Bürgergeld gepfändet: So rettet man Sozialleistungen auf dem P-Konto

Lesedauer 6 Minuten

Eine Kontopfändung trifft Bürgergeld-Beziehende besonders hart, weil sie nicht „irgendwo“ pfändet, sondern genau dort, wo Miete, Strom und Lebensmittel bezahlt werden müssen. Viele merken es erst, wenn das Geld zwar eingeht, aber die Bank den Zugriff sperrt.

Der entscheidende Punkt ist dabei nicht, ob die Zahlung vom Jobcenter kommt, sondern ob Ihr Konto als P-Konto geführt wird und ob alle zusätzlichen Freibeträge korrekt hinterlegt sind. Ohne diese Schritte kann selbst das Existenzminimum praktisch festhängen.

Wichtig: Bürgergeld ist nicht automatisch „unpfändbar“. Der wirksame Schutz entsteht über P-Konto + Freibetrag + ggf. Erhöhung/Freigabe.

Bürgergeld gepfändet: Warum das Konto trotzdem blockiert wird

Rechtlich kann eine Pfändung grundsätzlich auch ein Konto treffen, auf das Sozialleistungen eingehen. In der Praxis entscheidet deshalb die Technik des Pfändungsschutzes: Wenn kein P-Konto eingerichtet ist, darf die Bank das Konto wegen der Pfändung sperren und erst nach Klärung wieder freigeben.

Mit P-Konto gibt es einen monatlichen Basisschutz, der automatisch greift – alles darüber wird aber häufig erst dann verfügbar, wenn Sie die Erhöhung oder eine Sonderfreigabe sauber nachweisen.

P-Konto: Der Basisschutz – und warum er bei Bürgergeld oft nicht reicht

Auf dem P-Konto ist pro Kalendermonat ein Grundfreibetrag von 1.560,00 Euro geschützt (Stand: seit 01.07.2025). Bis zu dieser Grenze muss die Bank Auszahlung, Überweisung und Kartenzahlungen grundsätzlich ermöglichen.

Bei Bürgergeld reicht dieser Grundfreibetrag in vielen Haushalten nicht, weil mehrere Bestandteile zusammenlaufen: Leistungen für mehrere Personen, Kindergeld, eventuell Unterhalt, manchmal ein Nebenjob – und besonders häufig Nachzahlungen.

Das Ergebnis ist dann typisch: Der Betrag oberhalb des Grundfreibetrags wird blockiert, obwohl er faktisch für den Lebensunterhalt bestimmt ist.

Freibetrag erhöhen: Diese Beträge können zusätzlich geschützt werden

Wenn Sie für weitere Personen sorgen oder Leistungen für Kinder bzw. weitere Haushaltsmitglieder auf Ihr Konto fließen, kann der pfändungsfreie Betrag steigen. Üblich sind Erhöhungsbeträge in dieser Größenordnung:

Baustein Was das praktisch bedeutet
Grundfreibetrag: 1.560,00 € / Monat Dieser Betrag ist auf dem P-Konto automatisch geschützt.
585,23 € (erste weitere Person) Zusätzlicher Schutz, wenn Sie für eine weitere Person Unterhalt leisten oder bestimmte Leistungen für sie entgegennehmen.
326,04 € je weitere Person Zusätzlicher Schutz für weitere Personen (z. B. mehrere Kinder), wenn die Bank die Erhöhung korrekt hinterlegt.
Kindergeld / bestimmte laufende Sozialleistungen Häufig nur dann vollständig verfügbar, wenn sie über Bescheinigung eindeutig zugeordnet und freigestellt sind.
Nachzahlungen / Einmalzahlungen In vielen Fällen blockiert, bis eine Sonderfreigabe oder eine gesonderte Erfassung als einmaliger Freibetrag erfolgt.

Wichtig ist die praktische Konsequenz: Die Bank erhöht den Freibetrag in der Regel nicht „aus dem Bauch heraus“, sondern braucht eine belastbare Grundlage, die sie intern dokumentieren kann.

So setzen Sie die Freigabe richtig durch: Die 3-Stufen-Reihenfolge

1) Konto sofort als P-Konto führen lassen

Beantragen Sie bei Ihrer Bank die Umwandlung in ein P-Konto. Das ist der Startschalter für den automatischen Basisschutz. In der Praxis zählt Geschwindigkeit, weil ohne P-Konto selbst laufende Zahlungen blockiert bleiben können.

Ein P-Konto gibt es grundsätzlich nur einmal pro Person; wer mehrere Konten hat, muss sich entscheiden, welches geschützt werden soll.

2) Erhöhungen über eine P-Konto-Bescheinigung hinterlegen lassen

Alles, was über 1.560,00 Euro hinaus geschützt werden soll, wird typischerweise über eine P-Konto-Bescheinigung nachgewiesen. Diese Bescheinigung können je nach Konstellation z. B. Jobcenter/Sozialamt, Familienkasse, anerkannte Schuldnerberatungen oder andere hierfür zugelassene Stellen ausstellen.

