Rentner aufgepasst: Gesundheitskarte vor dem Aus? Das gilt ab 2026

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Wer heute als Rentner oder Schwerbehinderter zum Arzt geht, greift fast automatisch zur elektronischen Gesundheitskarte. Sie ist seit Jahren der praktische Ausweis für die gesetzliche Krankenversicherung – und für viele Menschen ein Stück Routine im Alltag.

Genau diese Routine verändert sich ab 2026, weil sich der Versicherungsnachweis im Gesundheitswesen verändert: Neben die Plastikkarte tritt ein digitaler Nachweis auf dem Smartphone, die sogenannte GesundheitsID. Das sorgt für Schlagzeilen vom „Ende der Gesundheitskarte“ – und für Unsicherheit, gerade bei Älteren.

Das Wichtigste vorweg: Ab 2026 kommt eine neue Möglichkeit hinzu, aber die Karte verschwindet nicht von einem Tag auf den anderen, auch wenn einige Rentenberater anderes berichten.

Warum ausgerechnet 2026 so wichtig ist

Die Debatte hat einen klaren Auslöser: Der Gesetzgeber hat festgelegt, dass digitale Identitäten im Gesundheitswesen ab 2026 denselben Zweck erfüllen dürfen wie die elektronische Gesundheitskarte – nämlich die Authentisierung und den Versicherungsnachweis.

Das Datum 1. Januar 2026 taucht dabei ausdrücklich in den Regeln zur gesetzlichen Krankenversicherung auf. Gleichzeitig gilt bereits seit Anfang 2024: Gesetzliche Krankenkassen müssen ihren Versicherten auf Wunsch eine sichere digitale Identität bereitstellen. Das heißt: 2024 ist der Start der Bereitstellung, 2026 der Start der Nutzung als „Karte-Alternative“ beim Arztkontakt.

Für Rentnerinnen und Rentner ist das Thema besonders sensibel, weil Arztbesuche häufiger werden, weil Pflege- und Betreuungsstrukturen oft mit im Spiel sind – und weil nicht jeder selbstverständlich mit Smartphone, Online-Ausweisfunktion und Apps umgeht. Genau hier entscheidet sich, ob Digitalisierung entlastet oder zusätzlich belastet.

Was ab dem 1. Januar 2026 rechtlich gilt – und was nicht

Ab dem 1. Januar 2026 kann der Versicherungsnachweis in der gesetzlichen Krankenversicherung auch über eine digitale Identität erbracht werden. Im juristischen Alltag bedeutet das: Eine Arztpraxis darf den Nachweis künftig nicht nur über das Einlesen der Gesundheitskarte abwickeln, sondern auch über den digitalen Weg – sofern die versicherte Person diese Möglichkeit nutzt.

Wichtig: Die elektronische Gesundheitskarte wird nicht „abgeschafft“. Offizielle Stellen sprechen von einem zusätzlichen Weg. Wer die Karte weiterhin verwenden möchte, soll das zunächst auch weiterhin können. Damit bleibt für viele Rentnerinnen und Rentner die gewohnte Lösung im Portemonnaie erst einmal voll gültig – und die Umstellung wird eher zur Frage des Wollens und Könnens als zur Pflicht.

Was genau ist die GesundheitsID – und wofür ist sie gedacht?

Die GesundheitsID ist eine digitale Identität für das Gesundheitswesen. Sie soll ermöglichen, dass man sich gegenüber digitalen Anwendungen sicher ausweist – etwa bei der elektronischen Patientenakte, beim E-Rezept oder bei weiteren digitalen Angeboten. Praktisch läuft das auf ein Login hinaus, das stärker abgesichert ist als ein einfaches Passwort.

Die zuständige Gesellschaft für Telematikinfrastruktur beschreibt die GesundheitsID als freiwillige Alternative zur Karte und betont dabei Sicherheitsmechanismen wie eine Zwei-Faktor-Absicherung. Das ist entscheidend, weil im Gesundheitswesen besonders schützenswerte Daten berührt werden – und weil Missbrauch, etwa durch verlorene Geräte oder Phishing, in der Praxis immer mitgedacht werden muss.

Was ändert sich für Rentnerinnen und Rentner im Alltag?

Im besten Fall wird der Arztbesuch einfacher: Wer die GesundheitsID nutzt, kann sich künftig digital ausweisen, ohne die Karte dabei zu haben. Das kann helfen, wenn die Karte vergessen wurde, wenn ein Ersatz gerade auf dem Postweg ist oder wenn jemand spontan in einer Praxis auftaucht.
Für viele Rentnerinnen und Rentner wird aber zunächst vor allem eines wichtig sein: Sie müssen nichts überstürzen.

