Chancenlose Nachhilfe muss Jobcenter nicht zahlen

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LSG Stuttgart: Schülerüberforderung kann Schulwechsel begründen

02.06.2016

Stuttgart (jur). Kann einem Schüler aus einer Hartz-IV-Familie auch mit Nachhilfe voraussichtlich nicht in die nächste Klassenstufe versetzt werden, muss das Jobcenter keine Lernförderung finanzieren. Bei „gravierenden strukturellen Defiziten, die eine grundsätzliche Überforderung des Schülers beim Besuch einer höheren Schule zeigen“, müsse stattdessen in eine geeignete Schulform gewechselt werden, entschied das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in Stuttgart in einem am Donnerstag, 2. Juni 2016, bekanntgegebenen Beschluss (Az.: L 12 AS 1643/16 ER-B).

Im konkreten Fall hatte eine Hartz-IV-Bezieherin die Kostenübernahme für Nachhilfestunden für ihre Tochter bei ihrem Jobcenter beantragt. Das Halbjahreszeugnis sei schlecht ausgefallen. In Deutsch, Mathematik und „Naturwissenschaftliches Arbeiten“ gab es eine „5“. Im Zeugnis wurde „Versetzung gefährdet“ und „Schulwechsel empfohlen“ vermerkt.

Das Jobcenter bewilligte zunächst Nachhilfe im Umfang von sechs Wochenstunden. Doch als die Lehrer in einer Stellungnahme erklärten, dass auch eine Lernförderung voraussichtlich zu keiner Besserung führen werde und ein Wechsel auf eine Werkrealschule angezeigt sei, wurden die Anträge auf Nachhilfe abgelehnt.

Zu Recht, wie das LSG in seinem Beschluss vom 23. Mai 2016, entschied. Maßgeblich seien die „wesentlichen Lernziele“, also wie die Schülerin in versetzungsrelevanten Fächern bestehen könne. Eine Lernförderung müsse hier auch bei Schwächen helfen können. Kommen Lehrer und Schule jedoch zu dem Schluss, dass auch „mit erheblichem Aufwand“ die Versetzung nicht erreicht werden könne, müsse das Jobcenter die Nachhilfe auch nicht finanzieren.

Bestünden „gravierende strukturelle Lerndefizite“ und eine Überforderung des Schülers beim Besuch einer höheren Schule, müsse eben in eine geeignetere Schulform gewechselt werden, so die Stuttgarter Richter. Ein Anspruch auf eine Lernförderung bestehe in solchen Fällen nicht.

Umgekehrt hatte das Hessische LSG in Darmstadt entschieden dass das Jobcenter Nachhilfestunden allerdings auch erst dann bezahlen muss, wenn die Versetzung gefährdet ist (Urteil und JurAgentur-Meldung vom 13. Januar 2016, Az.: L 9 AS 192/14). (fle/mwo/fle)

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