Der Leistungsträger zahlt dann Kosten der Räumungsklage als Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 SGB 2 bzw. § 35 SGB 12
Es ist durchaus möglich, dass die durch eine Räumungsklage entstandenen Kosten Unterkunftskosten nach § 35 Abs. 1 SGB XII darstellen, etwa wenn ein Leistungsträger angemessene Unterkunftskosten nicht, nicht in voller Höher oder verspätet geleistet hat und es dadurch zur Räumungsklage betreffend die angemessene Unterkunft gekommen ist (vgl. insoweit Bundessozialgericht, Urteile vom 24. November 2011 – B 14 AS 15/11 R – und BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 – B 14 AS 58/09 R, wonach Kosten eines Zivilverfahrens als Annex zu den Leistungen nach § 22 Abs. 1 SGB 2 – Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitssuchende – gegebenenfalls zu tragen sind.
Dieser Auffassung des Bundessozialgerichts haben sich verschiedene Landessozialgerichte angeschlossen, wie etwa Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 27. Juni 2017, L 9 AS 1742/14; Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24. Juni 2021, L 8 SO 50/18; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. Februar 2022, L 32 AS 139/22 B ER WA) und ganz aktuell der 4. Senat des LSG Hessen Az. L 4 SO 38/25 .
So liegt der Einzelfall hier aber gerade nicht vor
Miet – Schulden sind nicht nach § 35 SGB XII als Kosten der Unterkunft zu übernehmen
Denn hat ein Sozialamt zunächst seine Leistungen im vollen Umfang erbracht und sind trotzdem berechtigte Ansprüche des Vermieters gegeben oder nachträglich entstanden, so lässt dies keinen neuen Anspruch auf Leistungen nach § 35 Abs. 1 SGB XII entstehen (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 – B 14 AS 58/09 R -), sondern es kann sich insoweit allenfalls um Schulden handeln, die dann nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen des § 36 SGB XII übernommen werden können.
Vorliegend hat das Sozialamt aber den Anspruch des Klägers auf Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 35 Abs. 1 SGB XII in Höhe der tatsächlichen Miete durchgehend erfüllt.
Kosten der Räumungsklage können hier auch nicht auf § 36 SGB XII gestützt werden
Grundsätzlich können Kosten einer Räumungsklage als Mietschulden zu übernehmen sein.
Eine Schuldenübernahme im Bereich des § 36 Abs. 1 SGB XII setzt jedoch voraus, dass die Schulden nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus Einkommen und Vermögen, beglichen werden können und deren Übernahme zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist.
Bei der Notwendigkeit einer Schuldübernahme muss festgestellt werden, ob der Betroffene im Rahmen seiner Mitwirkungs- und Selbsthilfeverpflichtung in der Lage ist, die Notlage in anderer Weise, insbesondere aus eigenen Kräften und Mitteln zu beseitigen.
Entscheidende Voraussetzung für die Anwendung der Norm ist zudem, dass Schulden die aktuelle Unterkunft konkret gefährden und durch die Übernahme von Schulden der notwendige Bedarf an Unterkunft auch tatsächlich gesichert werden kann .
Wann scheidet eine Schuldenübernahme – wie hier – grundsätzlich aus
Kosten der Räumungsklage können von der Behörde – nicht als Mietschulden nach § 36 SGB XII übernommen werden, wenn der Kläger überhaupt keine Schulden mehr hat, weil er diese – vor Antrag auf Übernahme bei der Behörde – aus eigenen Mitteln – selbst bezahlt hat.
Hinweis vom Verfasser
1. Ein Anspruch auf Übernahme von Schulden entfällt zudem ersatzlos, wenn die ursprünglich bewohnte Wohnung, wie vorliegend, in der Folge aufgegeben wird und das gesetzliche Ziel der Übernahme der Schulden – der Erhalt der Wohnung – schon tatsächlich nicht mehr erreicht werden kann.
2. Für eine Übernahme von Schulden nach § 36 SGB XII lediglich unter dem Aspekt einer finanziellen Restitution ist – nämlich – kein Raum.
Praxistipp
1. Das Jobcenter trägt die Kosten einer Räumungsklage, wenn es dem Leistungsberechtigten zu Unrecht Leistungen versagt, dadurch Mietrückstände entstehen und der Vermieter in der Folge Räumungsklage erhebt.
2. Die dann anfallenden Gerichtskosten sind als (einmalig anfallende) Bedarfe der Unterkunft im SGB II zu berücksichtigen ( LSG BW, Urt. v. 20.06.2017 – L 9 AS 1742/14 – nachgehend BSG, 22. November 2017 – B 14 AS 25/17 R, Beschluss: Verwerfung ).