Leipzig Hartz IV Sanktionsmeister Deutschlands

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Satte 23 Prozent mehr Sanktionen trotz sinkender Erwerbslosenzahlen

23.02.2016

In Leipzig scheint das Jobcenter besonders Sanktionswütig zu sein. Laut einer aktuellen Untersuchung des Bremer Instituts für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) stieg die Sanktionsquote im Jahr 2015 im Vergleich zum Vorjahr um satte 23 Prozent und das obwohl die Arbeitslosigkeit statistisch gesunken ist. Damit ist die Behörde in Sachsen auf dem Weg zum „Sanktionsmeister Deutschlands“.

Aus diesem Grund spricht Paul M. Schröder vom BIAJ von „Willkür“. Anders ließe sich dieser massive Anstieg nicht erklären. Denn die „drastischen Unterschiede der Sanktionsquoten“ in den verschiedenen Jobcentern erzählen nicht von einem logisch begründbaren System der Sanktionen.„Auf Jobcenterebene stellt sich das Verhältnis der Zahl der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit mindestens einer neu festgestellten Sanktion und dem durchschnittlichen Bestand erwerbsfähiger Leistungsberechtigter wie folgt dar: Im Zeitraum Oktober 2014 bis September 2015 reicht dieses Verhältnis (‚Quote‘) von 3,7 pro 100 im Jobcenter Vorpommern-Greifswald Süd MV) bis 19,8 pro 100 im Jobcenter Bad Tölz-Wolfratshausen (BY)“, berichtet Schröder.

Skurril ist er dieser Zusammenhang: Während einige Jobcenter Sanktionsquoten in zweistelliger Höhe aufweisen, gehen in anderen Behörden die Strafen gegen Hartz IV Beziehende stark zurück. „Der Jobcenter-Vergleich dieser ‚Quoten‘ und die zum Teil extremen Veränderungsraten der neu festgestellten Sanktionen, der Zahl der von neu festgestellten Sanktionen betroffenen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und der Mehrfachsanktionen im Verlauf von 12 Monaten deuten auf eine große Beliebigkeit oder gar Willkür bei der Anwendung des ‚Sanktionsrechts‘ hin“, schreibt Schröder. „Die Reduzierung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter das vom Bundesverfassungsgericht geforderte ‚menschenwürdige Existenzminimum‘ sollte beendet werden.“

Schon länger ist bekannt, dass es Sanktionsvorgaben gibt, die den Behörden vorschreiben, wie viele Strafen sie im Jahr gegen Hartz IV Beziehende verhängen müssen. Gegen-Hartz.de hatte hier und hier bereits darüber berichtet. Fakt ist, dass durch die verhängten Geldkürzungen viele Millionen Euro eingespart werden. Das dürfte auch der einzigste Grund sein. Denn zahlreiche Studien, auch von BA-Seite, haben festgestellt, dass das Sanktionsregime nicht mehr Menschen längerfristig in Lohn und Brot bringt. Es drangsaliert und schürt Angst; und das alles verstößt gegen die Menschenwürde und damit dem Grundgesetz. (wm)