Würden Eltern in Bürgergeld höhere Regelleistungen “versaufen”?

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Seit Einführung der Hartz-IV-Gesetze und nun auch in der Debatte um Totalsanktionen wird immer wieder das stereotype Bild vom “saufenden Bürgergeldempfänger” gezeichnet. Unter anderem deshalb dürfe man Armutsbetroffenen nicht mehr Geld zur Verfügung stellen, heißt es immer wieder aus Kreisen von FDP, AfD und Union.

Sorge, dass das Geld nicht ankommt

Der Bundestagsabgeordnete Markus Herbrand (FDP) schrieb in der Wirtschaftswoche, Eltern armutsbetroffener Kinder könnten das zusätzliche Geld „einfach für ihre eigenen Bedürfnisse wie Alkohol oder Zigaretten ausgeben“. Das Geld käme also nicht bei den Kindern an, “sorgt” sich der Politiker.

Wer mehr Geld hat, trinkt auch mehr

Richtig ist: Wer mehr Geld zur Verfügung hat, trinkt auch mehr Alkohol. Aber nicht so, wie viele Menschen meinen, wenn sie ihre Vorurteile über Bürgergeldempfänger äußern. Nicht die Bürgergeldempfänger, sondern die Spitzenverdiener trinken in Deutschland am meisten Alkohol. Und das nicht nur absolut, sondern auch relativ zu ihrem Einkommen.

Wer über ein sehr hohes Einkommen verfügt, trinkt auch am meisten Alkohol, wie der “Alkoholatlas” des Deutschen Krebsforschungszentrums zeigt. In keiner Einkommensklasse ist der Anteil so hoch wie bei Christian Lindner, Christian Dürr und Markus Herbrand.

Gibt es also Menschen, die Bürgergeld beziehen und an einer Suchterkrankung leiden? Ja, natürlich gibt es sie. Aber es ist eine schäbige Scheindebatte, wenn man Menschen armutsfeste Leistungen vorenthalten will, indem man ein Gruselmärchen erzählt und selbst verstärkt zur Flasche greift.

Eltern gehen sorgsam mit zusätzlichem Kindergeld um

Eine US-amerikanische Studie mit dem Titel “Baby’s First Years” hat zudem gezeigt, dass Eltern, die mehr Geld zur Verfügung haben, es nicht zweckentfremden und schon gar nicht für Zigaretten und Bier ausgeben.

Die Forscher stellten einkommensschwachen Familien ab der Geburt des Kindes monatlich 333 Dollar zusätzlich zur Verfügung. Den Eltern wurde gesagt, sie könnten mit dem Geld machen, was sie wollten. Die Zuwendung sei an keinerlei Bedingungen geknüpft.

Eine Kontrollgruppe von Eltern erhielt nur 20 Euro im Monat. Bereits nach einem Jahr konnten die Neurowissenschaftler feststellen, dass sich die Gehirne der Kinder, die 333 Dollar im Monat erhielten, im Durchschnitt besser entwickelten als die der Kinder, die nur 20 Euro Unterstützung bekamen.

Im Ergebnis lässt sich also vermuten, dass die Eltern ihre Kinder besser versorgen konnten und das Geld demnach sinnvoll für ihre Kinder einsetzten.

Der Buchautor und Journalisten Martin Rücker räumt auf seinem Blog noch mit weiteren Vorurteilen auf.

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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