Wegen des Corona-Lockdowns beantragt Hamburger Tätowierer Hartz IV, doch erhält ein Jahr lang immer wieder Ablehnungen. Die Sachbearbeiter des Jobcenters widersprechen sich gegenseitig – und bezeichnen ihn als „dumm“!
Einkommensprognose führt zur Ablehnung des Hartz IV-Antrags durch das Jobcenter
Die Hamburger Morgenpost berichtet vom Versuch des selbstständigen Tätowierers Pedi Tessmann, wegen des Corona-Lockdowns seit März 2020 Hartz IV-Leistungen zu beantragen. Trotz seines Anspruchs erhielt er zwei Monate nach Einreichung des Antrags einen Ablehnungsbescheid vom Jobcenter.
Er habe bei der Prognose der erwartbaren Einkünfte einen Betrag eingegeben, aus dem ein Anspruch nicht hervorgehe, hieß es im Ablehnungsbescheid des Jobcenters. Nach eigenen Angaben hatte Pedi eine null eingetragen, die einen Fehler im System ausgelöst habe. „Wie soll ich eine Prognose für Einkünfte im Sommer während einer Pandemie angeben?“, fragte sich der Selbstständige.
Sachbearbeiter des Jobcenters fordert Antragsteller auf, den Staat zu betrügen
„Ein Angestellter des Jobcenters sagte, ich sei dumm, weil ich eine Prognose abgegeben habe. Er meinte, ich hätte eine null eintragen und den Staat bescheißen sollen!“ Auf den Einwand, dass genau dies zu dem Ablehnungsbescheid geführt habe, soll der Sachbearbeiter Pedi gesagt haben, dass es sehr wohl möglich sei, als Prognose kein Einkommen anzugeben.
Daraufhin legte der Selbstständige, der derweil mit Ersparnissen und seiner Altersvorsorge seinen Lebensunterhalt bestritt, Widerspruch ein. Telefonisch bestätigte ihm das Jobcenter daraufhin die Bewilligung – und schickte ihm per Post einen weiteren Ablehnungsbescheid.
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Jobcenter gesteht schließlich Fehler ein und zahlt rückwirkend Leistungen aus
Im Februar 2021 stellte Pedi fest, dass die Krankenkasse mittlerweile seine Mitgliedschaft beendet hatte, weil unklar war, wer die Mitgliedsbeiträge übernehme. Im März dann die Erleichterung. Das Jobcenter erstattete ihm einige Leistungen und übernahm auch die Pflichtbeiträge zur Krankenkasse rückwirkend. Ein Jahr nach dem ersten Antrag.
Die Erklärung des Jobcenters: „Erst Ende Oktober konnten wir mit den tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben Herrn Tessmanns Antrag abschließend prüfen. Nach Erhalt der dafür notwendigen Unterlagen haben wir den Leistungsanspruch erneut berechnet. Dabei ergab sich bei dieser Berechnung ein Fehler unsererseits, für den wir uns entschuldigen.“ Warum die eigentlich vorgesehene vorläufige Bewilligung der Leistungen nicht erfolgte, bleibt unklar.
Bild: hk13114 / AdobeStock
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