Die verbreitete Sorge, ab 2026 ohne Smartphone plötzlich „nicht mehr dran zu kommen“, ist so in dieser Pauschalität nicht richtig. Denn die Karte bleibt nutzbar, und es gibt zusätzlich etablierte Ersatzwege, wenn gerade kein Kartenlesevorgang möglich ist.

Gleichzeitig ist nicht zu unterschätzen, dass der Trend im System klar in Richtung digitaler Abläufe geht. Wer heute schon E-Rezepte nutzt, eine ePA verwaltet oder digitale Servicewege der Krankenkasse verwendet, wird mittelfristig öfter an die GesundheitsID herangeführt werden – allein, weil sie in vielen Anwendungen als bequemer Zugang gedacht ist.

Und wenn man kein Smartphone hat oder keines nutzen möchte?

Genau an dieser Stelle entscheidet sich, ob die Reform sozial verträglich umgesetzt wird. Für Menschen ohne Smartphone, ohne Online-Ausweisfunktion oder ohne Bereitschaft, Apps zu nutzen, bleibt die Gesundheitskarte der sichere Standard. Außerdem existiert bereits ein weiterer Baustein, der in der Praxis sehr relevant ist: die elektronische Ersatzbescheinigung als Versicherungsnachweis, die genutzt werden kann, wenn die Karte nicht eingelesen werden kann. Arztpraxen und Kassen haben damit einen Weg, kurzfristige Lücken zu überbrücken, ohne dass Patientinnen und Patienten abgewiesen werden.

Für Rentnerinnen und Rentner, die Hilfe benötigen – etwa in Pflegeeinrichtungen oder bei Betreuung durch Angehörige – wird es darauf ankommen, wie gut Krankenkassen und Leistungserbringer Unterstützungsprozesse anbieten: verständliche Erklärungen, barrierearme Identifizierung und realistische Alternativen, wenn digitale Schritte scheitern. Das Gesetz verlangt hier ausdrücklich barrierefreie Verfahren, aber die Qualität entscheidet sich in der Umsetzung.

Wie bekommt man eine GesundheitsID – und wie aufwendig ist das?

Die GesundheitsID kommt nicht automatisch mit Rentenbeginn, sondern über die Krankenversicherung. Bei gesetzlich Versicherten läuft sie in der Regel über Angebote der Krankenkasse, häufig eingebettet in eine Kassen-App oder eine ePA-App. Für die sichere Einrichtung ist eine Identifizierung erforderlich. Offizielle Informationen nennen dafür unter anderem den Personalausweis mit Online-Funktion und PIN oder alternativ Verfahren über die Gesundheitskarte mit PIN. Das klingt technisch – und kann es im Einzelfall auch sein, wenn etwa die Online-Ausweisfunktion nicht aktiviert ist oder PIN/PUK-Unterlagen fehlen.

Gerade für Ältere wird deshalb wichtig sein, dass die Krankenkassen nicht nur ein digitales Verfahren „bereitstellen“, sondern auch echte Unterstützung anbieten: telefonisch, in Geschäftsstellen oder mit klarer Schritt-für-Schritt-Begleitung. Sonst entsteht eine neue Hürde, die am Ende genau jene trifft, die am häufigsten medizinische Versorgung brauchen.

Gilt das alles auch für privat versicherte Rentner?

Die Schlagzeilen vermischen oft gesetzliche und private Krankenversicherung, obwohl beide Systeme anders funktionieren. Der klassische Versicherungsnachweis per Gesundheitskarte betrifft vor allem die gesetzliche Krankenversicherung. In der privaten Krankenversicherung ist die Vorlage eines Versicherungsnachweises im Behandlungsablauf traditionell nicht in derselben Weise nötig.

Dennoch bewegt sich auch die PKV in Richtung digitaler Prozesse: Verbände der Privatversicherer beschreiben die GesundheitsID als Möglichkeit, Privatversicherte sicher in der Telematikinfrastruktur zu authentifizieren und einen komfortablen Online-Check-in zu ermöglichen. Für privat versicherte Rentnerinnen und Rentner bedeutet das: Der digitale Trend kann auch dort ankommen, aber nicht im identischen Pflicht- und Nachweisrahmen wie in der GKV.

Datenschutz und Sicherheit: Warum das Thema so heikel ist

Gesundheitsdaten gehören zu den sensibelsten Informationen überhaupt. Bei der GesundheitsID geht es zwar nicht darum, „alle Daten aufs Handy zu packen“, sondern darum, sich sicher auszuweisen und Zugriffe zu steuern. Trotzdem entstehen neue Risiken: Ein Smartphone kann verloren gehen, ein Zugang kann durch Betrug erschlichen werden, und digitale Verfahren können Menschen unter Druck setzen, die eigentlich nur zum Arzt wollen.

