Schwerkranker Hartz IV Bezieher im Jobcenter zu Boden gestoßen

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Ein schwerkranker Hartz-IV-Leistungsbezieher erstattete gegen den Sicherheitsmann des Jobcenters Waiblingen eine Anzeige wegen Körperverletzung. Der Security-Mitarbeiter der Behörde habe den herzkranken, schwerbehinderten T. zu Boden gestoßen haben. Was war genau passiert?

Vielfach aufgestauter bei den Leistungsberechtigten

Der Frust ist hoch, wenn Sozialleistungen nicht gezahlt oder Unterlagen immer wieder verloren gehen. Es geht oft um die Existenzwahrung des Einzelnen. Immer wieder kommt es dabei zu Handgreiflichkeiten. Ob die Situation durch den Einsatz von Sicherheitsfirmen entspannt wird, kann vielfach bezweifelt werden, wie auch dieser aktuelle Fall zeigt.

Auf der Plattform “Twitter” berichtet der Betroffene:

„Am 30. September wurde ich, GDB 70 Merkzeichen G im Jobcenter, obwohl sichtlich mit Rollstuhl unterwegs, angegriffen und zu Boden geklatscht. Ich habe nur noch 30 Prozent Herzleistung. Die Provokation erging durch den Sachbearbeiter. Dem ging ein Streitgespräch voraus.“

“GDB 70 Merkzeichen G” bedeutet, dass der Betroffene eine 70-prozentige bestätigte Behinderung hat. Das “Merkzeichen G” steht zusätzliche für eine Gehbehinderung.

Wegen mehrerer schwerer Erkrankungen auf Hartz IV angewiesen

T. leidet unter einer schweren Erkrankung und ist aufgrund dessen seit einigen Jahren auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen. Nach eigenen Angaben hat T. immer wieder Stress mit der Behörde. Das Jobcenter habe in der Vergangenheit die Leistungen falsch berechnet. Zudem seien wichtige Dokumente in der Behörde immer wieder verloren gegangen.

T. arbeitete lange Zeit im Schichtdienst bei einer Firma, bis er krank wurde. Seit 1999 leidet er an einer schweren Herzkrankheit. Im ereilten zwei Herzinfarkte, es mussten zwei Bypässe operiert werden. Zusätzlich wurde ein Zeh amputiert.

Damit allerdings nicht genug. Vor zwei Jahren brach er in der Innenstadt zusammen. “Die Diagnose war, dass die Stelle, die damals an der Aorta operiert worden ist, Verwachsungen bekommen hat, die auf das Gefäß drücken”, berichtet T.

Angriff hätte schlimm ausgehen können

Es sei ihm wichtig, ausführlich über seine Erkrankung zu berichten. Denn der Angriff des Sicherheitsmannes hätte sehr viel schlimmer ausgehen können. “Der Angriff war so heftig, dass ich von dort, wo der Fahrstuhl ist, mehrere Meter bis zur Eingangstür geflogen und auf den Boden geknallt bin.”

Glück im Unglück: Der Angriff des Sicherheitsmannes war von rechts und nicht von links. Ansonsten hätten sich die empfindlichen Aorta-Verwachsungen verletzen können.

An dem besagten Tag wollte T. seine Jahresabrechnung für Strom und Gas dem Jobcenter vorlegen. „Ich brauchte eine Bescheinigung vom Jobcenter, um meinen Anspruch auf ein Guthaben gemäß der Jahresabrechnung zu bestätigen. Außerdem hatte ich zwei andere Dokumente dabei zum Abstempeln und Unterschreiben”, berichtet T.

Am Schalter wurde dann aber ihm gesagt, er dürfe nicht zur Leistungsabteilung. Das sei das erste Mal, dass ihm das passiert sei. Ohne Termin würden nur Notfälle vorgelassen.

Voller Empfangsbereich

Im Jobcenter war es zu jener Zeit voll. Etwa 20 Menschen haben in zwei Schlangen angestanden. Der Mitarbeiter habe sich zudem geweigert, den Empfang der Unterlagen zu quittieren und zu bestätigen, dass etwa 100 Euro Nebenkosten-Guthaben bestehen würden. In diesem Moment fing dann der Streit an.

T. berichtet:

“Dann habe ich ihm gesagt, er soll mir meine Papiere geben, ich werde jetzt zum Direktor gehen und das mit ihm klären. Ich habe meine Papiere genommen, bin mit dem Rollstuhl zusammen an den Fahrstuhl gelaufen. In dem Moment kommt er aus dem Glaskasten heraus und ruft zum Security-Mann, er solle mich hinausbegleiten. Ich war darüber erbost, habe meinen Rollstuhl losgelassen, mich umgedreht, bin zwei, drei Meter auf den Sachbearbeiter zu und habe ihn leicht geschubst. Daraufhin habe ich den Security-Mitarbeiter nicht einmal kommen sehen und den Angriff nicht abwehren können. Ich bin Meter weit geflogen. So sehr hat der mich gestoßen.“

T. habe sich seine Hand verstaucht. Viel schlimmer sei, so T., dass er sich in seiner Menschenwürde verletzt fühle. Schließlich war der Empfangsbereich im Jobcenter voller Menschen.

Sicherheitsmann wegen Körperverletzung angezeigt

Als er sich wieder vom Boden aufrappelte, habe er die Polizei gerufen. „Ich bin aber, bis die kam, wieder zum Fahrstuhl hin und hinaufgefahren. Da haben sie mich nicht mehr davon abgehalten. Sie haben mich kein zweites Mal angegriffen.“ Der Jobcenter-Chef sei aber nicht vor Ort gewesen.

Wieder unten angelangt, waren augenscheinlich mehrere Teamleiter der Behörde anwesend, die versuchten, die Situation wieder zu beruhigen. Die Polizei war vor Ort und nahm alle Aussagen auf. Gegen den Sicherheitsangestellten erstattete T. eine Anzeige.

T. wurde dann auch ein Folgetermin für den 5. Oktober gegeben. Alle Anliegen wurden dann tatsächlich positiv beschieden. Auch das Nebenkosten-Guthaben wurde bestätigt.

Jobcenter sieht Schuld beim Betroffenen

Das Jobcenter bedauert nach eigenen Angaben den Vorfall. Allerdings bestehe man dort darauf, dass T. angefangen habe. Der Sicherheitsmann habe den Mitarbeiter nur schützen wollen. Bis zur Klärung soll der Sicherheitsmann zunächst nicht mehr im Jobcenter eingesetzt werden.