Hartz IV: Wechsel der Krankenkasse zumutbar

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Erhebt eine Krankenkasse einen Zusatzbeitrag, so ist ein Wechsel zumutbar, um den zusätzlichen Kosten zu entrinnen.

14.03.2012

Laut eines Urteils des Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen AZ: L 7 AS 2203/11 B ist es Beziehern des Arbeitslosengeld II (umgangssprachlich Hartz IV) zumutbar, die gesetzliche Krankenkasse zu wechseln, wenn diese erstmalig einen Zusatzbeitrag erhebt oder diesen erhöht und der Leistungsbezieher zusätzlichen Beitrag nicht selbst tragen will.

Im vorliegenden Fall hatte eine Hartz IV Bezieherin die Übernahme der Kosten für den Zusatzbeitrag ihrer Krankenkasse beantragt. Als das Jobcenter den Antrag ablehnte, zog sie vor Gericht. In erster Instanz wurde die Klage durch das Sozialgericht Gelsenkirchen (Az: S 33 AS 1768/11)abgewiesen. Darauf hin ging die Klägerin in Berufung.

Laut Gericht besteht für eine Übernahme des Zusatzbeitrages „keine Erfolgsaussicht, da zum einen die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach § 37 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) auf Antrag erbracht werden“. Zum anderen weist der Senat ergänzend darauf hin, dass die Voraussetzungen des § 26 Abs. 4 SGB II a.F. nicht vorliegen. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer besonderen Härte, die sich aus dem Wechsel der Krankenkasse nach § 175 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) und nicht aus der Zahlung eines Zusatzbeitrages ergibt (vgl. hierzu auch LSG NRW, Beschluss vom 04 Oktober 2011 – B 6 AS 2257/10 B Rn. 13 juris), liegen nicht vor. Nach dem Willen des Gesetzgebers ist es den ALG II-Beziehern wie allen anderen Versicherten grundsätzlich zumutbar, ihre Krankenkasse zu wechseln, wenn diese Krankenkasse erstmalig einen Zusatzbeitrag erhebt oder diesen erhöht und sie ihn nicht selbst tragen möchten (BT-Drs. 16/4247, S. 60). Der Gesetzgeber geht davon aus, dass jedem Versicherten – unabhängig von seinem Einkommen – ein Zusatzbeitrag von 8,00 EUR monatlich zugemutet werden kann bzw. im Falle einer subjektiven Unzumutbarkeit der Betroffene von dem von dem Kündigungsrecht nach § 175 Abs. 4 S. 5 SGB V Gebrauch macht. Die Erhebung eines Zusatzbeitrages wie auch der Wechsel der Krankenkasse im Falle der Erhebung eines Zusatzbeitrages stellt nur eine allgemeine Härte dar.

Mit anderen Worten: Die Betroffene hätte aufgrund des ihr eingeräumten Sonderkündigungsrecht bei Erhebung oder Erhöhung des Zusatzbeitrages die Kasse wechseln können und somit dem Zusatzbeitrag entgehen können. Noch erheben die wenigsten Krankenkassen einen solchen Zusatzbeitrag.

„Die Klage der Klägerin auf Übernahme des Zusatzbeitrages ab Juni 2011 bleibt die hinreichende Erfolgsaussicht ebenfalls verwehrt. Nach § 26 Abs. 3 SGB II n.F. zahlt die Bundesagentur den Zusatzbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung nach § 242 SGB V (nur) für Personen, die allein durch diese Aufwendungen hilfebedürftig würden. Dies ist bei der Klägerin zu verneinen. Die Klägerin kann den Zusatzbeitrag auch nicht als unabweisbaren laufenden Bedarf (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 – BvL 1/09 Rn. 208 ff. juris) beanspruchen, da insoweit eine einfachgesetzliche Regelung mit § 26 Abs. 4 SGB II normiert wurde, die vorrangig ist (BSG, Urteil vom 19.08.2010 – B 14 AS 13/10 R Rn. 23 juris; SG Neuruppin, a.a.O., Rn. 33 juris).“

Dass die Betroffene von dem Sonderkündigungsrecht nichts hätte wissen können, verneinten die Richter. Schließlich hätte die Krankenkasse – in diesem Fall die BKK Gesundheit – auf das außerordentliche Kündigungsrecht in einem extra Anschreiben hingewiesen. Demnach hätte die Klägerin hiervon Kenntnis erlangen können. (sb)

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