Deshalb ist entscheidend, dass Sicherheitsstandards nicht nur angekündigt, sondern verlässlich umgesetzt werden. Offizielle Stellen verweisen hier auf abgestimmte Sicherheitsanforderungen, eine starke Authentifizierung und die Einbindung von IT-Sicherheits- und Datenschutzinstanzen.

Für Versicherte ist im Alltag relevant: Wer die GesundheitsID nutzt, sollte das Smartphone selbst absichern, Updates ernst nehmen und bei Unsicherheit lieber den klassischen Weg über die Karte wählen. Digitalisierung darf Komfort bringen, aber sie darf niemanden dazu verleiten, Schutzmaßnahmen als lästige Formalität abzutun.

Kommt die Umstellung wirklich punktgenau 2026?

Auf dem Papier ist der Stichtag klar. In der Praxis der Gesundheits-IT ist „Stichtag“ aber oft eher ein Ziel als eine Garantie. Fachberichte aus dem Apotheken- und Gesundheitsumfeld haben bereits 2025 darauf hingewiesen, dass einzelne Fristen im Umfeld der Digitalisierung nicht immer gehalten werden und Verschiebungen diskutiert werden. Auch andere Informationsangebote verweisen darauf, dass technische Voraussetzungen und Umstellungen bei Leistungserbringern eine Rolle spielen und Termine sich verlagern können.

Für Rentnerinnen und Rentner ist das eine gute Nachricht und eine schlechte zugleich. Die gute: Niemand sollte sich von einer Schlagzeile unter Zeitdruck setzen lassen. Die schlechte: Übergangsphasen dauern im Gesundheitswesen häufig länger – und damit auch die Phase, in der parallel mehrere Verfahren existieren und Verunsicherung entsteht. Genau deshalb ist seriöse Kommunikation so wichtig: Was ist bereits möglich? Was ist geplant? Was bleibt als verlässlicher Standard?

Der größere Rahmen: EU-Digital-Wallet und das digitale Gesundheitswesen

Die GesundheitsID ist kein isoliertes Projekt, sondern Teil eines breiteren Trends: Identitäten und Nachweise wandern in digitale Wallets, Logins und sichere Apps.

Auf EU-Ebene wird mit der europäischen digitalen Brieftasche (EUDI-Wallet) ein Rahmen geschaffen, den Mitgliedstaaten bis Ende 2026 anbieten sollen. In Deutschland wird diese Entwicklung aufmerksam verfolgt, weil sie perspektivisch auch den Alltag im Gesundheitswesen beeinflussen kann – etwa bei der Frage, wie Identitäten künftig in verschiedenen Lebensbereichen funktionieren, ohne dass man für jede Anwendung ein eigenes System pflegt.

Für die Versorgung bedeutet das: Wer 2026 als Startpunkt liest, sollte gedanklich nicht bei diesem Datum stehen bleiben. Es geht um eine längerfristige Verschiebung hin zu digitalen Prozessen, bei denen Versicherungsnachweis, Rezept, Akte und Kommunikation stärker zusammenwirken. Für viele Rentnerinnen und Rentner wird die wichtigste Leitlinie sein, Schritt für Schritt zu entscheiden, welche digitalen Angebote ihnen wirklich helfen – und welche sie getrost auslassen können, solange analoge Wege zuverlässig offen bleiben.

Fazit: Kein abruptes Ende, aber ein spürbarer Kurswechsel

„Gesundheitskarte vor dem Aus“ ist als Schlagzeile verständlich, trifft die Realität aber nur begrenzt. Ab 2026 wird der digitale Versicherungsnachweis über die GesundheitsID im System verankert. Die Karte bleibt jedoch nach den offiziellen Aussagen als parallele Möglichkeit bestehen, und gerade für ältere Menschen ist diese Parallelität der entscheidende Schutz vor Überforderung.

Für Rentnerinnen und Rentner ergibt sich daraus ein pragmatischer Weg: Wer digital sicher ist und ohnehin Apps nutzt, kann von der GesundheitsID profitieren. Wer das nicht möchte oder nicht kann, sollte sich nicht verunsichern lassen und die Karte weiterhin als Standard begreifen. Wichtig bleibt, dass Krankenkassen, Praxen und Politik die Übergangsphase so gestalten, dass niemand wegen Technikfragen schlechter versorgt wird. Denn am Ende geht es nicht um Plastikkarten oder Smartphones – sondern darum, wie niedrig die Hürden bleiben, medizinische Hilfe zu bekommen.

Quellen

gematik, Faktencheck „Ab 2026 soll die GesundheitsID als Versicherungsnachweis dienen. Wird die eGK abgeschafft?“ (Stand 22.06.2023).
Sozialgesetzbuch (SGB V), § 291 (Elektronische Gesundheitskarte) mit Regelung zur digitalen Identität ab 01.01.2026.