Weisen Sie jeden Cent nach! Jobcenter blockiert vereinfachten Hartz IV-Antrag von Friseurin

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Eine Friseurmeisterin musste aufgrund des Lockdowns im Dezember ihr Geschäft schließen. Das Jobcenter forderte immer wieder bereits vorliegende Nachweise. Das Sozialgericht gab der Betroffenen recht.

Selbstständige stellte wegen Corona-Lockdown vereinfachten Antrag auf Hartz IV

Die Betroffene stellte aufgrund der verordneten Schließung ihres Geschäfts ab 16.12.2020 einen vereinfachten Antrag auf Hartz IV und gab auf dem Formblatt an, über kein erhebliches Vermögen zu verfügen.

Das Jobcenter forderte sie daraufhin auf, den Antrag nochmal auszufüllen, alle bereits vorliegenden Nachweise nochmals einzureichen sowie lückenlose Kontoauszüge von allen Konten für das letzte halbe Jahr vorzulegen, eine Prognose für die kommenden Monate abzugeben, das bisherige Kassenbuch samt betrieblichen Auswertungen, Einkommenssteuerbescheide und eine Erklärung über den Lebensunterhalt der letzten sechs Monate vorzulegen. Bei fehlender Mitwirkung würden etwaige Ansprüche gekürzt.

Jobcenter forderte immer wieder Vorlage von Nachweisen

Die Betroffene gab daraufhin an, in den nächsten Monaten aufgrund der Schließung ihres Geschäfts keine Einnahmen zu erzielen. Etwaige Schulden oder Einnahmen vor der Antragstellung seien irrelevant, da der Antrag im Sinne des Sozialschutzpaketes den Lebensunterhalt während des verordneten Lockdowns sichern solle und eine Bedürftigkeit mit Ende des Lockdowns beendet sei.

Aber das Jobcenter ließ nicht locker. Es forderte nochmals lückenlose Kontoauszüge des letzten halben Jahres von allen existenten Konten und eine ergänzende Bescheinigung des Vermieters. Außerdem solle die Betroffene erneut Kassenbuch, Sozialversicherungsausweis und dergleichen vorlegen. Die Pflicht zur Vorlage notwendiger Unterlagen nach § 67 SGB II bestünde schließlich weiterhin. Die Betroffene gab nach und sandte die angeforderten Unterlagen ein weiteres Mal an das Jobcenter. Dieses befand den Antrag trotzdem für nicht beschlussreif, es forderte weitere Auszüge und Nachweise.

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Absurde Kontrollpraxis widerspricht vereinfachtem Zugang zu Sozialleistungen

Am 21.01.2021 stellte die Betroffene schließlich einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Dem gab das Sozialgericht Osnabrück statt (Az.: S 22 AS 16/21 ER). Der pandemiebedingt angepasste § 67 SGB II solle einen vereinfachten Zugang zu Sozialleistungen für jene ermöglichen, die von starken Einkommenseinbußen betroffen sind. Bei der betroffenen Friseurin sei das ganz offensichtlich der Fall. Außerdem habe sie nachgewiesen, über keine weiteren Einnahmen, zum Beispiel durch den Verkauf von Gutscheinen, oder relevantes Vermögen zu verfügen, das ihren Lebensunterhalt sichern könnte.

Dem beharrlichen nochmaligen Einfordern von bereits vorliegenden Nachweisen durch das Jobcenter konnte das Gericht nur Unverständnis entgegen bringen. Einem erleichterten Zugang zu Sozialleistungen entspräche diese Praxis nicht. Das Gericht setzte darum den vorläufigen Anspruch der Betroffenen durch.

Bild: astrosystem / AdobeStock

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