Die Bundesagentur für Arbeit (BA) überdenkt ihre Haltung zu den Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung (sog. Ein-Euro-Jobs). Nach Ansicht des BA-Vorstandes Alt sollten Maßnahmen nicht mehr so häufig vergeben werden, dafür längerfristig angelegt sein. Zudem müsste man darüber nachdenken, ob Ein-Euro-Jobs perspektivisch für Hartz IV Bezieher „freiwillig“ werden.
Zahlreiche Studien belegen: die Hartz IV Zwangsmaßnahme „Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung“, besser bekannt als sogenannte Ein-Euro-Jobs, verhelfen weder zum späteren Integrieren in den regulären Arbeitsmarkt noch schaffen sie neue Arbeitsplätze. Im Gegenteil: Ein-Euro-Jobs benachteiligen die Betroffen und verdrängen zunehmend Arbeitsplätze, weil Ein-Euro-Jobber dazu benutzt werden, freie Arbeitsplätze zu besetzen. Ausgerechnet im sozialen Arbeitsumfeld werden immer wieder Ein-Euro-Jobber eingesetzt, obwohl eigentlich ein regulärer Arbeitsplatz geschaffen werden könnte. Wer sich weigert, eine Arbeitsgelegenheit (AGH) anzunehmen, muss mit heftigen Sanktionen rechnen. Bei wiederholter Verweigerung, kann der Hartz IV Regelsatz sogar auf Null Euro gekürzt werden. Nach vielen langen Jahren fängt nun anscheinend auch ein Umdenken bei der Bundesagentur für Arbeit statt.
"Man könnte mit mir aber darüber reden, aus den Ein-Euro-Jobs eine freiwillige Sache zu machen"
In einem Interview mit der „WAZ-Gruppe“ äußerte sich BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt kritisch über den massenhaften Einsatz der Beschäftigungsmaßnahmen für Hartz IV Betroffene. Nach Ansicht Alts seien solche Maßnahmen zwar wichtig, damit Betroffene wieder eine Aufgabe erhalten, auf der anderen Seite sollten solche Maßnahmen nicht "als Mittel zum Zweck und nicht als Zwangsmaßnahme verstanden werden", sagte Alt der WAZ-Gruppe. Alt denkt nun offen darüber nach, ein Umdenken bei den Ein-Euro-Jobs vorzuschlagen. "Man könnte mit mir aber darüber reden, aus den Ein-Euro-Jobs eine freiwillige Sache zu machen", sagte Alt der Zeitung. Aufgrund des Fachkräftemangels und der sinkenden Arbeitslosigkeit müsste man nach den Ansicht des BA-Vorstandes sowieso die Strategie bei den Arbeitsförderungsmaßnahmen überdenken. "Die Vermittlung gut qualifizierter Fachkräfte wird nicht mehr die zentrale Herausforderung sein", sagte Alt.
Weniger, dafür intensivere Maßnahmen
Zukünftig sollte man sich mehr um die „schwer vermittelbaren“ Arbeitslosengeld II Bezieher kümmern, so Alt. Die Förderungen der Jobcenter mit zahlreichen kurzfristigen Maßnahmen hält er nicht mehr für sinnvoll. "Wir müssen weniger machen, das dafür aber länger und wirksamer. Gerade in der Grundsicherung müssen wir uns am langfristigen und nicht am kurzfristigen Erfolg orientieren. Das führt nur zu Drehtüreffekten." (sb, 08.11.2010)
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Bild: AngelaL / pixelio.de
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