Kunst betrachten mit Hartz IV Zuschuss

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Schulfahrt zum „Kunst betrachten” mit Hilfe des Jobcenters: LSG Essen billigt Kostenübernahme für dreiwöchige „Klassenfahrt”

Gehört zum Unterrichtskonzept einer freien Schule eine dreiwöchige „Kunstbetrachtungsfahrt” nach Griechenland, steht Schülern im Hartz-IV-Bezug eine Kostenerstattung vom Jobcenter zu. Dass die Fahrt länger als zwei Wochen außerhalb der Ferien stattfindet, steht dem Kostenerstattungsanspruch nicht entgegen, entschied das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen in Essen in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 4. Juni 2020 zu den maßgeblichen Vorschriften des Bundeslandes (Az.: L 7 AS 1992/19).

Die Klägerin besuchte eine Schule in freier Trägerschaft und war auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen. Zum Schulkonzept gehörte der „Unterricht am anderen Ort”. Abhängig von der Jahrgangsstufe sollten die Schülerinnen und Schüler an einem Forstpraktikum, einem Landwirtschaftspraktikum, einer Feldmessfahrt und in der zwölften Klasse an einer „Kunstbetrachtungsfahrt” teilnehmen.

Im Juni 2018 beantragte die im Hartz-IV-Bezug stehende Klägerin bei ihrem zuständigen Jobcenter die Kostenübernahme für die geplante dreiwöchige Kunstbetrachtungsfahrt nach Griechenland in Höhe von 1.000 Euro.

Jobcenter lehnte Kunstbetrachtungsfahrt ab

Das Jobcenter lehnte dies ab. Grundsätzlich bestehe zwar ein Anspruch auf Kostenübernahme für Klassenfahrten. Bei der „Kunstbetrachtungsfahrt” handele es sich nach den schulrechtlichen Bestimmungen des Landes NRW aber gar nicht um eine „Klassenfahrt”, meinte die Behörde. So dürfe nach der maßgeblichen „Wanderrichtlinie” des Landes eine Schulfahrt höchstens zwei Wochen dauern. Bei Überschreitungen müsse der darüber hinausgehende Teil der Schulfahrt in den Ferien stattfinden. Diese Bedingung sei hier nicht erfüllt.

Das LSG sprach der Schülerin den gewünschten Geldbetrag dennoch zu. Nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen müssten Jobcenter die tatsächlichen Aufwendungen für mehrtägige Klassenfahrten „im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen” als Bedarfe für Bildung und Teilhabe übernehmen. Zwar verweise hier das Jobcenter auf die schulrechtlichen Bestimmungen der Wanderrichtlinie Nordrhein-Westfalen. Danach seien die Anforderungen für eine „Klassenfahrt” auch nicht erfüllt.

Landessozialgericht verurteilt Jobcenter zur Kostenübernahme

Dies spiele aber keine Rolle, da die Richtlinie für Schulen in freier Trägerschaft nicht verbindlich gelte. Wegen der weitgehenden Gestaltungsfreiheit der Ersatzschulen seien inhaltliche Vorgaben zur zeitlichen Planung und Organisation einer Klassenfahrt nach den geltenden Vorschriften des Landes unzulässig. Das Jobcenter müsse daher für die dreiwöchige „Kunstbetrachtungsfahrt” nach Griechenland aufkommen.

Ohne eine Kostenübernahme wäre eine gleichberechtigte Teilnahme von ärmeren Schülerinnen und Schülern an Schulfahrten wie der Kunstbetrachtungsfahrt gefährdet, mahnte das LSG. fle/mwo

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