Entscheidend ist nicht, woher die Bescheinigung kommt, sondern dass sie die relevanten Tatsachen klar abbildet: zusätzliche Personen, Kindergeld, Unterhalt, bestimmte Leistungsarten.

3) Sonderfreigabe anstoßen, wenn Geld trotzdem festhängt

Gerade bei Nachzahlungen und Einmalzahlungen kommt es vor, dass der Betrag trotz P-Konto und Bescheinigung nicht vollständig verfügbar wird, weil die Bank den Zufluss nicht allein anhand der Standarderhöhung freigeben kann oder will.

Dann brauchen Sie eine gesonderte Freigabeentscheidung (je nach Fall über Gericht oder Vollstreckungsbehörde). Das klingt groß, ist in der Praxis aber der normale Weg, wenn eine Nachzahlung den Monatsrahmen sprengt.

Unterlagenpaket, das Freigaben beschleunigt

Wenn Sie wollen, dass die Bank ohne Rückfragen umsetzt, liefern Sie die Zuordnung gleich mit. In der Praxis funktioniert es am besten, wenn Sie gesammelt einreichen:

Pfändungsmitteilung bzw. Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (soweit vorhanden), aktueller Bürgergeld-Bescheid, Nachweise zu Kindern (Kindergeldbescheid bzw. Zahlungsnachweis), ggf. Unterhaltsnachweis, Änderungsbescheid bei Nachzahlung sowie Kontoauszug, auf dem der Zahlungseingang erkennbar ist, plus die P-Konto-Bescheinigung.

Die Logik dahinter ist simpel: Je eindeutiger der Zufluss als existenzsichernde Leistung erkennbar ist, desto weniger Spielraum bleibt für Verzögerungen.

Der Klassiker bei Bürgergeld: Monatslogik, Nachzahlungen und „Geld am falschen Tag“

Das P-Konto arbeitet in Kalendermonaten. Dadurch entstehen Sperren oft nicht, weil „zu wenig“ geschützt wäre, sondern weil mehrere Zahlungen im selben Monat zusammenfallen.

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Beispiel 1: Single, normale Zahlung – kein Problem

Eine alleinstehende Person erhält 1.050 Euro Bürgergeld. Das liegt unter 1.560 Euro. Ergebnis: Mit P-Konto ist die Zahlung in der Regel vollständig verfügbar.

Beispiel 2: Alleinerziehend, Kindergeld + Bürgergeld – Erhöhung nötig

Eine Person erhält 1.150 Euro Bürgergeld und 250 Euro Kindergeld, insgesamt 1.400 Euro. Auch das liegt noch unter 1.560 Euro, es kann trotzdem zu Rückfragen kommen, wenn zusätzlich noch weitere Zuflüsse kommen (z. B. Unterhalt, Nebenjob oder eine kleine Nachzahlung). Sobald absehbar ist, dass der Monatszufluss häufig über 1.560 Euro springt, ist die Erhöhung über Bescheinigung die sauberste Lösung, damit der Schutz nicht monatlich „auf Kante“ läuft.

Beispiel 3: Paar mit zwei Kindern, Nachzahlung – ohne Sonderfreigabe blockiert

Ein Haushalt erhält 1.850 Euro Bürgergeld für die Bedarfsgemeinschaft plus 500 Euro Kindergeld, also 2.350 Euro. Das liegt deutlich über 1.560 Euro. Wenn hier keine Erhöhung hinterlegt ist, wird regelmäßig ein Teil blockiert. Kommt zusätzlich eine Nachzahlung von 900 Euro, ist der Ärger vorprogrammiert: Der Monatszufluss explodiert, und ohne Erhöhung plus ggf. Sonderfreigabe bleibt Geld hängen, obwohl es ersichtlich zur Existenzsicherung bestimmt ist.

Der entscheidende Punkt für Betroffene ist deshalb nicht die Diskussion „pfändbar oder unpfändbar“, sondern die konsequente Frage: Welche Freibeträge sind bei meiner Bank aktiv – und decken sie meinen monatlichen Zufluss realistisch ab?

Zwei Sonderfälle, die viele übersehen

Gemeinschaftskonto: P-Konto ist hier häufig die falsche Baustelle

Ein P-Konto ist praktisch auf eine Person zugeschnitten. Bei einem Gemeinschaftskonto wird es schnell unübersichtlich, weil die Zuordnung von Freibeträgen und Zuflüssen nicht sauber gelingt. Wer Bürgergeld in einer Partnerschaft bezieht und ein Oder-Konto nutzt, sollte früh prüfen, ob ein getrenntes Einzelkonto die einzig realistische Lösung ist, um Pfändungsschutz zuverlässig umzusetzen.

