Bürgergeld: Ohne Vorlage der Kontoauszüge keine Miete vom Jobcenter

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Das Sächsische Landessozialgericht (LSG) hat bestätigt, dass ein Bürgergeld-Bezieher keinen Anspruch auf eine höhere Kostenübernahme für seine neue Wohnung hat, solange er keinen akuten Engpass nachweist.

Entscheidend war, dass er ohne Zustimmung des Jobcenters umzog und weder Kontoauszüge noch andere Nachweise für eine existenzielle Notlage vorlegte (Beschl. v. 17. 06. 2025, L 3 AS 143/25 B ER).

Jobcenter strich Leistungen nach Umzug – so kam es zum Streit

Der 25Jährige lebte zunächst mit seiner Mutter in Y. und erhielt Bürgergeld für eine Bedarfsgemeinschaft. Zum 1. Januar 2025 unterschrieb er eigenständig einen Mietvertrag über eine 60,31 m²Wohnung im selben Haus. Die Warmmiete: 564,14 €.

Weil der Antragsteller die gesetzlich geforderte Zusicherung des Jobcenters (§ 22 Abs. 4 SGB II) nicht einholte, setzte die Behörde die Unterkunftskosten auf die lokale Obergrenze von 425,92 € herab und stellte die Zahlung im März vorläufig ein.

Nach Widerspruch bewilligte das Jobcenter Bürgergeld in Höhe von 988,92 € monatlich – jedoch weiter mit gedeckelten Mietkosten. Der Kläger beantragte daraufhin beim Sozialgericht Chemnitz eine einstweilige Anordnung für die Differenz von 138,22 € monatlich.

Dieses lehnte ab (Beschl. v. 07. 04. 2025, S 20 AS 263/25 ER). Gegen diesen Beschluss richtete sich seine Beschwerde vor dem LSG.

Warum das LSG den Eilantrag zurückwies

Das Gericht prüfte zwei Punkte (§ 86b Abs. 2 SGG):

  1. Anordnungsanspruch – besteht voraussichtlich ein materieller Anspruch auf höhere Leistungen?
  2. Anordnungsgrund – droht ohne sofortige Zahlung ein wesentlicher, irreparabler Nachteil?

Auch wenn der Anspruch offenbleibe, fehle es hier am Anordnungsgrund. Der Kläger habe trotz gerichtlicher Aufforderung keine Kontoauszüge vorgelegt und nicht dargelegt, dass er Miete oder Lebensunterhalt aktuell nicht bestreiten könne.

Nach ständiger Rechtsprechung reicht eine abstrakte Behauptung der Mittellosigkeit nicht aus (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27. 07. 2016 – 1 BvR 1241/16; LSG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 30. 03. 2017 – L 4 AS 718/16 B ER). Schonvermögen könne im Eilverfahren einzusetzen sein und schließe eine „schwere, unzumutbare Notlage“ aus, solange Rücklagen vorhanden seien.

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Mietobergrenzen versus Wohnungsmarkt

Für den Vergleichsraum Y. liegt die zulässige Bruttokaltmiete bei 289,92 €. Die Richter hielten diesen Wert im Eilverfahren für verbindlich, weil der Antragsteller keine Belege vorlegte, die die Angemessenheitstabelle widerlegen.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts genügt im Eilverfahren eine summarische Prüfung; vertiefte Gutachten sind Sache des Hauptverfahrens (BSG, Urt. v. 19. 10. 2010 – B 14 AS 2/10 R).

Das sollten Bürgergeld-Haushalte beachten

Wer umzieht, benötigt vor Vertragsunterzeichnung eine schriftliche Zusicherung der vollen Mietkosten. Fehlt diese, können Jobcenter die Zahlung dauerhaft auf die kommunale Obergrenze begrenzen. Zudem ist bei Eilanträgen lückenlos offenzulegen,

  • ob Vermögen oder Darlehen von Angehörigen kurzfristig verfügbar sind,
  • welche Ausgaben unmittelbar drohen (Mietrückstand, Räumungsklage, Stromsperre).

Ein schlüssiger Finanzstatus entscheidet häufig über Erfolg oder Misserfolg im vorläufigen Rechtsschutz (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 24. 01. 2023 – L 15 AS 33/23 B ER).

Ausblick: Chancen im Hauptsacheverfahren

Der Kläger kann weiter vor dem Sozialgericht auf volle KdU klagen. Dann wird detailliert zu prüfen sein,

  • ob der kommunale Richtwert den örtlichen Markt realistisch abbildet,
  • ob die 60 m²Wohnung trotz Überschreitung als „angemessen“ gilt, etwa wegen Nichterreichbarkeit günstiger Alternativen.

Entscheidend bleibt die Beweislast: Ohne Wohnraumangebote oder Mietspiegel-Gutachten dürfte es schwer sein, die Angemessenheitsgrenze zu kippen.