abzug der Sozialabgaben)
Berücksichtigt man zusätzlich eine moderate Steuerbelastung – je nach Gesamteinkommen im Ruhestand – bleiben realistisch etwa 400–440 € pro Jahr an Nettorentenplan übrig.
Ergebnis: Wer 10.000 € investiert, muss mindestens 23 bis 25 Jahre Rente beziehen, um die Einzahlung vollständig zurückzuerhalten.
Privatversichert? Dann lohnt sich die Zahlung schneller
Für privat krankenversicherte Rentnerinnen und Rentner ist die Rechnung oft günstiger:
Auf die Zusatzrente fallen keine gesetzlichen Sozialabgaben an.
Zusätzlich erhalten sie von der Rentenversicherung einen Zuschuss zur PKV (2025: 8,15 %, maximal die Hälfte des PKV-Beitrags).
Die gleiche Einzahlung von 10.000 € führt damit zu einem Netto-Mehrwert von rund 505 € pro Jahr. Der Amortisationszeitraum reduziert sich auf etwa 20 Jahre.
Steuerliche Absetzbarkeit: Das Finanzamt beteiligt sich
Ein großer Vorteil der Ausgleichszahlung liegt in der steuerlichen Wirkung. Die Einzahlung kann als Sonderausgabe im Rahmen der Altersvorsorgeaufwendungen geltend gemacht werden.
Höchstbetrag 2025:
- Für Alleinstehende: 27.565 € pro Jahr
- Für Verheiratete: 55.130 €
Allerdings gilt dieser Höchstbetrag für alle Vorsorgeaufwendungen gemeinsam – auch Beiträge zur gesetzlichen Rente, Riester oder Rürup zählen mit. Wer größere Summen einzahlen will, sollte die Zahlung über mehrere Jahre strecken, um die steuerliche Wirkung zu maximieren.
Zwei Fallbeispiele zur Steuerwirkung
Fall 1: 25.000 € Jahreseinkommen (alleinstehend)
→ 10.000 € Einzahlung senken das zu versteuernde Einkommen auf 15.000 €.
→ Steuerersparnis: ca. 2.520 €
→ Effektive Nettozahlung: 7.480 €
Fall 2: 70.000 € Jahreseinkommen (alleinstehend)
→ Steuerersparnis: ca. 4.150 €
→ Effektive Nettozahlung: 5.850 €
Je höher das Einkommen – desto größer der steuerliche Vorteil.
Höhere Rente = höhere Steuerlast im Alter
Der steuerliche Vorteil beim Einzahlen wird im Ruhestand teilweise wieder aufgehoben: Denn die Renten sind steuerpflichtig. Wer durch Ausgleichszahlung mehr Rente erhält, zahlt künftig auch mehr Steuern.
Konkrete Auswirkungen 2025:
- Bei 1.600 € monatlicher Bruttorente: rund 60–70 € mehr Steuern jährlich
- Bei 2.000 € Bruttorente: ca. 80–90 € zusätzliche Steuerlast
Real verbleiben von den anfangs erwähnten 486 € dann netto oft nur noch 340–400 € jährlich.
Rentenanpassung als Renditebooster
Nicht zu unterschätzen: Die Zusatzrente durch Ausgleichszahlung steigt mit jeder Rentenanpassung automatisch mit. Selbst bei nur 1,5–2 % Anpassung jährlich erhöht sich die Netto-Zusatzrente innerhalb von 10 Jahren spürbar.
Beispiel:
Anfangsrente: 400 € netto jährlich
Nach 10 Jahren (bei 2 % Anpassung): etwa 488 € netto jährlich
Diese Dynamik kann die Rendite langfristig deutlich verbessern – besonders bei einem langen Leben.
Kapitalmarkt vs. Rentenkasse: Was ist sicherer?
Geld alternativ in ETF, Immobilien oder private Rentenversicherungen zu stecken, ist grundsätzlich möglich – oft auch renditestärker. Aber:
- Die gesetzliche Rentenversicherung bietet eine staatlich garantierte lebenslange Zahlung.
- Kapitalverluste sind ausgeschlossen.
- Rentenanpassungen und Hinterbliebenenschutz sind inklusive.
Das macht die Ausgleichszahlung besonders für Menschen interessant, die keine Risiko-Anlage suchen, sondern planbare Einnahmen bis zum Lebensende.
Auch für Witwen und Witwer relevant
Ein oft übersehener Aspekt: Stirbt der Versicherte, erhöht die Ausgleichszahlung auch die Witwen oder Witwerrente – sofern diese gezahlt wird. Denn die Grundlage für die Berechnung ist die ursprüngliche Altersrente.
Wichtig: Wer bereits eine Hinterbliebenenrente erhält und zusätzlich eigene Ausgleichszahlungen leistet, kann unter Umständen seine Witwenrente verlieren oder verringern, weil das Gesamteinkommen steigt. Hier ist eine sorgfältige Prüfung ratsam.
Für wen lohnt sich die Ausgleichszahlung?
Die Ausgleichszahlung ist keine Geldanlage mit Spitzenrendite – aber eine sichere und steuerlich geförderte Form der Altersvorsorge mit staatlicher Garantie. Sie lohnt sich besonders für:
- Menschen mit hohem Einkommen (wegen Steuerersparnis)
- Personen mit hoher Lebenserwartung
- Privatversicherte Rentner
Weniger attraktiv ist sie für alle, die:
- lieber flexibel über ihr Vermögen verfügen möchten
- nur geringe Steuerersparnisse erzielen
- ohnehin keine frühere Rente planen
Am Ende gilt: Die Entscheidung ist hochindividuell. Wer sich nicht sicher ist, sollte sich von der Rentenversicherung beraten lassen – oder zusätzlich einen Steuerberater hinzuziehen.