Hartz IV: Pfändungsbeschluss gegen Jobcenter

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Pfändungsbeschluss gegen Jobcenter
Das Jobcenter Neukölln hat einer jungen Frau wochenlang Geld und Hilfe verweigert – trotz eines Urteils des Berliner Landgerichts. Erst als ein Vertreter eines Bürgervereins mit einem Pfändungsbeschluss vor dem Amt auftauchte und die Polizei alarmierte, zahlte das Amt. Der Fall ist ein Beispiel für die Wirrungen der Bürokratie, denen Hartz-IV-Empfänger immer wieder ausgesetzt sind.

Trotz eines Urteils des Berliner Sozialgerichts hat das Jobcenter Neukölln einer jungen Obdachlosen Geld und Hilfe verweigert. Erst als am Montag ein Vertreter eines Bürgervereins mit einem Pfändungsbeschluss über die der Frau zustehenden 277,60 Euro vor dem Amt auftauchte und die Polizei alarmierte, um die Ansprüche durchzusetzen, wies das Jobcenter die Nürnberger Zentrale der Bundesagentur für Arbeit an, das Geld zu überweisen.

Der Fall ist ein Beispiel für die bizarren Windungen der Arbeitsbürokratie, der Bezieher von Leistung nach Hartz IV immer wieder ausgesetzt sind. Die 19 Jahre alte Patrizia H. macht einen schwere Zeit durch. Erst setzte ihr Vater die Neuköllnerin auf die Straße. Und dann gelingt es der arbeits- und obdachlosen Frau nicht, sich die Hilfe zu sichern, die ihr nach dem Sozialgesetzbuch zusteht. Ohne die Unterstützung des Bürgerberatungs-Vereins VBMDU und dessen Vorsitzenden Patrick Schiffler müsste Patricia H. unter einer Brücke nächtigen.

Am 11. September wollte die junge Frau den Antrag auf Hilfsleistungen beim Jobcenter Neukölln stellen. Schiffler berichtet, die Mitarbeiter hätten den Antrag nicht angenommen, angeblich fehlten Unterlagen. Eine Woche später erhielt die Obdachlose, die inzwischen von Schiffler bei Bekannten untergebracht worden war, einen Notfalltermin, bei dem das Amt sich ihrer Zwangslage annehmen wollte. Der Termin: 11. Oktober, also mehr als drei Wochen später. Und sie erhielt als erste Hilfe der für die Betreuung von Jugendlichen zuständigen Jobcenter-Außenstelle an der Silbersteinstraße einen Lebensmittelgutschein über 30 Euro. Dass sie sogar eine Wohnung in Aussicht hatte, deren Kosten das Amt hätte übernehmen sollen, machte auch keinen Eindruck.

Schiffler vermutet Strategie dahinter. Die Jobcenter seien gehalten, Bedürftigen kein Bargeld mehr auszahlen, sondern ihnen Gutscheine zu geben. Sowohl die Regionaldirektion für Arbeit als auch die Senatsverwaltung für Soziales weisen aber zurück, dass es eine solche Anweisung gebe. Jedenfalls blieb Patricia H. weiter ohne Unterstützung. Und der 30-Euro-Gutschein vom 18. September reichte laut Sozialgericht auch nur für siebeneinhalb Tage.

Ihr Berater Schiffler machte deshalb gestern ernst. Er erwirkte einen Pfändungsbeschluss gegen das Jobcenter und ließ die Polizei am Hauptgebäude an der Sonnenallee auffahren. Erst das, so sagt er, habe dazu geführt, dass das Jobcenter sich bewegte und in der Nürnberger Zentrale die Zahlung von 277,60 Euro angewiesen habe. In ein paar Tagen soll Patricia H. das Geld auf dem Konto haben. Das Jobcenter blieb übrigens am Montag die zugesagte Erklärung seines Vorgehens schuldig.(SHG "Soziale Lebenshilfe", 02.10.07)