Hartz-IV: Jobcenter forderte 3.148 Euro wegen Drogen-Konsum zurück

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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen sieht bei Taxifahrer nur durchschnittlichen Hartz IV Sanktionsfall

Das Jobcenter darf einem Hartz-Bezieher keine Hartz IV-Leistungen zurückfordern, weil ein Angestellter aufgrund des Konsums von Cannabis seinen Arbeitsplatz verlor. Es handele sich lediglich “um einen durchschnittlichen Sanktionsfall”, so die Richter des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen.

Verliert ein Taxifahrer nach Cannabis-Konsum seinen Job und ist er auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen, darf das Jobcenter von ihm die erbrachten Leistungen nicht ohne Weiteres wegen „sozialwidrigem Verhalten” zurückfordern. Dies entschied das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen (Az.: L 11 AS 235/17).

Der klagende Taxifahrer hatte einen Tag vor Arbeitsbeginn Cannabis konsumiert. Als ein Fahrgast die Polizei informierte, bestellte diese den Taxifahrer ein. Es wurden bei ihm 2,3 Nanogramm des Cannabis-Wirkstoffs THC je Milliliter Blut gemessen. Das Bundesverwaltungsgericht hatte am 11. April 2019 geurteilt, dass ab einer THC-Konzentration von 1,0 Nanogramm je Milliliter Blut von einer Beeinträchtigung der Fahrsicherheit auszugehen ist (Az.: 3 C 13.17 und weitere).

Arbeitgeber kündigte fristlos

Der Taxi-Fahrer gab seinen Führerschein freiwillig ab. Der Arbeitgeber kündige ihm fristlos. Weil er mit dem Drogenkonsum seine Arbeitslosigkeit selbst herbeigeführt hatte, verhängte die Bundesagentur für Arbeit eine dreimonatige Sperrzeit beim Arbeitslosengeld.

Jobcenter verhängte eine Sanktion

Auch das Jobcenter verhängte eine Sanktion. Dem Taxi-Fahrer wurden für drei Monate die Hartz-IV-Leistungen um 30 Prozent gekürzt. Danach stockte das Jobcenter das fürs Leben unzureichende Arbeitslosengeld I zwar regulär auf. Die Behörde forderte später aber die gesamten Hartz-IV-Leistungen sowie die aufgebrachten Sozialversicherungsbeiträge wegen „sozialwidrigem Verhalten” zurück, insgesamt 3.148 Euro.

Ihm sei bekannt gewesen, dass er unter dem Einfluss von Cannabis nicht nur seine Fahrerlaubnis, sondern auch seinen Arbeitsplatz verliere und so mittellos werde. Er habe damit seine Hilfebedürftigkeit selbst herbeigeführt.

Ohne Erfolg verwies der Taxi-Fahrer darauf, dass sein Cannabiskonsum bereits einen Tag vor Arbeitsbeginn gelegen habe. Die Polizei habe auch keine zu beanstandenden Körperreaktionen bei ihm festgestellt. Ihm sei sogar der Führerschein wieder ausgehändigt worden. Er sei nun komplett drogenfrei.

Keine Zuückzahlung der erhaltenen Hartz-IV-Leistungen

Das LSG entschied in seinem Urteil vom 26. Februar 2019, dass der Kläger die erhaltenen Hartz-IV-Leistungen nicht zurückzahlen muss. Zwar habe er sich „sozialwidrig” verhalten, indem er unter Cannabis-Einfluss Taxi gefahren ist. Er habe seinen Arbeitsplatz damit aufs Spiel gesetzt. Ein Ersatzanspruch des Jobcenters sei auch nicht von vornherein ausgeschlossen. Denn der Kläger habe sich „grob fahrlässig” verhalten, „weil er die verkehrserforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat”.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts können bei einem grob fahrlässigen und sozialwidrigen Verhalten Hartz-IV-Leistungen auch zurückgefordert werden – allerdings nur bei eng auszulegenden Ausnahmen. Hier handele es sich aber nur um einen durchschnittlichen Sanktionsfall, der bereits mit der Sperrzeit auf das Arbeitslosengeld I und der 30-Prozent-Kürzung des Arbeitslosengeldes II geahndet wurde.

Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Fehlverhalten und Hilfebedürftigkeit bestehe hier nicht. Der Taxifahrer habe das Cannabis schon einen Tag vor der Fahrt konsumiert, die den Verlust des Führerscheines und danach auch die Kündigung nach sich zog. Hilfebedürftigkeit sei zudem wegen des zu geringen Arbeitslosengeldes I entstanden.

Mit jeder dieser Vielzahl von Stufen entferne sich der Sachverhalt von einer Ausnahmekonstellation, die eine Rückforderung von Hartz-IV-Leistungen begründet, so das LSG. fle/mwo

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