Ende 2023 registrierte das Statistische Bundesamt knapp 5,7 Millionen pflegeยญbedรผrftige Menschen โ so viele wie nie zuvor. Vier von fรผnf werden zu Hause versorgt, meist von Angehรถrigen. Das verdeutlicht, dass Pflege lรคngst kein Randthema mehr ist, sondern den Alltag von Millionen Familien prรคgt.
Wenn das Wohnzimmer zum Pflegezimmer wird
Pflege in den eigenen vier Wรคnden bedeutet Nรคhe und Vertrautheit, aber auch eine dauerhafte Doppelbelastung. Wer Eltern, Partner oder Kinder versorgt, jongliert Termine, Medikamente und Bรผrokratie โ oft neben Beruf und eigenen gesundheitlichen Einschrรคnkungen.
Die Folge sind รberlastung, finanzielle Einbuรen und nicht selten Altersยญarmut, weil Pflegezeiten auf die Erwerbsbiografie drรผcken.
Familienpflegegeld 2025: Lohnersatz statt Liebesdienst
Die Bundesregierung will diese Lรผcke schlieรen und plant ab 2025 ein Familienยญpflegegeld. Vorgesehen sind bis zu 1 800 Euro im Monat, mindestens jedoch 300 Euro, orientiert an 65 Prozent des letzten Nettoยญeinkommens.
Auch Rentnerinnen und Rentner, die einen Angehรถrigen versorgen, sollen Anspruch haben. Inhaltlich lehnt sich das Modell an das Elterngeld an und macht familiรคre Pflege erstmals zu einer eigenstรคndigen, entlohnten Leistung.
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Politische Absicht โ offene Fragen
Noch steht das Familienpflegegeld nur als Prรผfauftrag im Koalitionsvertrag. Die Ampel-Nachfolgerยญkoalition aus CDU, CSU und SPD hat zwar angekรผndigt, pflegende Angehรถrige zu entlasten, nennt aber weder Gesetzestext noch Haushaltstitel. Sozialยญverbรคnde begrรผรen den Plan, mahnen aber, dass der Erfolg an einer auskรถmmlichen Finanzierung hรคngen wird.
Pflegereform 2025: Mehr Geld, weniger Hรผrden
Unabhรคngig vom Familienpflegegeld trat am 1. Januar 2025 eine automatische Leistungsยญanpassung um 4,5 Prozent in Kraft. Das Pflegegeld fรผr Menschen mit Pflegegrad 2 steigt damit von 332 auf 347 Euro monatlich; die Pflegesachยญleistungen bei Pflegegrad 3 klettern von 1 432 auf 1 497 Euro. Auch der Entlastungsbetrag wรคchst, wenn auch moderat, von 125 auf 131 Euro.
Fรผr Verbrauchsยญhilfsmittel werden jetzt bis zu 42 Euro monatlich erstattet.
Rente und Pflege: Punkte, die sich auszahlen
Pflegezeiten zรคhlen bereits zur gesetzlichen Rente, doch ab 2025 greifen drei Neuerungen: Erstens werden selbst kurze Pflegephasen ab zehn Stunden pro Woche anerkannt.
Zweitens fรคllt die Unterscheidung zwischen Ost und West weg; die Berechnung erfolgt bundesweit einheitlich auf Basis einer Monatsยญbezugsgrรถรe von 3 745 Euro.
Drittens kรถnnen Vollrentenยญbezieher durch den Wechsel in eine 99,99-Prozent-Teilrente weiterhin Rentenยญbeitrรคge gutgeschrieben bekommen, solange sie pflegen.
Jahresbudget fรผr Auszeiten
Ab 1. Juli 2025 ersetzt ein gemeinsames Budget von 3 539 Euro die bislang getrennten Tรถpfe fรผr Verhinderungs- und Kurzzeitpflege. Der Anspruch gilt ab Pflegegrad 2, lรคsst sich flexibel einsetzen und verlangt nur noch einen einzigen Antrag.
Gleichzeitig verlรคngert sich die mรถgliche Ersatzpflege auf acht Wochen pro Jahr; die bisherige Wartezeit von sechs Monaten Heimยญpflege vor Erstยญanspruch entfรคllt. Wรคhrend einer Unterยญbrechung wird das Pflegegeld bis zu acht Wochen in halber Hรถhe weitergezahlt.
Was bedeutet das im Alltag?
Fรผr pflegende Angehรถrige erรถffnet die Reform ein Stรผck Planungssicherheit. Hรถhere laufende Leistungen verbessern die Liquiditรคt, das Jahresbudget ermรถglicht echte Auszeiten ohne Rechenakrobatik, und zusรคtzliche Rentenpunkte verringern das Risiko spรคterer Altersยญarmut.
Allerdings bleiben Pflegende trotz neuer Ansprรผche gefordert, Formulare korrekt auszufรผllen โ und sie brauchen ausreichend regionale Angebote, um Budgets tatsรคchlich nutzen zu kรถnnen.
Offene Baustellen
Die zentrale Frage lautet, ob das Familienpflegegeld finanziell hinterlegt wird oder in der Haushaltsdiskussion hรคngenbleibt. Parallel warnen Pflegekassen vor einer Schere zwischen steigenden Leistungen und stagnierenden Einnahmen.
Eine nachhaltige Finanzierungsstrategie bleibt der Politik ebenso geschuldet wie der Ausbau ambulanter Dienste, ohne die selbst groรzรผgige Budgets ins Leere laufen.
Fazit
Die Pflegereform 2025 ist kein groรer Wurf, aber ein klarer Schritt: Mehr Anerkennung, weniger Bรผrokratie und erstmals die Aussicht auf eine echte Lohnersatzยญleistung fรผr Angehรถrige.
Entscheidend wird sein, dass der Gesetzgeber Tempo macht und Kommunen sowie Pflegeยญkassen die Neuerungen praxistauglich umsetzen. Denn Pflege darf nicht lรคnger stillยญschweigend auf den Schultern der Familien lasten โ sie ist eine gesamtยญgesellschaftliche Aufgabe, die Respekt und handfeste Absicherung verdient.