Zu hohes Bürgergeld oder unbekannte Sozialleistungsansprüche?

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Unbekannte Sozialleistungsansprüche führen zu dem Gefühl, dass unser Sozialsystem unfair sei. Es zeigt sich immer wieder sehr deutlich- so auch in diesem Beispiel bei Twitter, heute X. Der Beitragsersteller stellt die Gerechtigkeitsfrage, weil er nichts von seinem Anspruch auf über 800€ ergänzende Leistungen weiß.

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Quelle: Beitrag auf X

Da er hier ein paar weitere Zahlen zu seinem Einkommen / Wohnkosten nannte ist eine Berechnung möglich.

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Quelle: Beitrag auf X

Bürgergeld – ohne Arbeit

Da das Alter der Kinder unbekannt bleibt, kann das Bürgergeld ohne Arbeit nur überschlägig gerechnet werden.

2×506€ Regelbedarf Eltern
4×357-471€ Regelbedarf Kinder
1100€ Warmmiete
80€ Kindersofortzuschlag
——
3620-4076€ Bedarf
-1000€ Kindergeld
——
2620-3076€ Bürgergeld

Situation mit Arbeit

Kinderzuschlag

In diesem Fall besteht ein Anspruch auf Kinderzuschlag, der folgendermaßen berechnet wird.

Er gibt an, dass inklusive 1000€ Kindergeld ein Einkommen von 4500€ erreicht wird. Somit muss ein Nettoeinkommen von 3500€ Netto gegeben sein. Dazu braucht es bei Steuerklasse 3 und 4 Kindern ein Brutto von 5000€.

Elternbedarf:
2×506€ Regelbedarf Eltern
605€ Wohnkostenanteil (55% v. 1100€ Warmmiete)
——-
1617€ Elternbedarf

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Tabelle zu den Wohnkostenanteilen aus der Durchführungsanweisung zum Kinderzuschlag

Elterneinkommen:
3500€ Netto
-378€ Freibetrag
——
3122€ anger. Einkommen im SGB II

3122€ anger. Einkommen im SGB II
-1617€ Elternbedarf
——
1505€ den Elternbedarf übersteigendes Einkommen

Dieses übersteigende Einkommen wird zu 45% auf den Kinderzuschlag angerechnet
45% von 1505€ = 677€ auf den Kinderzuschlag angerechnetes Einkommen

Kinderzuschlag:
Maximaler Kinderzuschlag sind 292€/Kind
4x 292€ = 1168€ maximaler Kinderzuschlag

1168€ max. KiZ
-677€ angerechnetes Elterneinkommen
——
491€ Kinderzuschlag

Die Familie hat also Anspruch auf 491€ Kinderzuschlag.

Wohngeld

Da die Berechnung komplex ist, hier einfach das korrekte Ergebnis des Top-Wohngeldrechners von http://wohngeld-mv.de/Rechner

Es ergibt sich für die Familie, die laut Profil in Münster wohnt, ein Wohngeldanspruch von 341€.

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Screenshots von wohngeld-mv.de/Rechner

Vergleich der Situation mit Bürgergeld / mit Arbeit

Haushaltskasse Bürgergeld:
3076€ Bürgergeld (maximal)
1000€ Kindergeld
—–
4076€

Haushaltskasse Arbeit:
3500€ Netto
1000€ Kindergeld
491€ KiZ
341€ Wohngeld
——
5332€

Mit Arbeit hat die Familie also mindestens 1256€ mehr.

Durch den Bezug von Wohngeld / Kinderzuschlag hätte die Familie auch Anspruch auf die Gebührenbefreiung für den Kindergarten und Bildungs- und Teilhabepaket (Schulessen, Schülertickets, Nachhilfe, Klassenfahrt, Ausflüge, Schulbedarfspaket,…).

Fazit

Das Beispiel zeigt leider mal wieder deutlich, dass die fehlende Aufklärung über Sozialleistungsansprüche verheerende gesellschaftliche Auswirkungen hat.

Nicht das Bürgergeld ist zu hoch, Arbeitende sind zu schlecht informiert.
Da liegt das Problem!