Blindengeld steht Kindergeld nicht entgegen

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Blindengeld und Blindenhilfe stehen der Zahlung von Kindergeld für ein volljähriges behindertes Kind nicht entgegen. Sie gelten zwar als Einkommen, sind aber gleichzeitig in voller Höhe auch als behinderungsbedingter Mehrbedarf anzusetzen, wie das Finanzgericht (FG) Hamburg in einem aktuell veröffentlichten Gerichtsbescheid vom 6. Januar 2022 entschied (Az.: 1 K 50/20). Danach gilt dies auch dann, wenn das Kind auf Kosten der Eingliederungshilfe teilstationär in einer Einrichtung untergebracht ist.

Damit stellte sich das FG gegen eine Dienstanweisung der Hamburger Familienkasse. Konkret gab es einem Vater recht, dessen Kind seit der Geburt blind ist. Deshalb ist ein Grad der Behinderung von 100 anerkannt. Unter der Woche war das Kind in einer Wohngruppe, am Wochenende bei den Eltern.

Laut Gesetz erhalten die Eltern eines behinderten Kindes faktisch lebenslang Kindergeld, wenn das Kind sich wegen einer vor dem 25. Geburtstag aufgetretenen Behinderung nicht selbst unterhalten kann.

Verschiedene Einkünfte

Im Streitfall hatte das Kind verschiedene Einkünfte von zusammen 3.975 Euro, darunter Sozialhilfeleistungen, eine Rente sowie Blindengeld und Blindenhilfe in Höhe von zusammen 717 Euro. Die Familienkasse ermittelte einen Bedarf von 3.642 Euro. Demnach reichten die Einkünfte für den Lebensunterhalt aus, und dem Vater stehe kein Kindergeld mehr zu, so die Behörde.

Dem folgte das FG Hamburg nicht. Zwar seien Blindengeld und Blindenhilfe als Einkommen anzusetzen. In gleicher Höhe bestehe aber ein behinderungsbedingter Mehrbedarf.

Der Bundesfinanzhof (BFH) in München habe bereits 2004 entschieden, dass ein solcher Mehrbedarf nicht mit Grundbedarf und Eingliederungsleistungen der Sozialhilfe abgegolten ist, sondern darüber hinausgehen kann (Urteil vom 24. August 2004, Az.: VIII R 50/03).

Auch sei durch den BFH bereits geklärt, dass bei Blindengeld und Blindenhilfe „vermutet wird, dass ein behinderungsbedingter Mehrbedarf in Höhe des tatsächlich gezahlten Blindengeldes beziehungsweise der tatsächlich gezahlten Blindenhilfe besteht” (Urteil vom 31. August 2006, Az.: III R 71/05).

„Das bedeutet, dass das Blindengeld zwar bei den Einnahmen zu erfassen ist, weil es sich um finanzielle Mittel des Kindes zur Bestreitung seines Lebensunterhalts handelt. Das Blindengeld ist jedoch ebenso als behinderungsbedingter Mehrbedarf in voller Höhe anzusetzen.”

FG Hamburg sieht dies auch bei teilstationärer Unterbringung so

Nach dem bereits rechtskräftigen Gerichtsbescheid gilt dies auch dann, wenn das Kind hohe Eingliederungsleistungen von der Sozialhilfe erhält. Zur Begründung verwiesen die Hamburger Richter auf den anderen Zweck des Blindengeldes. Dies solle insbesondere auch für immaterielle Bedürfnisse dienen, etwa der Teilnahme am kulturellen Leben oder für andere private Interessen.

Entsprechend dürfe laut Gesetz mit Blick auf das Blindengeld weder die Eingliederungshilfe gekürzt noch die ergänzende Blindenhilfe verwehrt werden. „Dieser gesetzgeberische Wille muss auch bei der Bedarfsermittlung im Rahmen des Kindergeldes berücksichtigt werden”, heißt es in dem Hamburger Gerichtsbescheid. mwo