Hartz IV: Jobcenter Wuppertal holt Schüler einfach aus dem Unterricht

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Während Unternehmern Hartz IV aus guten Gründen “nicht zugemutet” werden soll, handeln immer mehr Jobcenter nach “Gutsherrenart”. Erst kürzlich berichteten wir darüber, dass das Jobcenter Aschaffenburg einen Hartz IV Bezieher mit Leistungseinstellung drohte, wenn dieser nicht unterzeichne den Anwälten die Vollmacht zu entziehen. Nun droht ein weiterer Skandal: Das Jobcenter Wuppertal holt mutmaßlich Schüler aus dem Unterricht, wie die Anwaltskanzlei “Rightmart” berichtet.

Vor allen Schülern aus der Klasse geholt

Offenbar verstößt das Jobcenter Wuppertal gegen die Rechte von Schülern im Hartz IV Leistungsbezug. Der Schüler Dustin Auel wurde in Wuppertal vom Jobcenter aus dem Unterricht geholt, wie seine Mutter Melanie Auel in einer Mail an die Kanzlei schrieb.

“Er wurde gestern gegen seinen Willen aus der Englischstunde zu einem Einzelgespräch mit einer Dame vom Jobcenter Wuppertal gezwungen. Dustin sagte mehrfach, dass er kein Einzelgespräch machen wolle, aber die Dame vom Jobcenter sagte dann zu ihm, dass er es müsse, da seine Eltern ja Kunden seien und er verpflichtet ist, mitzumachen, sonst gäbe es Sanktionen.”

Zwang zur Lehre statt Abitur?

Im nachfolgenden Gespräch mit dem Schüler habe eine Jobcenter-Sachbearbeiterin den Sohn aufgefordert, nach dem Schulabschluss umgehend eine Lehre zu beginnen. Dustin will aber lieber sein Abitur machen, um später studieren zu können.

Nach Rechtsauffassung der Kanzlei ist dieses Vorgehen absolut rechtswidrig. Jeder Mensch, auch diejenigen die von Sozialleistungen wie Hartz IV abhängig sind, haben ein Recht auf Bildung. Dabei darf es keinen Unterschied geben, ob jemand finanziell besser gestellt ist oder nicht.

„Jeder Mensch hat das Recht auf Bildung.“ So steht es auch in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen. Ähnliche Bestimmungen wie in der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ sind auch enthalten im „Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte“ der Vereinten Nationen von 1966. Zu den Paktrechten gehört mit auch das Recht auf Bildung (Artikel 13). Deutschland unterzeichnete beide Erklärungen.

Für Meldetermine den Unterricht versüumen?

Zudem sind minderjährige Kinder im Hartz IV Bezug, die eine Schule besuchen, in keinem Fall dazu verpflichtet, für das Jobcenter den Unterricht zu versäumen, um einen sog. Meldetermin wahrzunehmen. Schon gar nicht darf das Jobcenter damit drohen, ansonsten Sanktionen gegen das Kind oder die Eltern auszuüben. Auch darf die Schule nach Auffassung der Anwaltskanzlei dem Jobcenter solche Befugnisse nicht einräumen.

Gang und Gäbe in Wuppertal?

Die Mutter des betroffenen Kindes berichtete, dass die Schulleitung hierrüber informiert war. In Wupertall sei dieses rechtswirdrige Vorgehen sogar “Gang und Gäbe”.

Datenschutz wird missachtet

Demnach wird nicht nur das Grundrecht auf Bildung seitens der Behörde missachtet, sondern auch der Datenschutz. “Das Beschriebene verstößt ganz offensichtlich gegen Datenschutz-Regeln. Einerseits ist der Sohn vor den Augen seiner ganzen Schulklasse, die es eigentlich nichts angeht, ob seine Familie auf Leistungen vom Jobcenter angewiesen ist, aus dem Unterricht geholt worden.”

Außerdem, so der Rechtsanwalt, sei “dem Sohn im Jobcenter seine E-Mail-Adresse abverlangt worden. Diese habe er dann nur mitgeteilt, weil ihm auch diesbezüglich mit Sanktionen gedroht worden sei.” Wir fordern das Jobcenter Wuppertal auf, sofort solche rechtswidrigen Aktivitäten einzustellen.

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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