Innenrevision der Bundesagentur: Massive Mängel bei Hartz IV-Krankenversicherungsschutz

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Der Kranken- und Pflegeversicherungsschutz ist Teil der existenzsichernden Hartz IV-Leistungen nach SGB II. Die interne Revision der Bundesagentur für Arbeit hat im September einen Bericht vorgelegt, in dem sie schwere Mängel bei der Sozialversicherung von Leistungsbeziehern feststellt.

Innenrevision prüft Sozialversicherung durch Hartz IV-Leistungsträger

Von Hartz IV Betroffene sind versicherungspflichtig in der gesetzlichen Kranken und in der sozialen Pflegeversicherung, sofern sie nicht der privaten Kranken- und Pflegeversicherung zuzuordnen sind. Die Bundesagentur für Arbeit hat den Versicherungsschutz sicherzustellen.

Die interen Revision der Bundesagentur hat untersucht, ob nicht versicherte Leistungsbezieher systematisch identifiziert und deren Versicherungsschutz sichergestellt wird, ob sich bei der privaten Krankenversicherung Schwierigkeiten ergeben, on Asylberechtigte und anerkannte Geflüchtete sozialversichert werden und welche gesetzlichen Verbesserungsmöglichkeiten es gibt. Dabei hat sie massive Mängel festgestellt.

Hartz IV-Beziehern 29 Monate lang nicht sozialversichert

ALG II-Bezieher sind Sozialversicherungspflichtig und müssen einen Versicherungsnachweis spätestens zwei Wochen nach Leistungsantrag vorlegen. Die Jobcenter und Agenturen sollen die Betroffenen beraten und eine Versicherung herbeiführen. Die Revision hat bei der Untersuch von vier geminsamen Einrichtungen 110 Betroffene festgestellt, die nach durchschnittlich 221 Tagen noch immer nicht versichert waren. Im Maximum sogar für 29 Monate nicht!

In 73 Prozent der Fälle war nicht nachvollziehbar, ob die Betroffenen überhaupt zur Vorlage der Mitgliedsbescheinigung aufgefordert oder wenigsten durch Merkblätter informiert wurden. Insbesondere Jugendliche, die nach Vollendung des 15. Lebensjahres eine eigene Anmeldung zur Kranken- und Pfelegeversicherung hätten vornehmen müssen, waren hiervon betroffen. Sie machten 37 Prozent der Fälle aus.

Bearbeitungsmängel bei Mitgliedern privater Krankenversicherungen

Betroffene, die vor dem Leistungsbezug privat krankenversichert waren, müssen auch bei Hartz IV weiter privat versichert bleiben. Für die Höhe der Bewilligung gibt es bestimmte gesetzliche Berechnungsgrundlagen. Die Kosten werden aber übernommen, falls andernfalls eine Hilfebedürftigkeit eintreten würde (Würde-Fälle).

In 60 Prozent der geprüften Fälle konnte die Revision aufgrund fehlender Belege nicht feststellen, ob die bewilligten Leistungen dem Bedarf entsprachen. Insgesamt waren zwar alle Bewilligungen zu Recht erfolgt. Beispielweise bei den Würde-Fällen waren aber 45 Prozent der Leistungen nicht korrekt berechnet.

Asylberechtigte und Geflüchtete 63 Tage ohne Sozialversicherung

Bis zur Herstellung des Versicherungsschutzes bei Asylberechtigten und Geflüchteten, die grundsätzlich auch der Versicherungspflicht unterliegen, dauerte es durchschnittlich 63 Tage, maximal 5 Monate. Allerdings wiesen 53 Prozent bereits bei Antragstellung einen Versicherungsnachweis vor.

Innenrevision sieht Verbesserungsbedarf bei Sozialversicherungsschutz für Hartz IV-Leistungsberechtigte

Aufgrund der festegestellten Mängel empfiehlt die Innenrevision der Bundesagentur für Arbeit einheitliche Musterschreiben zwecks Anmeldung zu gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung einzuführen, eine vereinfachte Berechnungsgrundlage anzuwenden und bereits während der Asylverfahren Versicherungsschutz für Geflüchtete herzustellen.

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