Eine Reha soll dazu dienen, Menschen aus dem Alltagstrott zu holen, körperliche oder psychische Belastungen zu lindern und neue Kraft für den Alltag zu schöpfen.
Doch die schmähende Kritik, insbesondere gegenüber erwerbslosen Menschen, ist groß: Warum braucht jemand, der nicht arbeitet, eine Reha? Handelt es sich dabei nur um einen „Staatsurlaub“, finanziert aus Steuergeldern?
Inhaltsverzeichnis
Wieso benötigen Menschen eine Reha?
Die medizinische Rehabilitation dient eben nicht der bloßen Erholung. Sie ist darauf ausgelegt, Gesundheitsprobleme zu behandeln und einen Wiedereinstieg in das gesellschaftliche und – für Erwerbstätige – berufliche Leben zu ermöglichen.
Chronische Leiden, psychische Erkrankungen oder andere gesundheitliche Einschränkungen können Menschen daran hindern, ein gutes Leben zu führen.
Laut dem Statistischen Bundesamt leidet etwa jede dritte Person an chronischen Rückenschmerzen – eine der häufigsten Ursachen für Arbeitsausfälle und Kosten in Milliardenhöhe.
Rehabilitationsmaßnahmen, kurz Reha, können daher präventiv wirken und langfristige Kosten für Kassen und Gesellschaft senken.
Aber nicht nur Erwerbstätige leiden unter den Auswirkungen körperlicher und seelischer Belastungen.
Auch Menschen ohne Arbeit kämpfen mit physischen und psychischen Herausforderungen. Erwerbslosigkeit bringt häufig eine erhebliche soziale Isolation und Einsamkeit mit sich, was wiederum negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben kann.
So kann eine Reha auch für diese Menschen ein notwendiger Schritt sein, um ihre Lebensqualität zu verbessern und sie in die Gesellschaft einzugliedern.
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Wer hat Anspruch auf Reha?
Rehas werden sowohl Beschäftigten als auch Bürgergeld-Beziehern gewährt. Der Zugang erfolgt in der Regel über die Krankenkassen oder die Rentenversicherung.
Beide Institutionen prüfen individuell, ob eine Reha aus medizinischer Sicht notwendig ist. Auch Menschen im Bürgergeld-Bezug haben grundsätzlich Anspruch auf Reha-Leistungen, wenn eine medizinische Indikation vorliegt.
Währenddessen mag es einigen Erwerbstätigen als ungerecht erscheinen, dass ihre Steuern für solche Maßnahmen verwendet werden, anstatt ausschließlich der eigenen Gesundheitsversorgung zugutekommen.
Sie verkennen dabei jedoch, dass Reha-Leistungen zu einem funktionierenden Sozialversicherungssystem gehören, das in erster Linie das Wohl aller Mitglieder im Blick hat. Eine gesündere Gesellschaft führt zu weniger Krankheitsausfällen und senkt auf lange Sicht die Sozialausgaben.
Mehrbedarf für Reha?
Zwar wird die Reha vom Staat bzw. der Krankenkasse bezahlt, doch für die Betroffenen entstehen häufig zusätzliche Kosten.
Menschen mit geringen Einkommen sind oft besonders stark belastet, da Rehabilitationsmaßnahmen besondere Anforderungen an die Ausrüstung und Kleidung der Patient stellen.
Turnschuhe mit weißen Sohlen für die Sporthalle, warme Kleidung für das Training im Freien, Badesachen für die Wassergymnastik – all dies summiert sich und ist oft nicht im knappen Budget einkalkuliert.
Für einkommensschwache Menschen ist es schwierig, die Anforderungen zu erfüllen. Die Möglichkeit, diese Kosten bei Sozialämtern oder Jobcentern geltend zu machen, ist begrenzt, da die Reha-Ausstattung oft nicht als Mehrbedarf anerkannt wird.
Es entsteht ein zusätzlicher finanzieller Druck, der den Nutzen der Maßnahme beeinträchtigen kann.
