Die AfD gibt sich gern als “soziale Partei” des “kleinen Mannes”, die die Wut der Bรผrger in die Parlamente trรคgt. Auch viele Hartz-IV-Beziehende wรคhlen die AfD. Doch wรคhrend der Bรผrgergeld-Debatte im Deutschen Bundestag zeigte die Partei erneut, was sie tatsรคchlich รผber Menschen denkt, die jeden Tag aufs Neue versuchen, sich mit dem Wenigsten รผber Wasser zu halten.
Hartz IV Bezieher leben angeblich in Villen
Norbert Kleinwรคchter von der AfD-Fraktion fragte hรถhnisch wรคhrend der Bรผrgergeld-Debatte: “Warum bist du so blรถd und arbeitest noch?” Seiner Ansicht nach kรถnnten Hartz-IV-Bezieher ihre 160-Quadrat-Meter-Altbauwohnung oder ihre Villa am Tegernsee locker mollig warm heizen, wรคhrend eine Altenpflegerin mit ihrem Kind nicht wรผsste, wie sie den kalten Winter รผberstehen kรถnne.
Mit dem Bรผrgergeld kรถnnten Leistungsbezieher im Jobcenter den Sachbearbeitern Aussagen wie “Null Bock” tรคtigen, wรคhrend ein Brummi-Fahrer fรผr jedes Fehlverhalten hart bestraft wรผrde. Das Bรผrgergeld sei nach Ansicht Kleinwรคchters eine Aufforderung zum angeblichen “Mรผรiggang”.
Arme Menschen gegeneinander ausspielen
Die AfD verwendet dabei den demagogischen Trick, diejenigen gegeneinander aufzubringen, die รผber ein geringes Einkommen verfรผgen. Es ist eine glatte Lรผge, wenn der Rechtspolitiker sagt, Hartz-IV-Bezieher wรผrden in angeblichen Villen leben und kรถnnten den Sachbearbeitern einfach unsanktioniert die Mitwirkung verweigern.
Fakt ist, dass das Bรผrgergeld ein paar Verbesserungen mit sich bringt. Im Kern unterscheidet sich die Reform nicht von Hartz IV, weshalb einige Sozialberatungsstellen auch vom “Bรผrgerhartz” sprechen. Diese kleinen Fortschritte mussten รผber die vielen Jahre hinweg immer wieder kritisiert werden, damit sich etwas bewegt.
Hartz IV hat zum Niedriglohn gefรผhrt
Hartz IV hat erst einen massiven Niedriglohnsektor geschaffen. Der Vermittlungsdruck hat dazu gefรผhrt, dass Leistungsbeziehende jede noch so schlecht bezahlte Arbeit annehmen mussten. Dadurch waren Arbeitgeber kaum dazu angehalten, Lohnanpassungen vorzunehmen. Die Zeitarbeitsbranche boomt und konnte billige Arbeitskrรคfte ohne ausreichenden Arbeitnehmerschutz zu niedrigen Lรถhnen รผberall hin verleihen.
Der Vermittlungsdruck bedeutete, dass nicht darauf geschaut wurde, was der oder die Einzelne fรผr Qualifikationen hat oder wie Fรถrderungen eine verbesserte Arbeitsmarktsituation schaffen kรถnnte. Nein, es wurde und wird โauf Teufel komm rausโ einfach in jede schlecht bezahlte Arbeit vermittelt. Wer sich weigerte, wurde mit Sanktionen bestraft und hatte dann weniger als Nichts.
Die Schuld liegt also nicht bei den Hartz-IV-Beziehenden selbst, wenn eine Altenpflegerin fรผr die tรคgliche harte Arbeit zu wenig Geld verdient. Es sind die Krankenhรคuser und Pflegeeinrichtungen, aber auch die zu geringen Pflegesรคtze, die dazu fรผhren, dass die Arbeit am Menschen deutlich zu niedrig honoriert wird.
Lohnabstand ja, aber nicht auf Kosten von Armutsbetroffenen
Natรผrlich muss es auch einen Lohnabstand zwischen Erwerbseinkommen und dem Bรผrgergeld geben. Die Lรถsung ist allerdings nicht ein weiteres Unterschreiten des Existenzminimums, sondern eine gerechtere Bezahlung des Niedriglohnsektors. Zudem sollten Einmalzahlungen zum Ausgleich der Teuerungsrate nicht mit der Gieรkanne unternommen werden, sondern gezielt bei den Menschen, die sich mit oder ohne Job kaum รผber Wasser halten kรถnnen.
Ein gegeneinander ausspielen der Menschen, verbunden mit der Forderung, Hartz IV Beziehende unter das Existenzminimum zu drรผcken, verursacht noch grรถรere Armut und verbessert nicht im Geringsten die Situation von Altenpflegern oder LKW-Fahrern.
Die AfD zeigt wieder einmal, dass sie nicht an Lรถsungen interessiert ist, sondern an Demagogie und Populismus.