Coronakrise: Wirtschaftsvertreter in der Schweiz und Populisten fordern Zwangsarbeit fรผr Erwerbslose
In Krisenzeiten haben populistische Forderungen Hochkonjunktur. In der Schweiz sollen Erwerbslose dazu gezwungen werden auf den Feldern zu arbeiten. Auch hierzulande werden solche Forderungen immer lauter.
Immer mehr Menschen werden weltweit aufgrund der Coronakrise arbeitslos. Weil aber auf den Feldern Erntehelfer fehlen, will die Politik in der Schweiz Erwerbslose dazu zwingen, auf den Feldern zu arbeiten. Die Betroffenen mรผssten nicht nur auรerhalb ihrer bisherigen Tรคtigkeiten Schwerstarbeiten auf dem Feld zu Niedriglรถhnen verrichten, auch wรคre die Infektionsgefahr bedeutend hรถher.
Rechte Politiker fordern Zwangsarbeit
Der schweizerische Bundesrat hat im Zuge von Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit Anreize geschaffen, damit Beschรคftigte in Kurzarbeit auch auf den Feldern und anderen Branchen aushelfen kรถnnen und zusรคtzliche Verdienste nicht angerechnet werden. Doch der Wirtschaftskommission des Nationalrats (WAK) reicht das nicht aus. Sie wollen Erwerbslose dazu zwingen, auch auf den Feldern oder im Gesundheitssektor zu arbeiten. Hierfรผr sollen eigens die Zumutbarkeitskriterien fรผr Erwerbslose aufgeweicht werden. So kรถnnte ein erwerbsloser Koch dazu gezwungen werden auch auf den Gemรผsefeldern zu arbeiten. Ansonsten wรผrden die Sozialleistungen in der Schweiz gestoppt.
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Die Vorschlรคge kommen vor allem von der rechtspopulistischen Partei SVP und werden von einer Reihe bรผrgerlicher Politiker und der Wirtschaft unterstรผtzt. “Die angestrebte Anpassung trรคgt dazu bei, die Abhรคngigkeit der einheimischen Wirtschaft vom Ausland zu verkleinern”, sagt der Nationalrat Thomas Aeschi. Arbeitslose sollen seiner Meinung nach dort eingesetzt werden, wo “Not am Manne” ist.
Arbeitszwang auch nach der Krise
Der Arbeitszwang solle nicht nur im Rahmen der Coronakrise gelten, sondern auch fรผr die Zeit danach, betonte der SVP Politiker. “Die Ausweitung der Zumutbarkeit werden vor dem Hintergrund gefordert, dass die Arbeitslosigkeit รผber lรคngere Zeit deutlich hรถher liegen kรถnnte als heute.” Die Zwangsverpflichtung wird auch vom Schweizerischen Arbeitgeberverband ausdrรผcklich unterstรผtzt. “Wir unterstรผtzen das Anliegen der Wirtschaftskommission”, sagt Daniella Lรผtzelschwab, die Leiterin Ressort Arbeitsmarkt und Arbeitsrecht.
Auch in Deutschland werden solche Forderungen aufgestellt
Auch in Deutschland forderte vor einigen Wochen die Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klรถckner (CDU) die Felder mit Hartz IV Beziehenden und Flรผchtlingen zu fรผllen. Einen entsprechenden Vorschlag machte Klรถckner in einem Schreiben an Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Sie wolle “Engpรคsse in der Versorgung vermeiden”. Aufgrund der Ausnahmeregelungen fรผr Gastarbeiter aus Polen und Rumรคnien wurde der Vorschlag wieder verworfen – bis zum nรคchsten Mal.
Covid-19 Todesfall auf dem Feld
Wie gefรคhrlich die Arbeit auf den Feldern derzeit ist, zeigte der tragische Tod eines Erntehelfers aus Rumรคnien. Der Arbeiter war am Osterwochenende in Bad Krozingen sรผdwestlich von Freiburg gestorben. Der Betroffene “war an Covid-19 erkrankt”, so sagt es das Gesundheitsamt des Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald. Infiziert hรคtte er sich aller Wahrscheinlichkeit in Deutschland.