Hartz IV: Ärger mit dem Mietspiegel

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Wir veröffentlichen an dieser Stelle einen Erfahrungsbericht von Norbert H. aus Ludwigshafen am Rhein:

Es ist Fakt, dass es kaum Wohnungen gibt, die den Forderungen entsprechen; hier in Ludwigshafen/Rhein liegt die Höchstgrenze der Kaltmiete bei 4,60/qm. Selbst die gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften haben zu diesen Preisen keine Wohnungen, das weiß die hiesige GfA (Gesellschaft für Arbeitsmarktintegration) ganz genau, wie mir heute mein Fallmanager erklärte. Ebenso weiß die GfA, dass es auch auf dem freien Wohnungsmarkt kaum Quartiere für dieses Geld gibt, und wenn, dann sind es "Löcher" (- Zitat mein Fallmanager).

Im übrigen stand letzte Woche in der Presse, dass in Bochum 1.500 Bedarfsgemeinschaften zur Mietkostensenkung aufgefordert wurden, demgegenüber nachweislich 20 entsprechende Wohnungen zur Verfügung standen…

Ich habe in den vergangenen drei Monaten weit über Hundert Anzeigen gesammelt, um die unteren Mietgrenzen auszuloten: selbst 31-, 27 und 24-qm-Buden kosten noch mehr als die einem Single zustehenden 207 Euro! Was auch die GfA weiß.

Ich selbst bin wegen Eigenbedarfskündigung und Räumungsklage meines Vermieters seit vielen Monaten auf Wohnungssuche. Meine Miethöchstgrenze habe ich inzwischen auf 265 Euro kalt heraufgesetzt, und selbst dabei gibt es kaum Angebote. Dazu kommt, dass ich in 30 Jahren einen stattlichen Haushalt aufgebaut habe, von dem ich mehr als die Hälfte wegwerfen müsste – falls ich überhaupt eine noch so kleine Bleibe bekommen würde.

Im Falle einer Anmietung würden mir also 58 Euro von meiner Grundsicherung abgezogen. Zurzeit habe ich nach Abzug aller unbedingt notwendigen Kosten noch 220 Euro zum Leben zur Verfügung, was trotz allen Sparens (sogar an Lebensmitteln) nicht bis zum Ultimo reicht. Wie sollte ich dann mit 162 Euro überleben können?

Der wichtigste Aspekt ist hier meiner Meinung nach, dass die gesetzliche Grundsicherung mit diesen Sparmaßnahmen illegal umgangen wird. Die Grundsicherung wird gekürzt, weil Wohnkosten zu hoch sind; dabei gibt es aber definitiv keinen "angemessenen" Wohnraum zu den auferlegten Mietkosten – nicht einmal einen unangemessen kleinen Wohnraum!

Meine Wohnung muss ich zum 30.6.2006 räumen und habe bis heute (2.6.2006, mein Geburtstag) immer noch keine neue Obdach in Sicht. Ich bin unmittelbar von drohender Obdachlosigkeit betroffen; vor allem aber auch deswegen, weil Vermieter keine Arbeitslosen wünschen! Fast alle Absagen, die ich bekommen habe, wurden mit meiner Arbeitslosigkeit begründet. Ich habe inzwischen 23 Makler beauftragt, aber von denen bekam ich die genau die gleiche Aussage: "Unsere Vermieter haben Probleme mit der Aufnahme von Arbeitslosen".

Mein Fallmanager hat mich heute an die "Fachstelle für Wohnraumsicherung" unserer Stadt verwiesen, dort könne ich wohl "ein Übergangszimmer" bekommen, bevor ich entgültig auf der Straße lande. Ich kenne diese "Übergangswohnungen" der Stadt: In einer bekannten Gegend unserer Stadt, nicht unähnlich eines Slums, hausen dort seit Jahren Menschen "übergangsweise". Ich würde dadurch fast mein gesamtes Hab und Gut verlieren, ein Wiederaufbau wäre so gut wie unmöglich; aus dieser Gegend wieder heraus zu kommen, ist ein absoluter Glücksfall.

Der blanke Hohn dabei ist, dass meine direkte Nachbarsfamilie (Ehepaar ohne Kinder) in ihrem zweigeschossigen Häuschen nebenan seit zwei Jahren eine leer stehende Wohnung haben, sie aber nicht mehr vermieten wollen, weil sie lieber "unter sich" bleiben wollen. Sie kennen meine Situation, weil sie sich öfter danach erkundigen; schließlich haben wir seit 18 Jahren ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis. Auch heute, als sie mir zum Geburtstag gratuliert hatten, bekam ich nur den Satz zu hören: "Es tut uns wirklich Leid für Sie"…

Ich stehe fast auf der Straße, sie haben eine leere Wohnung in etwa der Größe meiner jetzigen, und es tut ihnen aufrichtig Leid. Ach, welche warmherzigen Menschen! Schön, dass sie noch Mitgefühl empfinden – oder es zumindest verbalisieren können.

N.H.
Betriebswirt
EDV-Spezialist
Lehrer in der Erwachsenenbildung in verschiedenen Bereichen
Heute 53 Jahre alt geworden
Morgen so gut wie tot

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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