Hartz IV: Jobcenter-Mitarbeiterin packte aus: Es geht nicht um Menschen, sondern Statistiken

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Ehemalige Jobcenter-Mitarbeiterin packt aus

Immer wieder kommt es vor, dass Menschen die Seiten und Sichtweisen wechseln. So auch Susanne W. aus Duisburg. Mit Hartz IV hat die ehemalige Jobcenter-Mitarbeiterin ihre eigenen Erfahrungen von der anderen Seite des Schreibtisches gemacht. Sie sagt heute: „Beim Jobcenter geht es nicht um Menschen, es geht darum, Statistiken zu erfüllen.“ 10 Jahre hat sie in der Behörde gearbeitet. Fünf Jahre davon als Arbeitsvermitterin. Heute berichtet sie über ihre Erfahrungen.

Gelder werden verschwendet

Bei Hartz IV werden Gelder verschwendet, kritisert sie. „Es werden Gelder verschwendet an Bewerbungstrainings, an Maßnahmen, die nicht zielführend sind.“ Im letzten Jahre fand beispielsweise ein sogenanntes Jobspeeddating statt. Über 700 Erwerbslose seien eingeladen worden. Ziel sei es gewesen, mit Firmen in Kontakt zu kommen und Jobangebote zu erhalten. Im Vorfeld habe es ein Bewerbungstraining gegeben. Im Anschluss wurden dem Jobcenter noch mal weitere Gelder bewilligt worden, berichtet sie gegenüber der Zeitung “Der Westen”. „Die mussten raus. Wir mussten jedem Kunden ein Bewerbungstraining aufbrummen, egal, ob er schon da war oder nicht”, berichtet sie weiter gegenüber dem Blatt.

In einem weiteren Beispiel erläuterte sie, wie weitere Mittel aus dem Fenster geworfen wurden. Bei einem Lehrgang für Lagerarbeiter wurde jedoch nicht der Schein zum Führen eines Gabelstaplers finanziert. Dieser ist aber erforderlich, um überhaupt einen Job als Lagerarbeiter zu bekommen. Ohne den Gabelstaplerführerschein macht der Lehrgang keinen Sinn. Die Leistungsbezieher hätten dafür kämpfen müssen, so die Insiderin.

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Die wenigsten Leistungsbezieher sind arbeitsunwillig

Nach ihrer Erfahrung nach seien die wenigsten Hartz IV Bezieher “Arbeitsunwillig”. Es gäbe zwar zwar einen gewissen Prozentsatz, die tatsächlich nicht wollen, aber “die meisten wollen arbeiten. Wenn man sie an der Hand nimmt, wuppt das von ganz alleine.“

In ihrem Arbeitsalltag habe sie immer versucht, auf “die Kunden” einzugehen und weniger auf Richtlinien zu achten. Gegenüber der Zeitung sagte sie: „Ich habe meinen Job geliebt, allerdings habe ich mich nicht immer an die Vorgehensweisen gehalten und somit meinen Kunden viele Sanktionen erspart. Ich musste zwar vor meiner Vorgesetzten Rechenschaft ablegen, warum ich so wenig Sanktionen verteile, aber ich habe immer Argumentationen gefunden, die für meine Kunden sprachen. Es waren viele Kunden bei mir, die mir gedankt haben, dass ich Ihnen das Gefühl gebe, jemand zu sein. War für mich selbstredend.“

Botschaft an die Jobcenter-Mitarbeiter

Die Ex-Jobcenter-Mitarbeiterin hat auch eine Botschaft an die Kollegen, die in den Behörden arbeiten: „Wir dürfen alle nicht vergessen, dass man es mit Menschen zu tun hat.“ Das hätten nämlich einige ihrer Ex-Kollegen vergessen. Man könne nur mitreden, wenn man auch in dieser Situation war. “Erst dann kann man mit Kunden des Jobcenters auf Augenhöhe reden. Einige meiner Kollegen können dies nicht“, erzählt die Ex-Mitarbeiterin. „Ich habe viele Gespräche mitbekommen, wo ich mir dachte: So hättest du nicht mit mir reden dürfen.“

Auch andere sind ausgestiegen

Ähnliches berichtet auch die Ex-Jobcenter-Mitarbeiterin Inge Hannemann. Sie macht sich für die Abschaffung von Sanktionen stark und sieht das gesamt Hartz IV System kritisch. Für Willach ist das aber kein Thema. Sie sagt, dass System und auch die Sanktionen seien wichtig. Es würden Gelder falsch eingesetzt werden und Sanktionen seien auch wichtig.

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