Zusätzliche Kosten: Sind alle Reha-Leistungen abgedeckt?
Obwohl viele Leistungen während der Reha übernommen werden, gibt es bestimmte Angebote, die zusätzlich zu bezahlen sind.
Ein Fernseher auf dem Zimmer, WLAN oder Waschmaschinenbenutzung sind meist mit Kosten verbunden, die finanziell benachteiligte Patient nur schwer tragen können.
Ebenso fallen oft Fahrtkosten an, die zwar teilweise erstattet werden, aber in manchen Fällen nicht den vollen Bedarf decken. So kann beispielsweise der Transport eines zweiten Koffers nur bei der Rentenversicherung beantragt werden, nicht jedoch bei vielen Krankenkassen.
Die Fahrt zur Klinik wird in der Regel mit 20 Cent pro Kilometer erstattet, jedoch nur, wenn die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht möglich ist. Das bedeutet, dass Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen auf ein Auto angewiesen sind, nur eine geringe finanzielle Unterstützung für den Anfahrtsweg erhalten.
Diese Regelungen führen zu einer Art „Zwei-Klassen-Reha“, bei der einkommensschwache Menschen Einschränkungen hinnehmen müssen, wie auch Inge Hannemann, ehemalige Jobcenter-Mitarbeiterin und Hartz IV Kritikerin unlängst zutreffend feststellte.
Der einkommensschwache Patient
Ein oft übersehener Punkt der Reha ist die soziale Teilhabe. Die Maßnahme soll nicht nur die körperliche Gesundheit verbessern, sondern auch den Menschen die Möglichkeit bieten, soziale Kontakte zu knüpfen und neue Impulse für das Leben nach der Reha zu sammeln. Doch genau hier zeigt sich erneut die Benachteiligung für Menschen mit geringem Einkommen.
Der Besuch in der Cafeteria, ein gemeinsames Kaffeetrinken oder eine Postkarte an die Familie – all dies bleibt für einige Patient ein Luxus, den sie sich während der Reha nicht leisten können.
Die soziale Isolation kann die Wirksamkeit der Maßnahme einschränken und sogar das Gegenteil bewirken: Anstatt gestärkt und motiviert aus der Reha zurückzukehren, fühlen sich diese Menschen weiterhin ausgeschlossen. Dieser Zustand steht im Widerspruch zu einem der Hauptziele der Reha: der Förderung der sozialen Teilhabe und Integration.
Wir brauchen einen Mehrbedarf
Um die soziale Teilhabe und die Wirksamkeit der Maßnahme für alle Patient sicherzustellen, wird gefordert, einen einmaligen Mehrbedarf von 100 Euro für den stationären Rehaaufenthalt einzuführen. Diese Summe könnte dazu beitragen, die finanzielle Belastung für einkommensschwache Menschen zu lindern und ihnen eine aktivere Teilnahme an den sozialen Aspekten der Reha zu ermöglichen. So könnten soziale Aktivitäten, kleine Anschaffungen oder gelegentliche Ausflüge ohne Sorgen um das Budget geplant werden.
Gleiche Gesundheitschancen für alle?
Das Recht auf Gesundheit und soziale Teilhabe ist für jeden Menschen grundlegend. Rehas sollen den Betroffenen nicht nur helfen, körperliche und seelische Beschwerden zu lindern, sondern auch die Möglichkeit bieten, am sozialen Leben teilzunehmen und in die Gesellschaft zurückzufinden.
Doch die finanziellen Hürden, die einkommensschwache Patient bewältigen müssen, stellen dieses Ziel infrage.
Eine gerechtere Gestaltung der Reha-Bedingungen, einschließlich eines finanziellen Mehrbedarfs, könnte dazu beitragen, dass alle Menschen die gleiche Chance auf Heilung und Wiedereingliederung erhalten. Nur so können wir eine Gesellschaft schaffen, in der gesundheitliche Unterstützung und soziale Teilhabe nicht vom Geldbeutel abhängen.
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