Diakonie entwickelt Konzept zur Überwindung von Hartz IV

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Ideen zur Reformierung der Sozialabsicherung gibt es abseits der Unionsparteien einige. Vom Bürgergeld, über bedingungslose Garantiesicherung, bis zu Mindestsicherung. Auch die Sozialverbände und Gewerkschaften haben eine Reihe von Reform- und Alternativmodellen entwickelt. Jetzt hat die Diakonie Deutschland ein Konzept vorgelegt, das vor allem dem psychosozialen Betreuungsbedarf Aufmerksamkeit schenkt.

Respekt und Ermutigung statt Überwachen und Strafen

Betroffene äußerten in Beratungsstellen häufig vielfältige Probleme mit den Jobcentern: Verlässliche Ansprechpartner seien schwer zu finden, Auskünfte seien häufig widersprüchlich, Verständnisprobleme werden nicht gelöst, Dokumente erreichten nicht immer die richtigen Sachbearbeiter und Anträge würden häufig ohne genaue Prüfung und Auskunft abgewiesen. Außerdem sei das Antragsverfahren zu kompliziert, die ständige Meldepflicht von Nebeneinkünften führe zu laufenden Neuberechnungen und Nach- und Rückzahlungen und die Interessen der Betroffenen spielten bei der Wahl der Maßnahmen oder Bewerbungen kaum eine Rolle. Gleichzeitig können die Jobcenter jedoch einseitig sanktionsbewerte Vorgaben machen.

Stattdessen müsse es darum gehen, „das institutionelle Misstrauen gegenüber den Menschen zu überwinden“, das im Hartz IV-System angelegt sei, heißt es in dem Papier der Diakonie. Dazu schlägt der Verband ein dreigliedriges System vor, das den bürokratischen Kontroll- und Strafzwang durch die institutionelle Trennung von Sozialleistungsbearbeitung und Förder- und Hilfangeboten überwinden und die Menschen und ihre Bedürfnisse und Kompetenzen in den Mittelpunkt rücken soll.

Existenzsicherungsstelle soll unbürokratische Auszahlung von Sozialleistungen übernehmen

Die Diakonie kritisiert die Berechnung der Hartz IV-Regelsätze als methodisch unsauber. Stattdessen fordert der Verband, dass der Bedarf für grundlegende Konsumbereiche nicht mehr als 25 Prozent hinter den Ausgaben der gesellschaftlichen Mitte und der verbleibende Bedarf nicht mehr als 40 Prozent unter diesen zurückliegen solle.

Das Existenzminimum solle dann durch eine „Existenzsicherungsstelle“ unbürokratisch und sanktionsfrei an Bedürftige ausgezahlt werden. Eine Bedarfsprüfung würde erst erfolgen, wenn neben einem Regelsatz von 600 Euro und 500 Euro Wohngeld weitere Leistungen beansprucht würden. Aufstocker könnten nach dem Modell eine standardisierte „Sozialdividende“ erhalten, wobei andere Einkünfte anstatt einer Einkommensanrechnung mit einer neuen Steuerklasse besteuert würden.

Kompetenzzentren sollen unabhängig von Sozialleistungen beraten und fördern

Auch bei der Förderung von Arbeitsuchenden sieht die Diakonie bei den Jobcentern große Schwächen. Dies soll durch eigenständige „Kompetenzzentren Arbeit und berufliche Bildung“ behoben werden, in denen jeder Beratung, Qualifizierung, Weiterbildung erhalten und Stellen vermittelt bekommen können soll. Diese Einrichtigungen sollen aber auch sozialpädagogische Begleitung bieten, um Menschen zu helfen, für die eine Arbeitsaufnahme nicht möglich oder erwünscht ist.

Statt Vermittlungszwang setzt die Diakonie damit auf Anreize durch die Sozialdividende. Außerdem soll eine interessen- und kompetenzorientierte Weiterbildung mit ergänzenden Förderangeboten installiert und digitale Angebote ausgebaut werden.

Ergänzende Soziale Dienste sollen Betroffene auf ihrem Weg begleiten

Zusätzlich zu den „Existenzsicherungsstellen“ und den „Kompetenzzentren“ schlägt die Diakonie die Einrichtung von unabhängigen „Personenbezogenen Sozialen Diensten“ vor, die für Betroffene erreichbar sind. Diese sollen sozialarbeiterische und psychologische Beratungsangebote bieten und Betroffene individuell unterstützen.

Insbesondere die institutionelle Trennung von Sozialleistungsträgern, Berufsberatung und -förderung sowie die flächendeckende Etablierung unabhängiger sozialer Beratungsstellen zeichnet den Konzeptentwurf der Diakonie aus.

Bild: Андрей Яланский / Adobe Stock

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