KdU-Direktzahlung: Wenn die Miete gar nicht über Ihr Konto läuft

Manche Jobcenter zahlen die Kosten der Unterkunft direkt an den Vermieter. Das entschärft zwar den Druck, weil die Miete nicht durch die Kontosperre gefährdet ist, löst aber nicht das Grundproblem: Sie brauchen weiterhin Zugriff auf den Betrag für Ernährung, Strom und Alltag. Wer keine Direktzahlung hat und die Miete selbst überweist, muss besonders schnell handeln, weil eine Kontosperre sofort zu Rückständen führt.

Notfall: Konto gesperrt, Miete fällig – was Sie heute tun

Wenn das Konto bereits blockiert ist, zählen Reihenfolge und Tempo. Stellen Sie das Konto sofort auf P-Konto um, weil erst dann der Basisschutz greift. Parallel besorgen Sie eine Bescheinigung zur Erhöhung, wenn Ihr Monatszufluss erkennbar über 1.560 Euro liegt oder wegen Kindern/Unterhalt steigen muss.

Und wenn eine Nachzahlung oder Einmalzahlung der Grund für die Sperre ist, beantragen Sie ohne Umweg die gesonderte Freigabe, statt tagelang nur mit der Filiale zu diskutieren. Für Vermieter und Energieversorger ist nicht entscheidend, warum das Konto gesperrt ist, sondern ob Sie zahlen – deshalb müssen die Schritte parallel laufen, nicht nacheinander.

Mustertext für die Bank: Erhöhung/Freigabe in klaren Sätzen

Betreff: P-Konto – Erhöhung/Freigabe pfändungsfreier Beträge (Bürgergeld/Kindergeld/Nachzahlung)

Ich führe mein Konto als Pfändungsschutzkonto. Auf dem Konto sind pfändungsfreie Beträge eingegangen (Bürgergeld/Kindergeld/Leistungen für weitere Personen/Nachzahlung). Ich beantrage die Berücksichtigung der pfändungsfreien Erhöhungsbeträge und die Freigabe des entsprechenden Guthabens.

Als Nachweis übersende ich die P-Konto-Bescheinigung sowie die aktuellen Leistungsbescheide und den Nachweis der Gutschrift(en). Bitte bestätigen Sie mir schriftlich, ab wann die erhöhten Freibeträge hinterlegt sind und welcher Betrag aktuell verfügbar ist.

FAQ

Muss ich Bürgergeld „umleiten“, damit es geschützt ist?
Nein. Entscheidend ist, dass das Konto als P-Konto geführt wird und die Freibeträge zu Ihrem tatsächlichen Zufluss passen. Ein „anderes Konto“ ohne P-Konto löst das Problem meist nicht, sondern verschiebt es.

Wer stellt die Bescheinigung für zusätzliche Freibeträge aus?
In der Praxis kommen je nach Fall Jobcenter/Sozialamt, Familienkasse oder anerkannte Schuldnerberatungen in Betracht. Wichtig ist, dass die zusätzlichen Personen, Kinderleistungen und relevanten Leistungsarten eindeutig bescheinigt sind.

Was ist, wenn zwei Pfändungen gleichzeitig laufen?
Mehrere Pfändungen ändern nichts daran, dass der Pfändungsschutz über das P-Konto funktioniert. Praktisch steigt aber die Wahrscheinlichkeit, dass Geld bei Sonderkonstellationen erst nach zusätzlicher Freigabeentscheidung vollständig verfügbar wird.

Was ist mit Nachzahlungen – bekomme ich das Geld „irgendwann“ automatisch?
Nicht zuverlässig. Nachzahlungen sprengen häufig die Monatslogik. Wenn das Geld festhängt, brauchen Sie häufig eine gezielte Freigabe (und die passenden Nachweise), statt nur auf die nächste Monatsgrenze zu hoffen.

Darf die Bank pfändungsfreie Beträge einfach mit Dispo oder Gebühren verrechnen?
Pfändungsschutz soll das Existenzminimum sichern. Wenn der Eindruck entsteht, dass trotz pfändungsfreiem Betrag faktisch kein Zugriff möglich ist, sollten Sie das schriftlich rügen und sich zeitnah Hilfe holen, weil solche Fälle oft nur mit klarer Dokumentation sauber gelöst werden.

Wie erkenne ich am schnellsten, ob ich eine Erhöhung brauche?
Rechnen Sie den gesamten Monatszufluss zusammen: Bürgergeld (für alle Personen), Kindergeld, Unterhalt, Nebenjob, Nachzahlungen. Liegt die Summe häufig über 1.560 Euro oder schwankt stark, sollten Erhöhungen und Nachzahlungsfreigaben von Anfang an mitgedacht werden.