Wie beantrage ich KFZ-Steuerermäßigung bei Schwerbehinderung?

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Wer in Deutschland einen Schwerbehindertenausweis besitzt, kann die Kfz-Steuer spürbar senken oder vollständig erlassen bekommen.

Wichtig hierfür sind die im Ausweis eingetragenen Merkzeichen, der tatsächliche Nutzungszweck des Fahrzeugs – und ein korrekt gestellter Antrag. Dieser Beitrag erklärt Schritt für Schritt, wer Anspruch hat, wie das Verfahren abläuft und welche Fallstricke Sie vermeiden sollten.

Anspruchsvoraussetzungen: Ermäßigung oder Befreiung

Das Kraftfahrzeugsteuergesetz sieht zwei Formen der Vergünstigung vor. Eine vollständige Steuerbefreiung erhalten Menschen mit den Merkzeichen „H“ für Hilflosigkeit, „Bl“ für Blindheit beziehungsweise hochgradige Sehbehinderung und „aG“ für außergewöhnliche Gehbehinderung.

Eine hälftige Steuerermäßigung gibt es für Personen mit dem Merkzeichen „G“ für erhebliche Gehbehinderung oder „Gl“ für Gehörlosigkeit – in diesen Fällen muss der Ausweis den orangefarbenen Flächenaufdruck tragen.

Die 50-Prozent-Ermäßigung setzt zudem voraus, dass auf das Recht zur unentgeltlichen Beförderung im öffentlichen Personenverkehr verzichtet wird, also keine Wertmarke im Beiblatt genutzt wird.

Für Alt-Fälle vor dem 31. Mai 1979 gelten Besitzstandsregelungen, etwa für Kriegsbeschädigte und andere Versorgungsberechtigte.

Wahlrecht zwischen Freifahrt und Steuerermäßigung

Wer das Merkzeichen „G“ oder „Gl“ hat, muss sich entscheiden: Entweder nutzen Sie die kostenlose ÖPNV-Beförderung mit Wertmarke – oder Sie lassen sich die Kfz-Steuer halbieren.

Der Zoll macht unmissverständlich klar, dass die Ermäßigung nur gewährt wird, wenn auf die Freifahrt verzichtet wird. Viele Länder- und Kommunalportale ergänzen, dass ein Wechsel grundsätzlich möglich ist, wenn sich Ihre Bedürfnisse ändern; maßgeblich ist stets der tatsächliche Status von Ausweis und Beiblatt.

Nur ein Fahrzeug – und nur für die Mobilität

Die Vergünstigung steht immer nur für ein einziges Fahrzeug zu, das auf die schwerbehinderte Person zugelassen ist. Es kommt nicht darauf an, wer zivilrechtlich Eigentümer ist, sondern wer als Halterin oder Halter eingetragen ist.

In der Praxis bedeutet das: Das Fahrzeug dient Ihrer Fortbewegung oder Ihrer Haushaltsführung; berufliche oder private Fahrten sind zulässig, solange Ihre Mobilität im Vordergrund steht.

Fahren Dritte, bleibt die Begünstigung unberührt, wenn die Fahrten in unmittelbarem Zusammenhang mit Ihrer Fortbewegung stehen, etwa bei Abholung oder Werkstattfahrten. Entfällt dieser Zusammenhang, etwa bei der Urlaubsfahrt Dritter ohne Sie, kann die Steuervergünstigung temporär wegfallen.

Antragstellung: Online im Zoll-Portal oder schriftlich

Der einfachste Weg führt heute über das Zoll-Portal. Dort legen Sie ein Bürgerkonto an und melden sich mit ELSTER-Zugang, Online-Ausweisfunktion des Personalausweises oder BundID an.

Nach der Registrierung wählen Sie die Dienstleistung „Kraftfahrzeugsteuer“, hinterlegen Kennzeichen und Steuernummer und beantragen unter „Steuervergünstigung verwalten“ die gewünschte Ermäßigung oder Befreiung. Nachweise werden direkt hochgeladen; der Bescheid kann ebenfalls digital zugestellt werden.

Alternativ bleibt der schriftliche Antrag möglich, entweder bei der Zulassung über die Zulassungsbehörde mit Weiterleitung an das Hauptzollamt oder später direkt beim zuständigen Hauptzollamt. Für schwerbehinderte Menschen ist das Formular „Antrag auf Steuervergünstigung für Schwerbehinderte nach § 3a KraftStG“ mit der Nummer 3809 vorgesehen. Die hessische Verwaltungsplattform beschreibt den Ablauf, die Online-Identifizierung und die Formularbezeichnungen im Detail.

Erforderliche Unterlagen: Was Sie beilegen müssen

Unverzichtbar ist der gültige Schwerbehindertenausweis. Bei der 50-Prozent-Ermäßigung kommt das Beiblatt ohne Wertmarke hinzu; genau hieran dokumentieren Sie den Verzicht auf die unentgeltliche ÖPNV-Beförderung. Der Zoll erlaubt, die Nachweise beim Online-Antrag direkt hochzuladen oder binnen eines Monats in Kopie per Post an das Hauptzollamt zu übersenden. Werden Sie von einer anderen Person vertreten, ist eine Vollmacht vorzulegen.

