Stress und Ärger bei der Arbeit sind die häufigsten Ursachen für Unzufriedenheit im Job. Viele Menschen sehen in einer Kündigung den einzigen Ausweg, um dieser Belastung in der Arbeit zu entkommen.
Doch was passiert in der Zeit zwischen der Kündigung und dem tatsächlichen Ausscheiden aus dem Unternehmen? Dieser Zeitraum, bekannt als Kündigungsfrist, kann je nach Arbeitsvertrag mehrere Wochen bis Monate betragen.
Einige planen, diese Zeit durch eine Krankschreibung zu überbrücken. Doch ist das rechtlich erlaubt? Und welche Probleme können dabei auftauchen?
Arbeitnehmer ließ sich nach Kündigung krank schreiben
Ein Urteil behandelte genau das. Ein Assistenzarzt, der monatlich 4500 Euro brutto verdiente, kündigte seinen Job am 28. Februar 2022. Mit einer Kündigungsfrist von einem Monat wäre sein letzter Arbeitstag der 31. März gewesen.
Der Arbeitnehmer arbeitete zunächst zwei Wochen weiter, bevor er sich krankschreiben ließ. Die Krankschreibung reichte er bei seinem Arbeitgeber ein.
Chef akzeptierte die Krankmeldung nicht
Der Arbeitgeber zweifelte jedoch an der Echtheit der Krankmeldung. Die Firma argumentierte, dass der Arzt seinen Arbeitsplatz ungewöhnlich ordentlich und frei von persönlichen Gegenständen hinterlassen habe, was auf eine geplante Abwesenheit hindeuten könnte.
Zudem endete die Krankschreibung an einem Donnerstag, was aus Sicht des Arbeitgebers untypisch ist, da sich die meisten Mitarbeiter von Montag bis Freitag krankschreiben lassen.
Aufgrund dieser Zweifel verweigerte der Chef die Gehaltszahlung für die restliche Zeit der Kündigungsfrist.
Der Fall ging vor Gericht
Der Fall landete vor dem Arbeitsgericht in Stralsund. In erster Instanz entschied das Gericht zugunsten des Arztes. Es stellte klar, dass er Anspruch auf sein Gehalt habe, da er die erforderliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt habe.
Das Gericht berief sich auf das Entgeltfortzahlungsgesetz, das besagt, dass Arbeitnehmer, die ein Attest einreichen, Anspruch auf Fortzahlung ihres Lohns haben.
Der Arbeitgeber ging in Berufung, und der Fall wurde vor dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern verhandelt. Das Landesarbeitsgericht prüfte die vom Arbeitgeber vorgelegten Beweise, darunter den ordentlichen Zustand des Arbeitsplatzes und die untypische Dauer der Krankschreibung.
Lesen Sie auch:
– Nach fristloser Kündigung kann das Jobcenter Bürgergeld zurückverlangen – Urteil
Die Richter kamen jedoch zu dem Schluss, dass ein aufgeräumtes Büro und fehlende persönliche Gegenstände nicht zwingend auf eine geplante Kündigung hindeuten. Sie urteilten, dass viele Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz bewusst ordentlich halten und persönliche Gegenstände vermeiden, insbesondere wenn sie den Raum mit anderen teilen.
Ist Krankmachen nach der Kündigung erlaubt?
Das Landesarbeitsgericht entschied zugunsten des Arztes und wies die Berufung des Arbeitgebers zurück. Es stellte fest, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung einen objektiven Beweiswert hat, der den subjektiven Zweifeln des Arbeitgebers überwiegt. Dennoch bleibt die Frage, ob Krankmachen nach der Kündigung erlaubt ist.
Ist Krankmachen also erlaubt?
Laut der Rechtsanwältion Patricia Lederer ist das Einreichen eines Krankenscheins rechtlich relevant und kann als Betrug gewertet werden, sofern man nur vorgibt, krank zu sein.
Arbeitnehmer, die nur vorgeben krank zu sein, betrügen nicht nur ihren Arbeitgeber, sondern auch die Krankenversicherung. Viele Unternehmen sind gegen die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall über die sogenannte Umlage U1 versichert.
Diese Versicherung ermöglicht es den Firmen, einen Teil des weiterbezahlten Gehalts von der Krankenkasse zurückzufordern. Wer also eine Krankmeldung einreicht, ohne wirklich krank zu sein, betrügt sowohl den Arbeitgeber als auch die Krankenkasse.
Krankmachen ist keine Lösung
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Krankmachen nach einer Kündigung keine rechtlich vertretbare Lösung ist. Es handelt sich hierbei um einen klaren Betrugstatbestand, der sowohl strafrechtliche als auch arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.
Tipp: Arbeitnehmer in ähnlicher Situation sollten stattdessen mit dem Arbeitgeber verhandeln. So ist es beispielsweise möglich, eine Freistellung auszuhandeln oder den Resturlaub zu nehmen, um die Kündigungsfrist zu überbrücken.
Bei einer Freistellung, die beidseitig unterschrieben wird, lässt sich die Arbeitgeber darauf ein, dass der Arbeitnehmer mit vollem Lohnausgleich nicht mehr zur Arbeit erscheinen muss. Besteht noch Urlaubsanspruch, kann ebenfalls ausgehandelt werden, dass der Urlaub genommen wird, um ebenfalls die Zeit der Kündigungsfrist zu überbrücken. In den vielen Fällen lassen sich Arbeitgeber darauf ein.
Achtung bei einer “passgenauen Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit”. Solche “gelben Scheine” werden von den Arbeitsgerichten regelmäßig zurecht kassiert, wie auch das Bundesarbeitsgericht urteilte (AZ: 5 AZR 137/23).
- Über den Autor
- Letzte Beiträge des Autors
Carolin-Jana Klose ist seit 2023 Autorin bei Gegen-Hartz.de. Carolin hat Pädagogik studiert und ist hauptberuflich in der Gesundheitsprävention tätig. Ihre Expertise liegt im Sozialrecht, Gesundheitsprävention sowie bei gesellschaftspolitischen Themen. Sie ist aktiv in der Erwerbslosenberatung und engagiert sich politisch für Armutsbetroffene.