Urteil: Kein Anrecht auf Sozialhilfe-Schecks

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LSG Potsdam: Rentner soll Geld im Rathaus abholen

Sozialhilfeempfรคnger haben keinen Anspruch auf Zahlungen per Scheck oder Postanweisung direkt an die Haustรผr. Das hat das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg in Potsdam in einem am Montag, 20. April 2020, verรถffentlichten Urteil entschieden (Az.: L 15 SO 245/16). Der Streit ist inzwischen beim Bundessozialgericht anhรคngig.

Das LSG wies einen 82-jรคhrigen Mann aus Berlin ab. Dieser erhรคlt eine Rente und aufstockende Grundsicherungsleistungen. Er ist schwerbehindert mit einem Grad von 60, und in seinem Behindertenausweis ist mit dem Merkzeichen โ€žG” eine erhebliche Beeintrรคchtigung beim Gehen bestรคtigt. Mit dem Hinweis, er sei โ€žnicht gut zu FuรŸ”, verlangte er statt einer รœberweisung die Zahlung per Scheck oder Postanweisung.

Die Berliner Sozialbehรถrden lehnten dies ab. Zur Begrรผndung verwiesen sie auf die hohen Kosten von 6,50 Euro fรผr die ersten 50 Euro und 65 Cent fรผr jede weiteren angefangenen 50 Euro pro Auszahlung. Doch auch als der Rentner anbot, diese Kosten zu รผbernehmen, lehnte die Sozialbehรถrde dies wegen des hohen Verwaltungsaufwands ab. Mรถglich seien nur eine รœberweisung oder die Barauszahlung in den Rรคumen der Behรถrde.

Der Rentner meinte, das Sozialgesetzbuch gebe ihm ein Wahlrecht. Seine Klage hatte jedoch vor dem Sozialgericht und nun auch vor dem LSG keinen Erfolg.

Laut Gesetz werden Sozialleistungen auf das Konto รผberwiesen โ€žoder, wenn der Empfรคnger es verlangt, kostenfrei an seinen Wohnsitz (…) รผbermittelt”.

Doch das Wort โ€žWohnsitz” meint hier nicht die Wohnung, sondern die Gemeinde, urteilte nun das LSG Potsdam. Das gehe aus der Begriffserklรคrung an anderer Stelle des Sozialgesetzbuchs hervor. Auch nach dem Bรผrgerlichen Gesetzbuch und im Steuerrecht sei mit dem Begriff Wohnsitz โ€žder geografische Ort gemeint, an dem sich die Wohnung befindet”. Eine รœbermittlung des Geldes โ€ždirekt in die Wohnung” sehe das Gesetz demnach nicht vor.

Auch ausreichende Grรผnde fรผr eine Ausnahme lรคgen hier nicht vor. Der Rentner kรถnne sich das Geld kostenfrei im Bezirksrathaus abholen. Der Weg dorthin dauere mit รถffentlichen Verkehrsmitteln 35 Minuten. Diese kรถnne er wegen des Merkzeichens โ€žG” kostenfrei nutzen. Zu und von den Haltestellen und beim Umsteigen fielen nur kurze FuรŸwege von jeweils hรถchstens 350 Metern an.

โ€žDer Senat hat keine Zweifel, dass der Klรคger diese Strecke bewรคltigen kann”, heiรŸt es in dem jetzt schriftlich verรถffentlichten Urteil vom 13. Februar 2020. Auch bislang habe er das Geld im Bezirksrathaus abgeholt. Zudem sei auch das Einlรถsen eines Verrechnungsschecks mit einem Weg zur Post oder zur Bank verbunden.

Gegen dieses Urteil lieรŸ das LSG aber die Revision zum Bundessozialgericht (BSG) in Kassel zu, damit der sozialrechtliche Wohnsitz-Begriff hรถchstrichterlich geklรคrt werden kann. Der Rentner hat die Revision auch eingelegt (Az. BSG: B 8 SO 3/20 R).ย mwo/fle