Geltungsdauer, Pflichten und Meldungen

Die Vergünstigung ist fahrzeugbezogen und gilt, solange das Fahrzeug auf Sie zugelassen ist und die Voraussetzungen vorliegen. Wechseln Sie das Fahrzeug oder lassen es nach Stilllegung wieder zu, ist ein neuer Antrag erforderlich. Ziehen Sie um, bleibt eine bereits gewährte Vergünstigung bestehen; beim Halterwechsel entfällt sie.

Wichtig ist die Anzeigepflicht: Nutzen Sie das Fahrzeug vorübergehend für nicht begünstigte Zwecke, etwa die Urlaubsfahrt Dritter ohne Bezug zu Ihrer Mobilität, müssen Sie das dem Hauptzollamt unverzüglich mitteilen. In diesem Zeitraum fällt die Kfz-Steuer an – mindestens für einen Monat. Fallen die Voraussetzungen dauerhaft weg, etwa weil der orangefarbene Aufdruck entfällt oder Sie wieder die ÖPNV-Wertmarke nutzen, ist dies ebenfalls sofort zu melden. Diese Pflichten sind im Zoll-Portal ausdrücklich beschrieben.

Minderjährige, Familien und wer fahren darf

Auch für minderjährige Kinder mit Schwerbehinderung ist eine Vergünstigung möglich, wenn das Fahrzeug auf das Kind zugelassen ist. Fahren dürfen neben der berechtigten Person auch Dritte, sofern die Fahrten unmittelbar der Mobilität der schwerbehinderten Person dienen.

Werkstattfahrten, Abholfahrten und Begleitfahrten sind unproblematisch. Sobald jedoch Dritte das Fahrzeug zu eigenen Zwecken verwenden, kann die Vergünstigung ruhen; der Zoll und der ADAC weisen in ihren Hinweisen auf diese Abgrenzung hin.

Bearbeitung, Kosten und Rechtsmittel

Für den Antrag fallen keine Gebühren an. Viele Behörden nennen eine Bearbeitungszeit von rund vier Wochen bis zum Bescheid, der bei Online-Nutzung im Zoll-Portal digital abrufbar ist. Gegen eine ablehnende Entscheidung steht der Einspruch offen; Details finden sich im Steuerbescheid.

Besonderheiten und Alt-Fälle

Personen, denen bereits vor dem 31. Mai 1979 eine Kfz-Steuerbefreiung gewährt wurde, können unter engen Voraussetzungen weiterhin eine vollständige Befreiung nutzen, wenn ein Grad der Behinderung von mindestens 50 vorliegt und ein entsprechendes Merkmal wie „Kriegsbeschädigt“, „VB“ oder „EB“ im Ausweis nachgewiesen ist. Diese Besitzstandsregelung ist im Zoll-Portal gesondert dargestellt und wird in unabhängigen Ratgebern bestätigt.

Praxisnahe Tipps für einen reibungslosen Antrag

In der Praxis zahlt es sich aus, die formalen Details des Ausweises sorgfältig zu prüfen. Bei Ermäßigungen muss der orangefarbene Flächenaufdruck vorhanden sein und das Beiblatt darf keine Wertmarke tragen. Wer den Online-Weg nutzt, sollte die Nachweise als gut lesbare Scans bereithalten und Kennzeichen sowie Steuernummer des Fahrzeugs im Portal hinterlegen.

Wenn Sie unsicher sind, welches Hauptzollamt zuständig ist oder wie Sie die Identifizierung durchführen, helfen die Kontakthinweise der Generalzolldirektion sowie die zentrale Auskunft weiter; auch Rückruf-Service und Chatbot sind verlinkt.

Fazit

Die Kfz-Steuervergünstigung ist ein wirkungsvolles Instrument zur Teilhabe. Sie ist an klare Voraussetzungen geknüpft, wird nur für ein Fahrzeug gewährt und verlangt, dass die Nutzung tatsächlich der Mobilität der begünstigten Person dient.

Wer die Wahl zwischen Freifahrt und Steuerermäßigung bewusst trifft, den Antrag sauber belegt und Nutzungsänderungen rechtzeitig meldet, profitiert ohne Risiko – und vermeidet Nachzahlungen oder gar Bußgelder wegen zweckfremder Verwendung. Die maßgeblichen Informationen, Formulare und der digitale Antragsweg sind zentral beim Zoll gebündelt und lassen sich heute weitgehend online erledigen.

Quellen: Zoll-Portal (Dienstleistung „Steuervergünstigung beantragen“), Verwaltungsportal Hessen (Online-Dienst, Voraussetzungen, Verfahren), ADAC-Ratgeber zu Kfz-Steuervergünstigungen für Menschen mit Behinderung sowie ergänzende Landes- und Kommunalinformationen.