Das Bundesarbeitsministerium sieht keinen Bedarf für eine Erhöhung der Hartz IV-Regelsätze für Lebensmittel. Und das trotz der Empfehlung des Landwirtschaftsministeriums und der Tatsache, dass sich Betroffene regelmäßig keine vollwertige Mahlzeit leisten können. Die Gesundheit von Sozialleistungsempfängern ist der Regierung offenbar egal.
Berater empfehlen Erhöhung des Hartz IV-Regelsatzes für Lebensmittel
Auf eine Anfrage der Linken hatte die Auskunft des Statistischen Bundesamtes kürzlich ergeben, dass 31,7 Prozent der Erwerbslosen sich regelmäßig keine vollwertige Mahlzeit leisten können. Wie die taz berichtet, hat der Grünen-Sozialpolitiker Sven Lehmann ebenfalls eine Anfrage an die Bundesregierung gestellt, in der es um die vom Landwirtschaftsministerium empfohlene Anpassung der Regelsätze ging.
Der wissenschaftliche Beirat des Landwirtschaftsministeriums hatte 2020 das Gutachten „Politik für nachhaltige Ernährung“ erarbeitet und darin attestiert: „Die derzeitige Grundsicherung reicht ohne weitere Unterstützungsressourcen nicht aus, um eine gesundheitsförderliche Ernährung zu realisieren.“
Bundesregierung toleriert armutsbedingte Mangelernährung
Die Regelsätze für Lebensmittel reichen nachweislich ohne das Zusatzangebot der Tafeln nicht einmal, um überhaupt einigermaßen über die Runden zu kommen. „Auch in Deutschland gibt es armutsbedingte Mangelernährung und teils auch Hunger“, heißt es ebenfalls in dem Gutachten des Landwirtschaftsministeriums, das daher dringend empfahl die Grundlagen der Regelbedarfsberechnung zu prüfen.
In der Anfrage Lehmanns an die Bundesregierung, welche der taz vorliegt, erklärt die Regierung, keinen Überprüfungsbedarf zu sehen. Es gehe ja lediglich darum, mit existenzsichernden Leistungen eine finanzielle Gleichstellung mit anderen einkommensschwachen Haushalten herzustellen. Das Ziel der Hartz IV-Leistungen ist demnach eine Nivellierung der Armut auf dem untersten Level.
Regelsatz für Lebensmittel reicht nicht im Entferntesten für eine gesunde Ernährung
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Der aktuelle Regelsatz für Lebensmittel und Getränke liegt für alleinstehende Betroffene bei 5,09 Euro für einen ganzen Tag. Kinder und Jugendliche und Betroffene in Paarhaushalten bekommen sogar noch weniger. Für eine gesunde Ernährung reicht das bei weitem nicht. Insbesondere Menschen, die langfristig von Hartz IV oder Grundsicherung betroffen sind, ist es aufgrund der geringen Regelsätze unmöglich, eine annähernd ausgewogene Ernährung sicherzustellen.
Die Parteien der großen Koalition haben entgegen der Empfehlungen der Experten und der Forderungen von Sozialverbänden offensichtlich kein Interesse daran, kurz- oder langfristig eine gesunde Ernährung der von Armut betroffenen Menschen sicherzustellen.
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