Wiesbaden: 70-Millionen-Wahlgeschenke – aber kein Hartz IV-Weihnachtsgeld übrig
Bahnhofs-„Verschönerung“ statt Hilfe für Menschen in Not
Während heute Wiesbadens mittlerweile weltweit bekannter Sternschnuppenmarkt eröffnet wird – man erinnere sich an SPD-Chef Kurt Becks folgenschweren Hygienetipp für Deutschlands berühmtesten Arbeitslosen Henrico Frank vor einem Jahr! –, erhält die Hartz4 -Plattform e.V. Antwort auf Ihre Anfrage nach einem 75 €-Weihnachtsgeld für die Hartz IV-Betroffenen der reichen Landeshauptstadt. Diese Antwort kommt nicht etwa direkt aus dem Büro des angefragten Sozialdezernenten und regionalen SPD-Chefs Arno Gossmann. Die erfuhr die Bürgerinitiative für Arbeitslose aus der heutigen Frankfurter Rundschau. Dort begründet der Sozialamtschef seine strikte Ablehnung eiskalt mit den „Kosten von rund 2,3 Millionen Euro“und fügt in seiner Eigenschaft als Parteichef der jüngst wieder entdeckten Sozialen-Gerechtigkeitspartei hinzu: „Wenn eine solche Gratifikation einmal gezahlt werde, stünde die Stadt in den Folgejahren in der Pflicht.“ Goßman räumt zwar ein, dass die Kassen der Stadt überquellen und gerade 70 Millionen € verteilt worden wären. Er toppt seine herzlose Verweigerung von Weihnachtsfreude für die, die sie sich nicht leisten können, dann noch mit dem bei Politikern beliebten Lied von den bösen Hartz IV-Eltern, die doch das Geld nur versaufen würden und nicht ihren Kindern zugute kommen ließen.
„Wir sind fasssungslos, mit welcher Eiseskälte der Sozialdezernent die Weihnachtssorgen der seiner Fürsorgepflicht anvertrauten einfach mit Geldargumenten wegwischt, während die Stadt gleichzeitig 70 Millionen € Wahlgeschenke verteilt,“ kommentiert Brigitte Vallenthin, Hartz4-Plattform Sprecherin die Antwort des Sozialamts. „Sind die Sanierung des Kurhaus-Parketts für 4,2 Millionen €, 3 Millionen € u.a. für Kunstrasen auf Sportplätzen oder 9 Millionen € für die bundesligataugliche Dreifelder-Halle am Platz der Deutschen Einheit wichtiger,“ fragt Vallenthin, „als rund 30.000 Mitbürgerinnen und Mitbürger, die Advent und Weihnachten lediglich in die traurigen Augen ihrer Kinder, Verwandten und Freunde schauen können und allenfalls auf die hinter den Fenstern der Nachbarn erleuchteten Christbäume? Dabei hätten alleine die 2,8 Millionen € für Hartz4-Weihnachten mehr als ausgereicht, die statt dessen ausgegeben werden, damit die S-Bahn-Station Mainz-Kastel „komplett verschönert“ wird.“ Die Hartz4-Plattform kann in diesem Zusammenhang dem Kommentar der Frankfurter Rundschau nur zustimmen, der zu dem Schluss kommt: „Wie erbärmlich. Nicht nur zur Weihnachtszeit.“
Geradezu unerträglich findet die Hartz4-Plattform e.V. auch das ständig wiederholte Ablenkungsmanöver von ihrem politischen Unwillen, tatsächlich sozialpolitisch etwas zu tun. „Wir empfinden es als Zynismus, mit welcher Hybris Politiker nicht müde werden, Eltern den Willen zur Liebe und Zuwendung für ihre Kinder abzusprechen,“ so Vallenthin. „Wer die Öffentlichkeit glauben machen will,“ stellt die Arbeitslosenvereins Sprecherin fest, „dass Behörden besser für Kinder sorgen können als Familien, sollte lieber mal die täglichen Presseberichte studieren, die von Kinderleid und Kindertod infolge Behördenversagens berichten. Kinder brauchen nicht, von Ämtern satt und gebildet gemacht zu werden. Kinder brauchen Familiengeborgenheit und Elternliebe, um glücklich und gesund aufwachsen zu können. Und dazu müssen die Behörden zu allererst die Schikanen, Sanktionen und Drohungen gegenüber ihren Eltern abstellen, damit denen auch in Hartz IV Not noch genügend Kraft und Lebensmut bleibt, um für gute Familienverhältnisse sorgen zu können,“ resümiert Vallenthin zornig.
Wir empfehlen den Kommentar zu diesem Frankfurter–Rundschau-Beitrag vom 27.11.07 auf der Wiesbaden-Seite, leider nicht mit dem Beitrag im Internet. (Wiesbaden, 27. November 2007, Hartz 4 Plattform)
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